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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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schüttelte mich das Fieber.
     Flucht vor diesem satanischen Weibe! Das war mein einziger Gedanke in
     jenem Augenblick. Mit einer hastigen Segensformel verabschiedete ich mich,
     drehte mich um und ging so schnell über den Grand Pont, dass ich fast
     lief. »Auf Wiedersehen, Bruder Ranulf«, rief mir Klara
     Helmstede lachend nach. In meinen Ohren klang es wie eine Drohung —
     und doch zugleich auch wie ein Versprechen.
    *
    Am Abend jenes Tages standen
     wir auf dem kleinen Friedhof des Klosters am Grab von Bruder Heinrich. Es
     regnete und wir Mönche waren nicht mehr als dunkle Schatten, eingehüllt
     in unsere Kapuzen, beleuchtet nur von wenigen, flackernden Fackeln. Ich hörte
     das Totengebet und murmelte die vorgeschriebenen Formeln. Irgendwo erklang
     dünn das Totenglöcklein, dann senkten wir Heinrich von Lübeck
     in den schweren, feuchten Boden hinab.
    Schweigend stand ich da. Ich
     hatte Meister Philippe nichts von meinen nächtlichen Nachforschungen
     im Kloster erzählt, genauso wenig wie von meinem Besuch beim
     Geldwechsler Pietro Datini oder gar meinem Gespräch mit Klara
     Helmstede.
    Stolz war ich darauf, das
     gestehe ich, dass ich etwas allein gewagt hatte. Doch verwirrt, ja ängstlich,
     dachte ich an meine Begegnung mit der Gattin des Reeders zurück. Ich
     spielte mit dem Feuer. Und wer mit dem Feuer spielt, das ahnte ich selbst
     in jenem düsteren Moment sehr wohl, der wird sich irgendwann
     verbrennen. »Wärest du doch nie gestorben«, murmelte ich
     Heinrich von Lübeck zu, als zwei Novizen damit begannen, Erde auf
     seinen Körper zu schaufeln. »Ich hätte meinen
     Seelenfrieden noch.« Dann fragte ich mich, welches Geheimnis
     Heinrich von Lübeck wohl mit ins Grab genommen hatte. Ein Geheimnis,
     das, wie ich spürte, nicht nur ihn ins Verderben gerissen hatte,
     sondern auch mich unwiderstehlich hinabzog.

 

    6
    DER MANN MIT DEM
     ANTONIUSFEUER
    Die Zeit verstrich ohne
     weitere Fortschritte in unseren Ermittlungen. Erst am Tage des heiligen
     Ivo Helory stießen Meister Philippe und ich endlich auf eine neue
     Spur, welche uns aus dem Dickicht der Ratlosigkeit zu führen
     versprach. Heute, da ich mehr weiß, wenn ich auch nicht unbedingt
     weiser bin, erscheint es mir wie ein Scherz des HERRN, dass er uns
     ausgerechnet an jenem Tag in der Mitte des Monats Mai ein Zeichen sandte,
     da wir erstmals dieses Heiligen gedachten. Denn Ivo Helory war erst im
     Jahr zuvor vom Papst in diesen höchsten einem Menschen erreichbaren
     Rang erhoben worden - und er galt als Patron der Notare, also jener Männer,
     die das Recht in unzweifelhafte Worte gießen.
    Tagelang hatten die
     Sergeanten de la Douzaine nach der entlaufenen Dirne gesucht — das
     zumindest hatten sie Meister Philippe immer wieder versichert. Doch
     Jacquette war von GOTTES Boden verschwunden, als hätte es sie nie
     gegeben. Meine Gedanken an diese Schönfrau blieben beunruhigend
     zwiespältig: Einerseits sehnte ich mich danach, sie wiederzusehen,
     andererseits jubilierte mein Herz darüber, dass sie ihren Häschern
     scheinbar entkommen war.
    Auch Klara Helmstede sah ich
     in jenen Tagen nicht ein einziges Mal. Doch wahrscheinlich ist es gerade
     so, dass wir dann, wenn wir eines Menschen nicht ansichtig werden, uns
     ganz besonders nach ihm sehnen.
    Um meiner sündigen Seele
     Herr zu werden, verbrachte ich so manche Nacht im Gebet und in strengen
     Exerzitien. Doch selbst im Zwiegespräch mit GOTT schweiften - oh, wie
     verworfen ich da schon war- meine Gedanken ab. Mehr als einmal ertappte
     ich mich dabei, wie ich des Nachts, Gebete murmelnd, vor dem Altar lag und
     doch lauschte, ob ich nicht irgendwo im Kloster Stimmen und seltsame Geräusche
     vernähme .
    Manchmal gar glaubte ich,
     dass dem so wäre. Doch stets, wenn ich mich dazu durchgerungen hatte,
     in den düsteren Gängen herumzuschleichen, sah ich so wenig wie
     ein Blinder und hörte nicht mehr als ein Tauber.
    Ich freundete mich ein wenig
     mit dem Portarius an, der alt war und erfreut darüber, dass ich mir
     hin und wieder Zeit nahm für ein Schwätzchen mit ihm, da sein
     Schweigegebot nun offenbar nicht mehr galt. Ich vermeinte, mich geschickt
     genug anzustellen und ihn dabei unauffällig nach der Ursache jener
     geheimnisvollen nächtlichen Geräusche auszufragen. Doch entweder
     war ich doch nicht verschlagen genug oder der alte Mönche hatte tatsächlich
     noch nie etwas vernommen. Jedenfalls erfuhr ich von ihm nichts, das mir hätte
    

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