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In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück

Titel: In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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schwer,
    das Leben leicht zu nehmen.«
    Erich Kästner

    Das erste Schulheft für Frau Karthaus-Kürten war schon halb voll, als ich eine kleine Pause einlegte, weil eine von Mimis Katzen auf den Tisch sprang, in den Kugelschreiber biss und ihren dicken Kopf an meinen Fingerknöcheln rieb.
    Draußen dämmerte es bereits. Zeit für die Psycho-Tabletten. Ein gründliches Studium der Packungsbeilage sparte ich mir – die möglichen Nebenwirkungen sind ohnehin bei jedem Medikament so abschreckend, dass es ein Wunder ist, dass die Leute sich überhaupt trauen, Tabletten zu schlucken. Da fragt man sich manchmal schon, was schlimmer ist: Die Kopfschmerzen oder die durch die Kopfschmerztabletten auftretende Mundtrockenheit und Übelkeit. In meinem Fall waren die Nebenwirkungen besonders kurios: Bei Einnahme der einen Tablette konnten »in seltenen Fällen« Depressionen und Stimmungsschwankungen auftreten. Hahaha.
    Ich spülte die Tabletten gerade mit einem Schluck Leitungswasser runter, als mein Handy klingelte. Es war wiederMimi. Sie fragte, wo ich denn bliebe. Sie warte schon seit Stunden und mache sich Sorgen. Und sie habe heute wieder zwei Paar Santinis in Größe 36 verkauft. Wenn ich weiter so trödeln würde, gäbe es keine mehr für mich.
    »Ich bin schon auf dem Weg«, sagte ich.
    Bei trank man gerade Cappuccino.
    Wie immer nachmittags war der Laden voller Kinder und Kinderwagen, und wären nicht die Regale mit den vielen Schuhen gewesen, hätte man denken können, man sei in einer Mutter-Kind-Spielgruppe gelandet.
    Mimi hatte ein Baby auf dem Arm und beriet eine Kundin. Sie winkte mir mit einem schwarzen Slipper zu. Mimis Partnerin Constanze gab mir ungefragt ein Küsschen auf die Wange. Im Gegensatz zu mir hatte Mimi immer viele Freundinnen gehabt, und immer waren sie alle unheimlich nett zu mir, einfach nur, weil ich Mimis geliebte kleine Schwester war. Sogar jetzt, wo ich Mimis garstige, missgelaunte Witwen-Schwester war, brachten sie mir nichts als Herzlichkeit entgegen.
    »Mit oder ohne Zucker, Carolin?«, fragte Constanze.
    »Ohne. Aber extra viel Milchschaum, bitte. Und ein Stück Apfelkuchen wäre nett.«
    »Kommt sofort.« Constanze strahlte mich an.
    »Äh, das war ein Scherz«, sagte ich. »Ich weiß sehr wohl, dass das ein Schuhladen ist, kein Café.«
    Constanze war das anscheinend neu. »Aber ich habe doch zwei Bleche Apfelkuchen gebacken. Setz dich dahinten auf’s Sofa, dann bringe ich dir alles.«
    Auf dem Sofa, einem riesenhaften Teil mit geschwungenen Füßen, saß bereits Mimis zweite Partnerin Trudi. Sie stillte ihr Baby.
    »Hallo, Mimis traurige kleine Schwester«, sagte sie, als ich mich neben sie setzte.
    »Hallo, Mimis seltsame Partnerin, die eigentlich nur Dienstag und Donnerstag vormittags im Laden sein sollte«, sagte ich.
    Trudi seufzte. »Ob ich nun zu Hause auf dem Sofa sitze oder hier, macht doch keinen Unterschied. Oh, krieg ich auch noch einen Apfelkuchen, Constanze?«
    »Kommt sofort«, rief Constanze.
    Ihre Tochter Nelly saß auf einem Stuhl hinter der Kasse und las »Homo faber«, wahrscheinlich für die Schule. Sie war ungefähr fünfzehn, hatte ihre Füße auf den Tresen gelegt und trug an jedem Fuß einen anderen Schuh, pinkfarbene Chucks links, einen schwarzen Pump mit Silberschnalle rechts. »Trudi hatte schon zwei Stücke«, sagte sie mürrisch.
    »Ich stille«, sagte Trudi. »Da kann man essen, so viel man will, und nimmt trotzdem ab.«
    »Du hast noch kein Gramm abgenommen, würde ich mal sagen, du bist fett wie eine Buchtel«, sagte Nelly.
    »Wachtel«, verbesserte Trudi. »Es heißt, fett wie eine Wachtel.«
    »Worauf es ankommt, ist das Wort fett «, sagte Nelly.
    »Sei nicht immer so frech zu Trudi!« Constanze gab Nelly im Vorbeigehen einen Schubs. »Und nimm die Flossen vom Tisch! Du spinnst wohl!«
    »Gar nicht! Ich mache Werbung für eure Schuhe«, sagte Nelly und ließ die Füße, wo sie waren. »Das nennt man product placement .«
    Constanzes kleiner Sohn – den Namen hatte ich vergessen – sortierte in einer Ecke Schuhcreme nach Farben. Er schien ganz versunken in diese »Arbeit« und murmelte vor sich hin.
    Mimi packte ihrer Kundin zwei Paar Schuhe in Kartons und anschließend in eine große, rote Lackpapiertüre mit demLogo von. Die Kundin war so glücklich über den Schuhkauf, dass sie beinahe vergessen hätte, das Baby wieder mitzunehmen. Wahrscheinlich hätte Mimi nichts dagegen gehabt.
    Die nächste Kundin hatte kein Kind dabei, aber auch sie kaufte

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