In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
bezahlt, weil du nicht weißt, was tun? Mein armer Cunrat, deine Dummheit bringt dich noch an den Bettelstab!«
»Ich bin nicht dumm, und ich wollte dir helfen!«, erwiderte Cunrat trotzig.
»Ja, schon gut, entschuldige, ich bin ja auch sehr froh, dass du gekommen bist! Und die zehn Pfennige bekommst du zurück, sobald ich hier heraus bin.« Cunrat hörte ihn noch einige Schlucke nehmen. »Auf dein Wohl, mein lieber Freund!«
Da war Cunrat wieder versöhnt.
»Giovanni, kannst du dir erklären, warum Lucia verschwunden ist?«
»Ich weiß es wirklich nicht, Cunrat, ich hab viel darüber nachgedacht, aber ich weiß es einfach nicht. Ich habe große Angst, dass ihr etwas zugestoßen ist! Am Donnerstag sind wir das letzte Mal zusammen gewesen, erinnerst du dich? Da kam sie an unseren Stand und hat Brot gekauft, und danach standen wir noch ein wenig unter den Lauben. Als sie dann die Mailänder gesehen hat, die in die Stadt eingeritten sind, hat sie äußerst seltsam reagiert. Vielleicht hat ihr Verschwinden damit zu tun. Es war, als ob sie furchtbar erschrocken wäre, als sie die Reiter gesehen hat, sie hat dreingeschaut, als ob ihr der Leibhaftige erschienen wäre. Cunrat, versuch sie zu finden, es wäre furchtbar, wenn ihr etwas passiert wäre!«
Plötzlich hörte man durch das Gellen des Sturms auf dem Wehrgang die schweren Schritte des Mauerwächters. Die beiden Bäcker verstummten augenblicklich. Langsam öffnete der Wächter die Tür, die von der Mauer in den Turm führte. Sie sahen das Licht seiner Fackel unter der Zellentür hindurchkriechen. Beide hielten den Atem an. Zum Glück hatte Cunrat die Tür zugezogen.
Nun hörten sie den bestochenen Gefängniswächter Hug Strigel von unten übertrieben laut und freundlich hoch rufen: »Jakob Mutz, seid Ihr das? Kommt herab, ich habe einen guten Schluck Wein!«
Der Turmwächter stiefelte nach unten, der Fackelschein unter der Tür verschwand.
Die beiden Bäcker atmeten tief durch. Von unten hörte man das Gemurmel der Wächter, die sich unterhielten. Nach einer Weile konnte Cunrat nicht mehr länger so zusammengekauert stehen, seine Beine waren eingeschlafen. Als er vorsichtig aufstand, war sein linkes Bein taub geworden und versagte den Dienst, er suchte im Dunkeln nach Halt, fiel dabei über Giovanni, der aufschrie und den Krug auf den Boden scheppern ließ. Der Wein ergoss sich glucksend ins Stroh, bis Giovanni rasch nach dem Gefäß griff, das zum Glück nicht zersprungen war, und es wieder aufrichtete.
»Was war das?«, hörten sie den Turmwächter rufen, dann polterten schwere Schritte die Treppe hoch.
Cunrat klaubte so schnell es ging seine mitgebrachten Gaben zusammen und stellte sich hinter die Tür. Da hörten sie auch schon, wie der Gefangenenwärter geräuschvoll den Schlüssel im gar nicht abgeschlossenen Schloss drehte und dann die Tür halb öffnete. Mit der Fackel leuchtete er ins Innere und schrie Giovanni an: »Was treibst du hier, du Lump? Warum hast du so geschrien?«
Giovanni tat, als ob er gerade erwacht wäre. »Ich habe schrecklich geträumt, Herr!«
Der Turmwächter lugte seinem Kollegen neugierig über die Schulter, doch der war zum Glück recht breit und füllte den Türrahmen fast völlig aus. Cunrat hielt hinter der Tür die Luft an und mühte sich, auf seinen langen Beinen ruhig stehen zu bleiben, die inzwischen wie von 1000 Ameisen kribbelten. Er hoffte, dass der Turmwächter Mutz über dem Abortgestank den Weingeruch nicht wahrnehmen würde.
»Na, das wundert mich nicht«, lachte der nun hämisch, »morgen wartet der Nachrichter auf dich. Der wird dich schon zum Reden bringen!«
»Weiterhin schöne Träume!«, fügte der Gefangenenwärter hinzu und lachte ebenfalls, ein Lachen, das jedoch angestrengt klang. Dann schloss er die Tür ab und verabschiedete seinen Kollegen, dessen Schritte sich auf dem Wehrgang entfernten. Als sie endgültig verklungen waren, hörten sie den Schlüssel wieder im Schloss drehen.
»Los, verschwinde jetzt! Das war knapp!«, fauchte der Wächter mit dem Wind um die Wette. Cunrat legte seine Gaben wieder in Giovannis Nähe auf den Boden. Der flüsterte ihm zu: »Geh zum Lörlinbad . Frag nach Els Sailerin. Die war mit Lucia befreundet. Vielleicht weiß sie etwas.«
Doch da wurde Hug Strigel grob. Er gab Giovanni einen Stiefeltritt, dass der sich krümmte, und stieß Cunrat zur Tür hinaus.
»Ich hab gesagt, du sollst verschwinden!«
So schnell er konnte, lief Cunrat die Treppe hinab und verließ
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