in neuen Abenteuern
zu lassen. Sie presste ein paar Tränen heraus und klagte ihr Leid. Petra versuchte ihr gut zuzureden.
„Petra, du weißt genau, dass ich Carlotta nicht nachspioniert habe“, schluchzte Helene. „Kannst du das den anderen nicht sagen? Du musst auch einmal für mich eintreten. Wozu bist du eigentlich meine Freundin, wenn du mich dauernd im Stich lässt?“
Und die arme Petra versuchte Helene zu helfen. Sie verteidigte sie, sobald die anderen Mädchen sie angriffen. Dabei war ihr Vertrauen längst geschwunden. Aber wenn Helene anfing zu weinen, hatte sie sofort Mitleid mit ihr.
So kam es, dass die Klasse sehr bald auch Petra nicht mehr beachtete. Da zog Petra sich in ihr Schneckenhaus zurück und fühlte sich unglücklich. Sie vergrub sich immer mehr in ihre Arbeit.
Nachdem nun alle ihr Geheimnis kannten, fühlte sich Carlotta in Lindenhof sehr wohl. Sie war ein aufrichtiger, gerader Mensch, deshalb war es ihr schwergefallen, alles für sich zu behalten. Die Zwillinge nahmen sie unter ihre Fittiche: Sie und Carlotta, Bobby und Jenny waren von nun an dauernd zusammen. Carlotta war zu Frau Theobald gegangen und hatte ihr erzählt, dass man über ihre Vergangenheit Bescheid wusste. „Es macht ihnen nichts aus, dass ich beim Zirkus war“, sagte Carlotta und schaute die Direktorin freimütig an. „Sie haben gedacht, sie würden mich verachten, nicht wahr?“
Frau Theobald schüttelte den Kopf. „Nein, sicher nicht. Ich habe mir vielmehr gedacht, dass es die meisten nicht kümmern würde. Aber ich habe geglaubt, du würdest dich leichter in Lindenhof einleben, wenn dich die anderen Mädchen nicht für etwas Ungewöhnliches halten. Auch dein Vater hat mich gebeten, dein Geheimnis, wie er es nannte, zu bewahren. Jetzt ist es bekannt geworden – und du musst mir beweisen, dass du dich trotzdem bemühst, eine gute Schülerin zu werden. Dein Vater hat nur noch dich, weißt du, und du wirst später mit ihm zusammenleben. Deshalb ist es wichtig, dass du dich an ein einigermaßen geordnetes, bürgerliches Leben gewöhnst.“
Carlotta seufzte. Sie wollte kein solches Leben führen – sie wollte Zirkusluft atmen, wollte ständig in Bewegung sein, wollte neue Städte und neue Menschen kennenlernen – und wollte auf ihrem Pferd Terry durch die Manege reiten. Ziemlich niedergeschlagen verließ sie Frau Theobalds Zimmer. Der Lindenhof kam ihr plötzlich wieder grau und langweilig vor. Nur gut, dass sie so liebe Freundinnen hatte!
Bobby und der quiekende Keks
Schnell verging die Zeit, mit einem Mal war der Sommer da. Das Wetter war wunderschön und die Mädchen genossen jede Minute – nur nicht, wenn sie mit Frau Roberts oder Mamsell hart arbeiten sollten.
„Bobby, kannst du dir nicht etwas ausdenken, wie wir Mamsells Stunde verkürzen könnten?“, fragte Hanni seufzend. „Heute will sie die unregelmäßigen Verben abhören! Ich habe sie zwar gelernt – aber der Wind hat sie mir schon wieder aus dem Kopf geblasen. Wenn du uns Mamsell doch wenigstens fünf Minuten vom Leib halten könntest!“
„Du hast schon mindestens eine ganze Woche keinen Streich mehr ausgeheckt“, sagte Nanni.
Jenny lachte. „Die gute Bobby ist anscheinend eine Musterschülerin geworden“, meinte sie.
Bobby schüttelte den Kopf und grinste. Im Unterricht tat sie nur so viel, wie sie gerade musste. Aber sie hatte in letzter Zeit ziemlich viel Sport getrieben, deshalb war sie meist zu müde und zu faul gewesen, um sich etwas einfallen zu lassen.
Frau Roberts bekam immer einen grimmigen Blick, wenn sie die unbekümmerte Bobby lässig in ihrer Bank hocken sah. Sie wusste, dass das Mädchen sehr gescheit war. Aber weder ironische Bemerkungen noch Strafen konnten Bobby dazu bewegen, sich wenigstens ein bisschen anzustrengen.
Die Mädchen umlagerten Bobby und bestürmten sie, Mamsell einen Streich zu spielen.
„Mamsell ist heute schrecklicher Laune“, sagte Doris. „In der anderen Klasse hat sie die Kreide nach Tessie geworfen, weil sie siebenmal ohne Unterbrechung nieste.“
Die Zwillinge lachten. Sie kannten Tessies berüchtigtes Niesen. Sie konnte so oft und so lange niesen, wie sie wollte. Ihr Niestalent setzte sie meist dann ein, wenn der Unterricht sehr langweilig zu werden begann. Alle Lehrerinnen vermuteten, dass dieses Niesen nicht immer notwendig war – aber nur Frau Jenks konnte es schnell abstellen.
„Tessie! Du bekommst schon wieder eine Erkältung!“, sagte sie. „Geh sofort zur Hausmutter und lass dir einen
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