In Nomine Mortis
auffangen, trocknen und es dem Mann ins
Essen mischen. Unweigerlich wird er ihr alsbald verfallen.«
Ich blickte sie entsetzt an.
»Das hast du getan?«, verwunderte ich mich und schauderte.
Klara lachte. »Oh nein.
Zwar weiß ich um diese Künste, doch muss ich sie nicht
anwenden. Ich kann auch ohne Magie einen Mann erobern, wenn er mir gefällt.«
»Hattest du etwa schon
viele Männer?«, fragte ich und spürte den eisigen Dolch
der Eifersucht in meinem Herzen.
Da lachte Klara wieder. Es
war ein herausforderndes, wollüstiges Lachen. »Ranulf!«,
rief sie. »Sei nicht zornig deshalb, sondern freue dich darüber:
Bete für jeden Mann, der mir statt meines würdigen, doch alten
Gatten das Bett gewärmt hat. Segne jede meiner begangenen Sünden.
Denn wäre ich eine sittsame Kaufmannsfrau, würdest du dann hier
an meiner Seite liegen? Und wäre ich unerfahren, wie sollte ich dich
dann in der Liebe unterweisen? So gräme dich nicht wegen meiner
Vergangenheit, sondern genieße meine Gegenwart!« Dann ließ
Klara ihren Worten Taten folgen - und ich betete für ihre früheren
Liebhaber, segnete all ihre Sünden und genoss ihre Gegenwart, ohne
noch einen weiteren Gedanken an Vergangenheit oder Zukunft zu
verschwenden.
Der heiße Sommerwind
wehte den Klang der Mittagsglocken ins Zimmer, als ich mich endlich aus
Klaras Bett erhob. »Du musst dich eilen«, drängte meine
Geliebte. »Mein Mann wird bald zum Mittagsmahl nach Hause kommen!«
Während wir uns hastig
ankleideten, drangen all die Sorgen und Bedrängnisse, die Klara für
ein paar Stunden vertrieben hatte, wieder in meinen Geist. Ich war schon
fast an der Tür, als ich mich noch einmal umdrehte, einer plötzlichen
Eingebung folgend. »Kennst du ein Land, das man terra perioeci nennt?«, wollte ich wissen.
Falls es Klara erstaunte,
dass ihr nach einem Liebesabenteuer eine derartige Frage gestellt wurde,
dann ließ sie es sich nicht anmerken. Sie folgte mir bis zur Zimmertür.
»Nein«, sagte
sie, »davon habe ich noch nie gehört.« Doch sie sprach
diese Worte zögernd aus, unsicher, so, als klänge dieser Name
doch in ihrem Innern nach.
Ich küsste sie. »Denk
darüber nach«, flüsterte ich. »Es ist sehr wichtig.«
»Nun«, seufzte
sie, »wer sich einen Inquisitor zum Liebhaber erwählt, muss
wohl mit solchen Fragen rechnen.«
Sie sinnierte lange. »Mir
ist«, sagte sie schließlich, »als hätte ich diesen
Namen doch schon einmal gehört. Ich kann mich aber beim besten Willen
nicht mehr erinnern, wann und wo das gewesen sein mag oder was er bedeuten
soll.«
So wähnte ich mich denn
an diesem Mittag zwar um vieles glücklicher, doch um nichts klüger
als am Morgen. Wir nahmen kurz, doch zärtlich voneinander Abschied.
»Ich werde dir meine
Dienerin schicken, wenn ich dich wieder empfangen kann«, versprach
mir Klara.
»Und ich werde jeden
Tag vors Kloster gehen und nach ihr Ausschau halten«, rief ich
hoffnungsfroh.
Dann ging ich langsam die
Stiege hinab, während meine Geliebte oben im Rahmen der geöffneten
Tür stehen blieb und mir nachsah. »Ranulfl«, rief sie,
als ich schon an der Hinterpforte war. Ich drehte mich um.
»Ich weiß es
wieder«, sagte Klara. »Erinnerst du dich, dass ich dir sagte,
dass wir alles verbrannten, was die ›Kreuz der Trave‹ nach
ihrer unglückseligen Fahrt an Bord gehabt hatte?«
Starr blieb ich stehen. Mein
Mund war plötzlich trocken, als wäre ich durch Ägyptens Wüste
gezogen. Unfähig war ich, auch nur ein Wort hervorzustoßen. So
nickte ich nur.
»Nun«, sagte
Klara. »Wie ich dir erzählt habe, verbrannten wir auch einige Bögen
Pergament. Was darauf war, weiß ich nicht, denn ich habe sie mir
nicht genau angesehen. Doch an ein Blatt erinnere ich mich, da es mir
aufgefallen war, als ich es in die Flammen schleuderte. Denn in großer,
steiler Schrift — so, als ob jemand in aller Eile oder höchster
Erregung etwas hatte festhalten wollen, jemand zudem, der womöglich
nicht allzu häufig zur Schreibfeder griff - standen dort nur zwei
Worte quer über der Seite.«
» Terra perioeci«, keuchte ich. »Terra perioeci«, antwortete meine Geliebte.
Wie gerne wäre ich die
Treppe wieder hinaufgeeilt, um Klara nach Einzelheiten zu fragen! Doch in
diesem Moment vernahm ich Geräusche, die vom anderen Ende des Hauses
bis zu mir drangen. Dann sah ich am Ende eines dunklen Flurs das Gesicht
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