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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Ranulf!«, rief er triumphierend und
     holte einen in dickes, braunes, schon brüchiges Leder gebundenen
     Kodex hervor.
    Doch als der Inquisitor den
     Umschlag aufschlug, erkannte ich, dass es gar kein normales Buch war. Ich
     rang erschrocken nach Luft: Es war ein Werk der Geografie.
    Langsam blätterte
     Meister Philippe die Seiten um. Und wiewohl ich nicht wagte, ohne eine
     Aufforderung von ihm näher heranzutreten, sah ich doch, dass es zwölf
     Landkarten waren, die, geschickt gefaltet, in einem Kodex zusammengebunden
     waren. Ich warf flüchtige Blicke auf Länder und Meere, auf
     Gebirge, Flüsse und Städte, auf verwirrende Linien und feine
     Zeichnungen, auf ein Gewirr aus schwarzen, roten, grünen, gelben,
     blauen und hellroten Farbflecken, die ich auf die Schnelle nicht zu deuten
     vermochte.   
    Der Inquisitor hatte den
     Kodex in der Mitte geöffnet, etwas darin geblättert und hatte
     dann erst die erste Seite aufgeschlagen. Ich, der ich meine Neugier kaum
     noch zu beherrschen wusste, streckte mich und wollte einen Blick auf jenes
     erste Blatt erhaschen. Einen Ozean sah ich dort verzeichnet, ich konnte
     allerdings nicht sehen, welches Meer es sein sollte.
    Darüber prangte in großer
     Schrift der Titel des Werkes, den ich ebenfalls nicht zu lesen vermochte.
     Immerhin jedoch gelang es mir, den Namen des Kartografen zu entziffern,
     denn der war noch größer und zudem in auffälliger roter
     Schrift geschrieben. Er hieß Castorius aus Ravenna - und ich, der
     ich mir doch noch vor wenigen Wochen auf meine Studien und meine
     Gelehrsamkeit so viel eingebildet hatte, hatte diesen Namen noch nie
     vernommen.
    Ich zermarterte mir noch mein
     Gehirn und suchte in meinem Gedächtnis vergebens nach irgendwelchen
     Erinnerungen an diesen Gelehrten, da bemerkte ich, wie der Inquisitor
     blass wurde. Die Hände von Meister Philippe zitterten, doch sagte er
     kein Wort. Ich war überrascht, ja erschrocken und versuchte, noch
     einen letzten Blick auf jenes erste Blatt des Kodex zu erhaschen, bevor
     der Inquisitor den Band mit einer raschen, heftigen Geste zuschlug. Und da
     erzitterte auch ich: Denn in jenem Ozean auf dem ersten Blatt, den ich
     nicht zu deuten vermochte, da lag ein großes Land. Quer über
     Berge und Flüsse hatte Castorius, der unbekannte Kartograf, diesen
     Namen geschrieben: terra perioeci.
    *
    Meister Philippe und ich
     starrten uns eine endlos lange Zeit schweigend an. Es war nicht nötig,
     dass wir Worte wechselten. Wir wussten beide, was wir soeben gesehen
     hatten.
    Schließlich seufzte der
     Inquisitor. Dann nahm er den Kodex und verstaute ihn in einer ledernen
     Tasche, die er am Gürtel seiner Kutte trug. Das Werk des Castorius
     schlug er nicht noch einmal auf. Enttäuscht blickte ich ihn an, doch
     Meister Philippe schüttelte den Kopf.
    »Wir wollen dieses Buch
     nicht hier studieren«, beschied er mir entschieden. »Und nicht
     jetzt. Später werden wir die Muße dazu haben. Nun wollen wir
     zum Kloster Saint-Martin-des-Champs zurückeilen. Die Mönche dort
     sollen Boten zum Prévôt royal und zum Bischof von Paris
     entsenden und den edlen Herren sagen, dass wir den Mörder des
     Heinrich von Lübeck und des Nicolas d'Orgemont gefangen und überführt
     haben.                  
    Doch vor allem wollen wir
     diesen Mörder selbst noch einmal dringlich befragen, wenn es sein
     muss, auch unter der Folter. Ich glaube nun nämlich nicht mehr, dass
     Pierre de Grande-Rue des Lesens nicht kundig ist. Ich will noch heute
     Abend wissen, was er uns über ein Land erzählen kann, das terra perioeci genannt wird.« So gingen wir
     denn in ebenso unziemlicher Hast unseren Weg zurück, wie wir ihn
     gekommen waren. Doch unsere Eile war vergebens: Als wir in
     Saint-Martin-des-Champs anlangten, erblickten wir die beiden Folterknechte
     und Nicolas Garmel im Garten. Die zwei Knechte ließen einen
     Weinschlauch kreisen und blickten gleichmütig in die rote Abendsonne,
     der Bader jedoch war blass und zitterte am ganzen Leib. »Das
     bedeutet nichts Gutes«, flüsterte der Inquisitor, als wir der
     drei Männer ansichtig wurden.
    »Der Gefangene ist tot«,
     meldete uns einer der Folterknechte denn auch sofort. Sein Gesicht blieb
     reglos.
    »Wie konnte das
     geschehen?«, fragte Meister Philippe den Bader streng.
    Nicolas Garmel fiel auf die
     Knie, Tränen rannen über seine Wangen. »Verzeiht mir, Herr«,
     flehte er. »Ich konnte den Vaganten nicht länger in

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