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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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würde?
    Oh, wie grausam wurde mit mir
     gespielt! Kaum war ich aus meiner Zelle getaumelt, unbeholfen wie ein
     Kind, denn meine Gelenke waren steif und meine Glieder schwach, da
     erblickte ich mit in der ungewohnten Helligkeit blinzelnden Augen am gegenüberliegenden
     Ende des Ganges eine Gefangene, die in eine andere Zelle geleitet wurde.
    Für einen Moment
     glaubte, ja hoffte ich geradezu, dass Satan meinen Sinnen einen bösen
     Streich gespielt hatte, doch in meinem tiefsten Innern wusste ich sofort,
     dass ich mich nicht getäuscht hatte. Es war Klara Helmstede, die dort
     in eine Zelle geworfen wurde. Die Frau des Reeders hatte mich nicht
     gesehen. Ich stand wie betäubt, bis mich der Folterknecht mit einem
     groben Stoß vorantrieb. Klara im Kerker der Inquisition! Oh HERR,
     wie lässt DU andere für meine Sünden büßen!
     Jacquette, die mir vertraut hatte, hatte mit einem tödlichen
     Messerstich für ihre Rolle in diesem finsteren Drama bezahlt - und
     ich hatte sie nicht schützen können. Klara wartete nun in einem
     dunklen Verlies auf das Urteil der Inquisition - und ich war es, der sie
     auf jenen schrecklichen Weg gestoßen hatte. Dann erkannte ich die
     heimtückische Absicht hinter jenem kurzen Blick, der mir auf Klara
     Helmstede vergönnt gewesen war: Der Folterknecht hatte mir nicht zufällig
     mit Hohnworten klar gemacht, dass jener Tag Mariae Himmelfahrt war. Jemand
     hatte es ihm aufgetragen, jemand, der genau wusste, dass die »Kreuz
     der Trave« zu diesem Datum abfahren sollte. Dieser jemand hatte es
     so eingerichtet, dass ich Klara Helmstede erblicken, jedoch nicht mit ihr
     sprechen konnte. Eine neue Folter, ganz ohne Blutvergießen.   
    Zutiefst betrübt ließ
     ich mich vorwärtsstoßen. Was vermochte ich noch zu tun? In
     jenem Augenblick ahnte ich, dass ich Klara Helmstede, die mir das Paradies
     auf Erden geöffnet hatte, in diesem Leben niemals wiedersehen würde.
    Ich wehrte mich nicht, als
     man mich in der Folterkammer auf die Streckbank warf und meine Arme und
     Beine in Fesseln legte. Noch waren die Stricke recht locker, ich konnte
     meine Glieder um eine Winzigkeit bewegen und ohne Anspannung atmen. Aus
     den Augenwinkeln erblickte ich den Bader Nicolas Garmel, der an einer Säule
     lehnte. Er sah müde und furchtsam aus und wirkte so, als würde
     er sich am liebsten in den kalten Stein der Säule drücken, um
     darin zu verschwinden.
    Ich wollte ihn nicht gefährden,
     indem ich dem Folterknecht offenbarte, wie gut ich den Bader kannte. Also
     starrte ich nur kurz zu ihm hinüber, doch gab ich kein Zeichen der
     Begrüßung, noch irgendeinen Laut von mir. Auch er blieb stumm
     und wandte rasch sein Gesicht ab.
    Da betrat der Mann die
     Folterkammer, dessen Anblick ich fürchtete und doch auch
     herbeigesehnt hatte, mein Verhängnis und meine Erlösung in einer
     Person: Meister Philippe de Touloubre, der oberste Inquisitor von Paris.
    *
    Philippe de Touloubre
     bedachte mich mit einem gütigen und zugleich mitleidigen Blick.
     »Bruder Ranulf, wie tut es meinem Herzen weh, dich so vor mir zu
     sehen«, hub er an.
    Ich erwiderte nichts, sah
     jedoch, dass er keinen zweiten Mönch mitgebracht hatte. Niemand würde
     niederschreiben, was wir uns zu sagen hatten.                  
    »Du hättest ein
     guter Inquisitor werden können«, fuhr Meister Philippe fort,
     »denn klug bist du und belesen. Neugierde treibt dich. Doch du bist
     zu schwach für das heilige Amt. Schwach vor allem im Fleisch. So bist
     du eine Schande für deinen Orden - und eine Gefahr für die
     Inquisition.«
    »Klara Helmstede ist
     unschuldig!«, rief ich verzweifelt, denn ich fürchtete, dass er
     mir vor allem diese Sünde der Wollust vorhalten wollte. »Die
     Schuld liegt allein bei mir. Ich habe sie verführt.« Der
     Inquisitor lachte. »Als ob ich dir das glauben würde! Tunc Iesus ductus est in
     desertum ab Spiritu ut temptaretur a diabolo.« Dann hob er beschwichtigend die
     Hand.
    »Sei unbesorgt um das
     Weib, das dich vom Pfad der Tugend abbrachte«, fuhr er dann fort und
     ich meinte, versteckten Spott in seiner Stimme zu vernehmen, obwohl seine
     Miene noch immer freundlich war und gütig.
    »Klara Helmstede habe
     ich nur in den Kerker führen lassen, um ihren Willen zu brechen
     — was auch schon geschehen ist. Kein Folterknecht muss Hand an sie
     legen. Ihr sollte hier nur eindringlich gezeigt werden, dass die
     Inquisition um ihren Ehebruch weiß und dass

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