In Nomine Mortis
schauderlichen Hügeln
aus verwesenden Gedärmen. »Lasst uns gehen und den Prévôt
royal bitten, ein paar Sergeanten hierher zu schicken. Die mögen nach
dem Vaganten suchen«, flehte ich Meister Philippe mit erstickender
Stimme an. Doch der schüttelte nur grimmig den Kopf. Dann schlug er
sich die Kapuze hoch und legte eine Falte des Stoffes über seinen
Mund. »Sie würden sich schaudernd abwenden, wie du dich auch am
liebsten abwenden würdest«, gab mir der Inquisitor schließlich
zur Antwort. Seine Stimme klang dumpf hinter der groben Wolle seiner
Kutte. »Die Sergeanten würden dann melden, dass sie niemanden
gefunden haben, auf den die Beschreibung des Pierre de Grande-Rue
zutrifft. Und sie hätten dabei nicht einmal gelogen - denn wer nicht
sucht, der wird auch nichts finden.«
Er schüttelte den Kopf
und kam näher. »Es hilft uns nichts und niemand: Wir selbst müssen
hier nach dem Vaganten Ausschau halten.«
»Wo sollen wir anfangen
zu suchen?«, fragte ich — und gleich darauf wurden meine
schlimmsten Befürchtungen war. Der Inquisitor deutete auf die erste
Halle der großen Schlachthöfe, aus deren Innern die Schreie
sterbender Tiere erklangen und die Blutströme quollen, die in der
Seine versickerten. »Pierre de Grande-Rue, so heißt es doch,
versteht das Messer zu führen wie niemand sonst. Wenn er tatsächlich
hier Unterschlupf gefunden hat - dann an dem Ort, wo Messerstecher
gebraucht werden wie nirgends sonst!«, rief der Inquisitor grimmig.
Keiner achtete zunächst unser, als wir uns den Schlachthöfen näherten
und unsere Schritte auf eine kleine Pforte zu lenkten. Auch ich hatte mir
inzwischen die Kapuze vors Gesicht geschlagen. Ich hatte gehofft, meinen
Atem so lange als möglich anhalten zu können, sodass ich nur
selten gezwungen war, einen neuen Zug jener infernalischen Luft in meinen
Körper zu saugen. Doch ich war erregt und der Wollstoff vor meinem
Mund hinderte mich. So keuchte ich denn heftig, als hätte ich große
Anstrengung hinter mir. Die Pforte erschien mir, kaum, dass ich sie
durchschritten hatte, wie ein Zugang zur Hölle. Düster war es
hier, denn Licht fiel nur durch wenige, zudem verschmutzte Fenster hoch in
den Wänden. Es war so heiß wie in einer Schmiede. Hunderte Männer
erblickte ich, welche die Tiere, die den Tod rochen und in Panik
davonstieben wollten, roh zu hölzernen Bänken zerrten. Menschen
und Tiere schrieen so laut, dass ich glaubte, mein Kopf müsse
platzen.
An den Schlachtbänken
standen Männer, die nur mit zerlumpten Beinkleidern angetan waren.
Ihre Gesichter, ihre Hände und Arme, ihre nackten Oberkörper
waren blutrot, als wären sie Dämonen. Sie schwangen lange Messer
oder kurzstielige Beile, mit denen sie rasch Kehlen durchschnitten oder Köpfe
abschlugen - je nachdem, wie ihnen die Häscher das Tier darboten. Das
Blut der sterbenden Tiere bespritzte die Schlächter. Was nicht auf
ihrer Haut kleben blieb, das tropfte von den Bänken in steinerne
Wannen, von denen die Rinnen gespeist wurden, die ich draußen
erblickt hatte. Übelkeit stieg in mir hoch und ich glaubte, ich würde
meine Sinne verlieren. Doch der Inquisitor sah sich ungerührt um,
dann stieß er mich an. Er deutete auf einen der Schlächter.
»Pierre de Grande-Rue«,
zischte Meister Philippe. Seine Stimme zitterte vor Triumph.
Auf den ersten Blick
vermochte ich den Hünen in einer der hinteren Schlachtreihen kaum von
den anderen unterscheiden, so über und über war auch er mit Blut
bedeckt. Doch dann sah ich, dass er außergewöhnlich groß
war, kräftig und dick, dass er rote Haare hatte und einen roten Bart;
in seiner Rechten hielt er ein Messer, das noch länger war als das
der anderen Männer, die hier ihrem finsteren Gewerbe nachgingen.
Doch kaum hatten wir einen
Schritt tiefer hineingetan in den Schlachthof, da blickte der Mann zufällig
auf. Als er unserer Kutten gewahr wurde, stieß er einen gurgelnden
Schrei aus - und schleuderte sein Messer in unsere Richtung.
Für einen Moment, der
kaum mehr als ein Augenzwinkern gedauert haben konnte und mir doch wie
eine kleine Ewigkeit vorkam, sah ich das schillernde, scharfe blaue Eisen
genau auf mich zufliegen. Ich war starr vor Schreck.
Dann spürte ich einen
harten Stoß in die Rippen, der mich zur Seite warf. Ich stürzte
auf den schmierigen Boden — und dort, wo
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