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In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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wo Ben und ich mit betretener Stimme darüber sprachen.
    Kip lag noch immer einfach da und rührte sich kaum. Ich brachte ihm etwas Essen und Wasser, aber er ignorierte beides. Ich nahm ihn an die Leine und ging mit ihm nach draußen, und zuerst kam er widerstrebend mit, dann begeistert, dann enttäuscht und zuletzt resigniert. Er und ich wußten, daß Jake gegangen war, und von jenem Moment an war Kips Platz auf der Diele, wo er jederzeit die Tür sehen konnte, damit er ihn als erster begrüßte, wenn er endlich zurückkommen würde. Ich hatte das Gefühl, daß die beiden eine ganze Menge durchgemacht haben mußten, um einander so hingebungsvoll und kompromißlos zu lieben.
    Das Gesicht des jungen Mannes blieb vor meinem inneren Auge und suchte mich in meinen Träumen heim. Ich bemühte mich, den ganzen Vorfall zu verdrängen, doch Kips unerschütterliche Treue sorgte dafür, daß er irgendwo immer präsent blieb. Zuletzt fraß Kip ein wenig, schlappte durstig Wasser, schlief in seiner massiven Kiste mit einer großen, warmen Wolldecke ein, doch vermutlich mehr aus Entschlossenheit, für die Rückkehr seines Herrn gerüstet zu sein, als aus Selbsterhaltungstrieb.
    Als er so in seiner Kiste lag, fragte ich nach den Anrufen.
    «Was hat Marsha gewollt?»
    «Du sollst so schnell wie möglich zurückrufen.»
    «Und Pa?»
    «Er ruft wieder an. Er hat dir alles Gute gewünscht. Er sagte, er hat sie.»
    «Ich weiß, daß er sie hat. Er hat schon mal angerufen und gesagt, daß er sie hat. Aber warum sagt er nicht, was es ist? Ich denke allerdings, wir werden es bald erfahren. Bist du mit Demelza und Pearl draußen gewesen?»
    «Nein», sagte Ben unbehaglich und sein Blick ließ nichts Gutes ahnen. «Demelza hatte keine Lust, ihren Schrank zu verlassen, und Pearl... äh... Pearl war nicht da.»
    «Nicht da?» Ich erstarrte vor der Keksdose, aus der ich die letzten Trostkrumen hatte fischen wollen. Draußen hatte es richtig angefangen zu schneien. Nach all jenen falschen Alarmen und vergeblichen Anläufen war der dunkle Himmel nun total verhangen, und ich sah, wie sich riesige weiche und fedrige Flocken auf dem Fenstersims sammelten. Ich war noch nie imstande, Wetterumschwünge mit Gleichmut hinzunehmen. Ich rechne stets damit, daß die Elemente die Herrschaft antreten - der Wind, der zur Bö wird, die Bö, die zum Sturm wird; die Temperatur, die von 30 auf 35 Grad steigt, um uns dann wie Hochofenhitze zu ersticken. Und nun die zarte Schönheit des Schnees, der bald zum Blizzard werden würde und dann zum kalten Grab für uns alle. Ich zog die Vorhänge zu. Ich war vollauf damit beschäftigt, was im Haus passierte.
    «Na ja...» fing Ben an, aber ich unterbrach ihn: «Ich sehe schon nach, was los ist. Du verheimlichst mir doch etwas, stimmt’s?»
    «Ich versuche nur, alles der Reihe nach zu erledigen. Zuerst mußtest du ein bißchen ausruhen, dann mußtest du mit diesem Kunden verhandeln, und jetzt kommt der Rest dran.»
    «Der Rest?» Ich langte nach der Teekanne, dabei fiel die Haube vom Herd und landete auf Charlies Kopf. Er trug sie mit stoischer Gelassenheit, wie einen unverdienten Lorbeerkranz. Sie waren auf der Bildfläche erschienen, um Kip zu begutachten, aber der hatte sie ignoriert. Rosie hatte die Reste seines Futters stibitzt. Sie waren sich alle bewußt, daß wir eine Heimindustrie waren und einander halfen. Zahlende Gäste sorgten dafür, daß wir den Lebensstil aufrechterhalten konnten, den wir gewohnt waren, fast wie alte englische Herrensitze, die US-Touristen ihre Tore öffnen. Keine Gäste bedeuteten Einnahmeausfall - und deshalb gab es auch keine Kaninchenjagden, kein ausschweifendes Gesellschaftsleben, keinen Sport im Freien.
    «Demelza ist unruhig geworden. Ich glaube, sie bereitet ihr Nest vor. Ich hab ihr die Literaturbeilage der Times gegeben. Und Pearl...»
    «Na?»
    «Ich kann sie nirgends finden.»
    «Du kannst was ?» Das war schlimmer als Schnee.
    «Hör mal, kein Grund zur Sorge.» (Herr im Himmel!) «Draußen kann sie nicht sein. Die Türen waren alle geschlossen, und sie ist zu klein, um den Schornstein hinaufzusteigen. Ich habe, kurz bevor du kamst, bemerkt, daß sie nicht da ist. Ich hab das ganze Haus abgesucht, jeden Zentimeter. Sie muß sich irgendwo verstecken. Ich wollte gerade in den Speisekeller runter, als du kamst, aber das Telefon klingelte in einer Tour. Es tut mir schrecklich leid, ehrlich.»
    «Schatz», sagte ich, «es ist nicht deine Schuld. Wie könnte es auch?» Es lag an

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