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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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nicht
     einmal die Stimme. »Du hättest Jacquette nicht gehen lassen
     sollen!«, sagte er leise. »Du hättest sie festhalten, du
     hättest die beiden Sergeanten rufen müssen! Du bist Inquisitor!
     Sie hätten dir gehorcht!«
    »Aber die Schönfrau
     hat sich mir offenbart«, erwiderte ich. »Sie hat mir vertraut.«
    »Welchen Wert hat das
     Vertrauen von Menschen, die nicht denken können?«, tadelte mich
     Meister Philippe.
    »Sie hat dir vertraut,
     fürwahr. Doch was bedeutet dies vor allem anderen? Dass sie dir als Mönch
     und als Mann GOTTES vertraut, dass du ihre Seele zu erretten vermagst.
     Sind wir Männer geistlichen Standes nicht einzig deshalb
     herausgehoben aus der Menge der Menschen? Wir retten Seelen. Du jedoch
     magst sie zwar vor dem Kerker bewahrt haben, hast sie aber desto sicherer
     dem ewigen Verhängnis ausgeliefert. Außerdem«, und hier lächelte
     er plötzlich, »hätte ich der jungen Schönfrau gerne
     selbst ein paar Fragen gestellt.« Nun musste auch ich lächeln,
     denn so gut kannte ich Meister Philippe nun doch schon: Es reute ihn, dass
     er den einzigen Menschen nicht befragen konnte, der uns offensichtlich
     neue Spuren in Bezug auf diese grausame Tat aufzeigen konnte.
    »Ihr habt nur meinen,
     wahrscheinlich höchst unvollkommenen Bericht«, erwiderte ich
     und neigte demütig das Haupt. Der Inquisitor segnete mich. »Immerhin
     den haben wir. Es mag mir eine Lektion sein wie dir: Ich nämlich
     vergaß meine Demut. Wärest du so gewesen, wie ich es dir riet,
     die Schönfrau hätte sich dir vielleicht nie offenbart. Doch da
     du so bist, wie du bist, und diese junge Dirne tief in deine Seele zu
     schauen vermag, vertraute sie sich dir an. So haben wir manche Dinge
     erfahren, von denen wir bis dahin nichts ahnten.«
    »Es gibt zwei Mörder«,
     sagte ich eifrig.
    Meister Philippe schüttelte
     den Kopf. »Es gibt einen Mörder. Und es gibt einen Unbekannten,
     der sich irgendwann später - genau hat Jacquette das nämlich
     nicht gesagt und du hast vergessen, sie noch einmal danach zu befragen -
     an dem Toten zu schaffen gemacht hat. Ein paar Augenblicke nur? Eine oder
     gar zwei Stunden? Womöglich war Heinrich von Lübeck noch gar
     nicht tot, als der zweite Unbekannte sich über ihn beugte. Hat dann
     seine letzte, in Blut geschriebene Botschaft eher etwas mit jenem zweiten
     Unbekannten zu tun? Oder hat jener Zweite die Hand des Toten genommen, um
     jene Worte zu schreiben? Doch wozu? Haben Mörder und zweiter
     Unbekannter etwas miteinander zu schaffen? Oder kam der Zweite nur zufällig
     seines Weges?                     
    Oh, ich hätte die Schönfrau
     gerne so vieles gefragt: Hinkte vielleicht einer von beiden oder schwankte
     wie ein Betrunkener? Trugen sie noch etwas am Leib außer ihren
     Kleidern, einen Beutel vielleicht oder eine Waffe? Trug keiner der beiden,
     obwohl sie doch nachts in den Gassen unterwegs waren, eine Fackel bei
     sich? Vielleicht hat sie ja in der Nähe auf dem Pflaster gelegen?«
    Beschämt blickte ich zu
     Boden. »Nichts dergleichen habe ich gefragt«, murmelte ich.
    Der Inquisitor nickte.
     »Gräme dich nicht. Mit klugen Fragen entlockt man Menschen ein
     Wissen, von dem sie bis dahin nicht einmal wussten, dass es in ihrem Gedächtnis
     vorhanden ist. Du wirst diese Kunst noch lernen. Jetzt danke ich dir erst
     einmal für alles, was du mir trotzdem erzählt hast. Ich weiß
     nun so viel mehr als noch vor einer Stunde, dass deine Lässlichkeiten
     mehr als aufgewogen sind. Ich danke dir für deine Offenheit.«
    Der Inquisitor segnete mich
     wieder. »Nun werde ich mich in meine Zelle zurückziehen. Ich
     brauche Zeit, um über diese neuen Entwicklungen nachzudenken.«
    Ich verneigte mich und wagte
     nicht, mein letztes Anliegen vorzubringen. Doch auch dieses hatte Meister
     Philippe längst erraten. »Doch bevor ich in meine Zelle gehe,
     werde ich beim Prior vorbeischauen«, sagte er und lächelte
     verschwörerisch. »Ich werde ihm sagen, dass eine unbekannte Gönnerin
     eine stumme Messe für Heinrich von Lübeck wünscht. Ich
     glaube nicht, dass der Ehrwürdige Vater dieses Anliegen ablehnen
     wird.«

 

    9
    DIE LOCKENDE PFORTE DER HÖLLE
    Der nächste Tag, der der
     heiligen Edeltraud geweiht war, sollte mich endgültig auf den Weg in
     die Verdammnis führen. Ich kniete zur Vesper in der Kirche, umgeben
     von meinen Mitbrüdern, doch meine Gedanken waren nicht die ihren. Als
     der Vorsänger im

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