In Gottes Namen
zurückwendet, verlässt Paul Riley das Gebäude, keine fünfundzwanzig Minuten nachdem er es betreten hat. Er trägt einen Smoking. Und er ist in Begleitung eines Mannes.
Ist das – ist er das wirklich? Kann das sein?
Der Cop? Lightner?
Tatsächlich. Joel Lightner.
Riley wirkt missmutig, er diskutiert mit Lightner und winkt ein Taxi herbei.
Joel Lightner. Lightner Joel.
Leo späht rasch durch das Rückfenster. Er muss höllisch aufpassen, das könnte eine Art Ablenkungsmanöver sein. Sie warten, bis er seine ganze Aufmerksamkeit auf Riley richtet, dann schlagen sie zu, schnappen ihn sich – verdammt, schau nach links, schau nach rechts -, niemand, kein Mensch, vielleicht haben sie ihn doch noch nicht entdeckt, noch nicht.
Riley und Lightner.
Leo startet den Wagen. Er versucht, ein Lächeln aufzusetzen, aber es klappt nicht, es fällt einfach wieder in sich zusammen. Er legt den Gang ein, als Riley und Lightner in ein Taxi steigen.
Nach einer Stunde tritt McDermott wieder aus dem Haus. Er saugt die warme, reine Luft ein und vermeidet den Augenkontakt mit ein paar Reportern, die sich in der Nähe des Absperrbands herumdrücken.
Der Rechtsmediziner hat ihnen einen vorläufigen Bericht über die Todesursache geliefert. Wie bereits erwartet, war der mit voller Wucht ausgeführte Stoß in Ciancios Kehle die Todesursache und nicht die zahlreichen Fleischwunden. Der Täter wollte sich bloß ein bisschen mit ihm vergnügen, ehe er ihn erstach. Während er und Stoletti auf den Wagen zugehen, bemerkt er, wie eine Reporterin ihnen folgt, deren Gesicht ihm irgendwie bekannt vorkommt. Sie hat weder ein Mikrophon noch eine Kamera bei sich.
»Detective McDermott? Evelyn Pendry von der Watch.«
Die Watch. Richtig. Sie ist Kriminalreporterin. Von der Presse, nicht vom Fernsehen, obwohl sie mit diesem Gesicht eigentlich vor eine Kamera gehört. Ihr Körper ist in jeder Hinsicht perfekt, ihr glänzendes, blondes Haar streng zurückgekämmt, das taubenblaue Kostüm sitzt wie angegossen.
»Kein Kommentar«, knurrt er.
»Wurde Mr. Ciancio mit einem Kreuzschlitzschraubenzieher getötet?«
McDermott wirft einen Blick zu Stoletti hinüber, die auf ihrem Weg zur Beifahrertür kurz innehält. Dieser verdammte Brady. Was hat Evelyn Pendry ihm dafür versprochen? Eine Erwähnung in ihrem Artikel? Einen romantischen Abend zu zweit?
»Er hat doch gesagt, kein Kommentar«, faucht Stoletti. »Und wenn Sie einen Funken Journalistenehre im Leib haben, werden Sie diese Information auch nicht drucken.«
»Ich muss mit Ihnen sprechen.« So, wie sie es sagt, klingt es eher wie eine dringende persönliche Bitte.
McDermott, schon halb im Wagen, lehnt sich wieder hinaus. »Haben Sie mir was zu sagen?«
Sie blinzelt. Dann bemerkt sie, dass drei weitere Reporter sie eingeholt haben und ihre Kameras auf die Cops richten.
Evelyn Pendry schüttelt kurz den Kopf. Nein. McDermott mustert sie noch einen Moment, doch sie wendet sich resigniert ab. Er schließt die Tür und fährt los.
14. Kapitel
»Das Problem mit einem perfekten Martini ist«, erläutere ich Lightner, »dass er einfach perfekt ist.« Ich hebe ein leeres Glas. Vor drei Stunden sind Lightner und ich vom Speisesaal an die Bar des Sax gewechselt. Ich habe schon ein paar intus, gut ein halbes Dutzend, also bestelle ich mit der üblichen Geste die Rechung, kritzele etwas in die Luft, bloß dass meine Handschrift zu dem Zeitpunkt längst nicht mehr leserlich wäre. »Ich muss jetzt sofort mit Trinken aufhören, bevor ich vollkommen verblöde.«
»Zu spät.« Lightner hat einen Zahnstocher im Mund. Er lässt sich ins Polster der Sitzecke zurücksinken, einen Arm über der Rücklehne, und sein Blick schweift durchs Lokal. Es ist das Ende einer langen Nacht. Die Luft ist schwer von Parfum, Rauch und Alkohol. Überall noch angeregte Unterhaltungen, aber die Reihen haben sich bereits gelichtet. Mein Magen ist voll, und durch meine Blutbahnen kreist zu viel Wodka. Wie immer ist Lightner härter im Nehmen, aber auch seine Augen sind blutunterlaufen und seine Wangen eine Spur rosiger als gewöhnlich. Er glaubt noch immer, mich damit aufziehen zu müssen, dass ich ihn zum Empfang beim Gouverneur mitgeschleppt habe, und ich bin es leid, ihm zu versichern, dass mein Besuch dort rein gar nichts mit meiner Ex zu tun hatte.
Er nickt in Richtung Bar, nimmt den Zahnstocher aus dem Mund und will gerade etwas sagen, als die Bedienung mit der Rechnung kommt. Lightner starrt auf den Beleg, als
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