In Nomine Mortis
Mal geliebt
hatte, sodass ich ihren Körper, wiewohl mir dünkte, ihn schon
tausendfach geküsst und gestreichelt zu haben, noch nie wahrhaftig
gesehen hatte. Klaras helle Haut war rein und glatt. Zwei Grübchen
zierten ihre Schultern am Halsansatz. Ihr Körper war kräftig,
doch verunstaltete kein Fett die kleine Wölbung ihres Bauches. Ihre
Brüste waren groß und fest, ihre Hüften voll und
wohlgeformt.
Noch immer hatte sie kein
Wort an mich gerichtet. Nun hob sie in einer spielerischen Geste die Hand
und ich verstand: Sie wollte, dass nun auch ich mich entkleidete.
Mir schoss die Röte ins
Gesicht, doch war ich ihr zu Willen. Ungeschickt nestelte ich an meiner
Kutte und wusste dabei sehr wohl, dass ich mich meines einzigen Gewandes längst
nicht so elegant entledigte wie sie sich ihres halben Dutzends.
Doch schließlich stand
auch ich so vor ihr, wie ER mich erschaffen hatte. Für einen Moment
hielt ich schamhaft die Hände vor meine Männlichkeit, doch dann
zog ich sie zurück. Klara sollte sehen, dass ich mich nach ihr
verzehrte.
Sie bedeutete mir, mich auf
ihr Bett zu legen. Erst als ich mich dort- selbst lang ausgestreckt hatte,
kam sie näher. Sie ging langsam und wiegte sich in den Hüften,
als genieße sie jeden Schritt. Dann kniete sie sich auf das Bett und
ich spürte, wie Kissen und Decken unter ihrem Gewicht ganz leicht
nachgaben. Schließlich schwang sie sich in einer fließenden, tänzerischen
Bewegung über mich. Doch ihre Knie hatte sie weit gespreizt, ihre Hände
ruhten auf zwei Kissen. So lag ich unter ihr, hörte ihren Atem, sah
jede Pore ihrer weißen Haut, sog den Duft ihrer Haare ein - und
hatte doch noch nicht einmal eine ihrer Fingerkuppen berührt.
Ich vermag nicht mehr zu
sagen, wie lange sie sich wohl so über mich gebeugt hatte und mein
wollüstiges und quälendes Verlangen genoss. Doch endlich,
endlich erlöste sie mich mit einem Kuss und nahm all mein Sehnen in
sich auf.
Unde enim scis mulier si
virum salvum facies aut unde scis vir si mulierem salvam facies.
*
Für eine Zeitspanne, die
man nicht zu messen vermag, nahm Klara mich mit in ein anderes Reich. Weit
weg vom lauten, stinkenden Paris, von den Gerüchten über die
schreckliche Krankheit im Lande, weit weg von meinem Orden, von Meister
Philippe, ja sogar vom toten Heinrich von Lübeck und den quälenden
Fragen, die sein Hinscheiden unbeantwortet gelassen hatte.
Später, da ich erschöpft
und glücklich auf den Kissen lag und mich Klaras Duft noch einhüllte
wie eine unsichtbare Decke, glitt die Reedersgattin aus dem Bett und ging
zu dem kleinen Tisch an der Wand hinüber. Dort öffnete sie das
kostbare Kästchen und holte einen Flakon aus rotem Glas hervor, der
eine farblose Flüssigkeit enthielt. Damit benetzte sie sich zwischen
ihren Beinen. »Was tust du da?«, fragte ich erstaunt.
Sie lächelte. »Keine
Angst, mein Geliebter«, antwortete sie, »dies ist ein Kräutersud
nach einem Geheimrezept meiner alten Magd. Er wird verhindern, dass aus
Bruder Ranulf Vater Ranulf wird.« Es dauerte ein paar Augenblicke,
bis ich den Sinn ihrer Worte verstanden hatte.
»Aber das ist
Hexenkunst!«, rief ich dann — und war doch, ich gestehe es,
zugleich erleichtert darüber, dass sie über derartige
Zaubermittel verfügte. Denn wie groß erst wäre die
Schande, wenn ich, der Mönch und Inquisitor, mit einer verheirateten
Frau ein Kind zeugen würde? Und Klara hätte für immer Rang,
Vermögen und Ehre verloren. Klara lachte, dann legte sie sich wieder
zu mir und schlang einen Arm um mich. »Ihr Männer wisst nichts
vom Liebeszauber«, flüsterte sie in mein Ohr. »Und ihr Mönche
am wenigsten von allen.«
»Es stünde auch
schlimm um die Welt, wenn es anders wäre«, erwiderte ich.
»Es stünde besser
um die Welt«, antwortete sie mir schnippisch. »Kennst du viele
Geheimnisse der Schwarzen Magie?« Sie richtete sich auf und blickte
mir forschend ins Gesicht. »Fragst du mich dies als Inquisitor?«
»Nein«, wehrte
ich erschrocken ab, »ich frage dies als dein Geliebter, der will,
dass es um die Welt besser steht.«
Da lachte sie und liebkoste
mich. »Jakobsmuscheln sind nicht nur Symbol der frommen Pilger. Ihr
Fleisch stärkt auch die Leidenschaft«, flüsterte sie.
»Und wenn sich ein Weib einen Mann erobern will, so soll sie an
ihren unreinen Tagen ihr Blut
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