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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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nicht warnen. Ich wusste nicht einmal, ob die
     beiden noch lebten. Hilflos schlug ich mir die Fäuste an den
     feuchten, schimmeligen Kerkermauern wund. War es nicht allein meine
     Schuld, dass diese beiden Frauen nun in höchster Gefahr schwebten?
     War ich nicht Quell und Ursprung eines jeden Unglücks?
    Ich wollte beten, doch fand
     ich keine Worte, in die ich meine Reue, meine Scham, mein Flehen, meine
     Hoffnung kleiden konnte. Mutlos sank ich zu Boden und weinte wie ein
     kleiner Junge. Wie viele Stunden ich dort würdelos im Schmutz lag,
     vermag ich nicht zu sagen. Irgendwann jedoch durchfuhr mich ein Gedanke:
     Wie würde es aussehen, wenn genau in diesem Augenblick der Inquisitor
     die Kerkerpforte öffnete? Sollte man mich so finden, heulend wie ein
     Waschweib? Wehklagend wie eine Bäuerin? Ich war immer noch
     Dominikaner. Ich war ein Mann GOTTES. Es war, so glaubte ich, mein letzter
     Kampf. Also wollte ich ihn kämpfen bis zur Neige.
    So ermahnte ich mich, tapfer
     und besonnen zu sein. Mir fielen die Worte des Baders Nicolas Garmel ein,
     dass jedermann unter der Folter zusammenbrechen werde. Wohlan, so wollte
     ich mich wappnen. Auf keinen Fall wollte ich schon aufgeben, noch bevor
     die Folter überhaupt begonnen hatte. Die beiden Knechte mit ihrer
     Streckbank und ihren glühenden Eisen sollten sehen, wie ein Mönch
     in diese Qualen ging.
    So setzte ich mich denn
     nieder, bequem, so weit es eben ging. Dann dachte ich nach, um mir darüber
     klar zu werden, warum ich überhaupt in diese Hölle auf Erden
     geraten war, und auch, um alle Dämonen aus meiner Seele zu bannen.                  
    Mein Unglück hatte
     begonnen, als ich zu dem toten Mönch geführt worden war. Genauer
     gesagt, es hatte mit der letzten Botschaft des sterbenden Heinrich von Lübeck
     begonnen: mit den Worten terra perioeci. Das Werk des Castorius aus Ravenna, selbst vielen Gelehrten unbekannt,
     hatte jener unglückliche Dominikaner bei sich getragen. Dieses Buch
     hatte jenes geheimnisvolle Land verzeichnet. Und dieses Buch war von dem
     Vaganten Pierre de Grande-Rue, der zufällig des Weges kam, dem
     Sterbenden oder schon Toten gestohlen worden. Dann gab es die Verbindung
     zu Richard Helmstede: Heinrich von Lübeck war Beichtvater von dessen
     Bruder gewesen. Dieser Bruder wiederum war mit seiner Kogge »Kreuz
     der Trave« auf eine rätselhafte Irrfahrt geraten, die schließlich
     den Kapitän und all seinen Männern das Leben gekostet hatte.
    Die Kogge. Nun, in der
     Dunkelheit meiner Zelle und viel zu spät, um noch irgendetwas tun zu
     können, erinnerte ich mich wieder der eher beiläufigen Worte
     meiner Geliebten. Klara Helmstede hatte von dem schauderhaft anzusehenden
     Fell gesprochen, das sie an Bord des Schiffes gefunden hatte, dazu von
     einem seltsamen Korn. Alles war längst verbrannt worden.
    Und doch: War dies nicht ein
     handfester Beweis dafür, dass die Kogge in einem fernen Land angelegt
     hatte? Einem Land, in dem schreckliche Wesen lebten und seltsame Pflanzen
     gediehen? Heinrich von Lübeck hatte dem daniederliegenden Kapitän
     die Beichte abgenommen. Was hätte ihn besser davon überzeugen können,
     dass er nicht den Fieberfantasien eines Sterbenden lauschte, sondern einer
     wahren Geschichte, wenn nicht das Fell und das Korn an Bord der »Kreuz
     der Trave«?
    Heinrich von Lübeck
     wiederum, mir schauderte, musste das Geheimnis der Beichte gebrochen
     haben, musste jene Vertrautheit, die doch so groß sein sollte wie
     die zwischen Vater und Sohn, verraten haben. Was hatte ihn dazu bewogen?
    Irgendwie musste er - oder
     war es der sterbende Kapitän? - zu dem Schluss gekommen sein, dass
     jenes Land, das die Kogge erreichte, das Land der Periöken sei.
     Vielleicht erschien das dem Mönch gewichtig genug, um sich gelehrten
     Mitbrüdern anzuvertrauen. Und wo lebten die gelehrtesten Dominikaner
     des Abendlandes? In Paris. War Heinrich von Lübeck nach Paris
     gereist, um hier seinen Mitbrüdern von der terra perioeci zu berichten? Wenn dem so war,
     dann musste dies zweifellos auch Philippe de Touloubre zu Ohren gekommen
     sein. Doch hatte dieser, als er die Leiche des Mönches erblickte, mit
     keinem Wort, mit keiner Geste angezeigt, dass er von jenem Land bereits
     zuvor gehört hatte. Hatte mich der Inquisitor getäuscht? Oder
     hatte ich etwas übersehen?
    Als Heinrich von Lübeck
     so ruchlos niedergestreckt wurde, lag die »Kreuz der Trave«
     jedenfalls schon

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