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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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schauderlichen Hügeln
     aus verwesenden Gedärmen. »Lasst uns gehen und den Prévôt
     royal bitten, ein paar Sergeanten hierher zu schicken. Die mögen nach
     dem Vaganten suchen«, flehte ich Meister Philippe mit erstickender
     Stimme an. Doch der schüttelte nur grimmig den Kopf. Dann schlug er
     sich die Kapuze hoch und legte eine Falte des Stoffes über seinen
     Mund. »Sie würden sich schaudernd abwenden, wie du dich auch am
     liebsten abwenden würdest«, gab mir der Inquisitor schließlich
     zur Antwort. Seine Stimme klang dumpf hinter der groben Wolle seiner
     Kutte. »Die Sergeanten würden dann melden, dass sie niemanden
     gefunden haben, auf den die Beschreibung des Pierre de Grande-Rue
     zutrifft. Und sie hätten dabei nicht einmal gelogen - denn wer nicht
     sucht, der wird auch nichts finden.«                  
    Er schüttelte den Kopf
     und kam näher. »Es hilft uns nichts und niemand: Wir selbst müssen
     hier nach dem Vaganten Ausschau halten.«
    »Wo sollen wir anfangen
     zu suchen?«, fragte ich — und gleich darauf wurden meine
     schlimmsten Befürchtungen war. Der Inquisitor deutete auf die erste
     Halle der großen Schlachthöfe, aus deren Innern die Schreie
     sterbender Tiere erklangen und die Blutströme quollen, die in der
     Seine versickerten. »Pierre de Grande-Rue, so heißt es doch,
     versteht das Messer zu führen wie niemand sonst. Wenn er tatsächlich
     hier Unterschlupf gefunden hat - dann an dem Ort, wo Messerstecher
     gebraucht werden wie nirgends sonst!«, rief der Inquisitor grimmig.
     Keiner achtete zunächst unser, als wir uns den Schlachthöfen näherten
     und unsere Schritte auf eine kleine Pforte zu lenkten. Auch ich hatte mir
     inzwischen die Kapuze vors Gesicht geschlagen. Ich hatte gehofft, meinen
     Atem so lange als möglich anhalten zu können, sodass ich nur
     selten gezwungen war, einen neuen Zug jener infernalischen Luft in meinen
     Körper zu saugen. Doch ich war erregt und der Wollstoff vor meinem
     Mund hinderte mich. So keuchte ich denn heftig, als hätte ich große
     Anstrengung hinter mir. Die Pforte erschien mir, kaum, dass ich sie
     durchschritten hatte, wie ein Zugang zur Hölle. Düster war es
     hier, denn Licht fiel nur durch wenige, zudem verschmutzte Fenster hoch in
     den Wänden. Es war so heiß wie in einer Schmiede. Hunderte Männer
     erblickte ich, welche die Tiere, die den Tod rochen und in Panik
     davonstieben wollten, roh zu hölzernen Bänken zerrten. Menschen
     und Tiere schrieen so laut, dass ich glaubte, mein Kopf müsse
     platzen.
    An den Schlachtbänken
     standen Männer, die nur mit zerlumpten Beinkleidern angetan waren.
     Ihre Gesichter, ihre Hände und Arme, ihre nackten Oberkörper
     waren blutrot, als wären sie Dämonen. Sie schwangen lange Messer
     oder kurzstielige Beile, mit denen sie rasch Kehlen durchschnitten oder Köpfe
     abschlugen - je nachdem, wie ihnen die Häscher das Tier darboten. Das
     Blut der sterbenden Tiere bespritzte die Schlächter. Was nicht auf
     ihrer Haut kleben blieb, das tropfte von den Bänken in steinerne
     Wannen, von denen die Rinnen gespeist wurden, die ich draußen
     erblickt hatte. Übelkeit stieg in mir hoch und ich glaubte, ich würde
     meine Sinne verlieren. Doch der Inquisitor sah sich ungerührt um,
     dann stieß er mich an. Er deutete auf einen der Schlächter.
    »Pierre de Grande-Rue«,
     zischte Meister Philippe. Seine Stimme zitterte vor Triumph.
    Auf den ersten Blick
     vermochte ich den Hünen in einer der hinteren Schlachtreihen kaum von
     den anderen unterscheiden, so über und über war auch er mit Blut
     bedeckt. Doch dann sah ich, dass er außergewöhnlich groß
     war, kräftig und dick, dass er rote Haare hatte und einen roten Bart;
     in seiner Rechten hielt er ein Messer, das noch länger war als das
     der anderen Männer, die hier ihrem finsteren Gewerbe nachgingen.
    Doch kaum hatten wir einen
     Schritt tiefer hineingetan in den Schlachthof, da blickte der Mann zufällig
     auf. Als er unserer Kutten gewahr wurde, stieß er einen gurgelnden
     Schrei aus - und schleuderte sein Messer in unsere Richtung.
    Für einen Moment, der
     kaum mehr als ein Augenzwinkern gedauert haben konnte und mir doch wie
     eine kleine Ewigkeit vorkam, sah ich das schillernde, scharfe blaue Eisen
     genau auf mich zufliegen. Ich war starr vor Schreck.
    Dann spürte ich einen
     harten Stoß in die Rippen, der mich zur Seite warf. Ich stürzte
     auf den schmierigen Boden — und dort, wo

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