In meinem kleinen Land
egal.)»
Lorzig: «Welches? (Hoffentlich fragt der mich nicht nach seinen Büchern.)»
Sumtschek: (Gott, wie hieß der Quark jetzt nochmal.) «Äh. Im Entengang durchs Aquarium. Wundervolles Buch. (Grauenhafter Mist, aber ich will seine Agentin kennenlernen.)»
Lorzig: «Ja? Hat es Ihnen gefallen? (Mir doch so wurscht, ob dir das gefällt.)»
Sumtschek: «Ja, sehr, besonders der Schluss. (Vorsicht, Vorsicht, das Eis wird dünner.)»
Lorzig: «Ich hatte große Diskussionen deswegen, der Verlag wollte nicht, dass Eilemann erfriert. Sie wollten, dass er unter neuer Identität weiterlebt. Aber da habe ich mein Manuskript zurückgezogen und gesagt, das lasse ich nicht mit mir machen. (Okay, eigentlich war die Sache mit dem Erfrieren eine Idee meines Lektors, und ich hatte überhaupt keinen Schimmer, wie der Mist ausgehen sollte. Aber das werde ich dir bestimmt nicht auf die Nase binden.)»
Sumtschek: (So ein Angeber.) «Wenigstens einer, der sich durchsetzen kann. Das hört man gerne. (Na ja, geht so. Jetzt frag mich endlich mal nach meinem Buch, du selbstgefälliger Pinsel.)»
Lorzig: «Und Sie haben ja auch was Neues gemacht. Wie war nochmal der Titel? (Dahinten steht Karasek.)»
Sumtschek: «Der Schnee in meinem Ohr. (Oh, da vorne steht Karasek.)»
Lorzig: «Klingt interessant. (Gähn.) Ein Roman?»
Sumtschek: «Nein, Lyrik, nur ein paar hingeworfene Skizzen, aber der Verlag ist ja so durstig (eigentlich nach einem Roman).»
Lorzig: «Lyrik, wie mutig! (Ogottogottogott!)»
Sumtschek: «Sehen wir uns beim Rowohlt-Fest? (Hoffentlich nicht.)»
Lorzig: «Aber sicher, ich bin vorher zum Essen, aber dann, nicht wahr (werde ich mich hinter einer Säule vor dir verstecken).»
Sumtschek: «Na, dann bis später. (Uff!)»
Lorzig: «Ja, bis später.»
Beide: «Hallo, lieber Herr Professor Karasek!»
Da gehe ich lieber spazieren und suche mir Wege, die durch das Universum kleinerer Aussteller führen, die an ihren winzigen Esoterikverlagsständen stehen und Käsebrote kauen, die sie von zu Hause mitgebracht haben. Man muss feststellen, dass es absolut gesehen wahrscheinlich mehr als genug Bücher auf der Welt gibt, sollte aber mit dieser Feststellung vorsichtig sein, wenn man selber zu dieser Überfülle beiträgt.
Am Abend gehen geladene Händler und Autoren, Agenten und Manager, Pressevertreter und Geschäftsführer und Lektoren zum Fest des Rowohlt Verlages, das ist ein Szene-Must. Eigentlich ist es eine Art Reise nach Jerusalem, denn es sind eindeutig zu wenig Sitzgelegenheiten da.
Eine hübsche Frau schleppt ein großes Tablett mit runden Dingern herum, die sie uns als essbar anpreist. Auf die Frage, was das sei, keucht sie: «Erbsenpüree-Falafel.» Ein mutiger Test enttarnt diese als Schweinefleischbällchen.
Am nächsten Tag Aufregung um den rastlosen Publizisten Tilman Spengler, der an einem Stand live einen Chinesen interviewen soll. Um diese Arbeit zu erleichtern, wird ein Simultanübersetzer hinzugezogen. Zwar beherrscht Spengler Mandarin, aber trotzdem hält man diese Maßnahme für angebracht, man kann ja nie wissen. Leider ist der Übersetzer kein Chinese, sondern Koreaner. Spengler fragt den chinesischen Gast nach dem Einfluss Balzacs auf die chinesische Gegenwartsliteratur, und der Koreaner übersetzt. Dann antwortet der Chinese, und der Koreaner übersetzt abermals, diesmal ins Deutsche. Die Antwort lautet: «Nein, der Straßenverkehr in Peking ist momentan nicht das größte Problem.»
Ich trinke auf dem Stand der «Süddeutschen Zeitung» ein lauwarmes Mineralwasser. Es ist in diesem Zusammenhang vom traurigen Ableben eines Begriffs zu berichten, den ich in seiner deutschen Genauigkeit eigentlich immer sehr mochte. Der Begriff hatte einen Stolz, etwas schon Erich-Mielke-mäßig Technokratisches, und er lautete «Kohlensäure». Er verschwindet aber leider gerade und wird in den Metropolen durch «Gas» ersetzt, ein Wort, das in Deutschland lange und aus gutem Grund keinen angenehmen Klang hatte.
Am Abend esse ich mit meiner Lektorin und zwei weiteren netten Menschen in einem französischen Restaurant zu Abend. Der Kellner kommt. «Wünschen Sie das Wasser mit Gas oder ohne?»
«Mit Gas bitte.»
«Sehr wohl.»
Sprudel sagt man gar nicht mehr. Das ist wohl Kinderdeutsch.
Gilching. Im Vorstandsabteil
21. Oktober 2005
Am Freitagmittag fahre ich zurück nach München. Im ICE. Dem Stolz der Deutschen Bahn. Heute wollen alle Deutschen von Frankfurt nach München. Und
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