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In Zeiten der Flut

In Zeiten der Flut

Titel: In Zeiten der Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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für diese Frau mein Leben hingegeben.«
    »Aber bei Gregorian war es anders.«
    »Nein.« Sie schaukelte leicht hin und her, bewegte seinen Penis in ihrem Innern. »Sie hat Gregorian nie gebrochen. Sie versuchte es viele Male, und jeder gescheiterte Versuch machte ihn stärker und wilder. Und deshalb wird er dich töten.« Unvermittelt wälzte sie sich herum, so daß er wieder auf ihr lag. Einen Moment lang hatte er Angst, er würde ihr mit seinem Gewicht weh tun. »Aber bis dahin«, sagte sie, »habe ich meine eigene Verwendung für dich.«
    Er hatte noch vier Orgasmen, bevor er endlich kam, und der letzte war gewaltiger als alles, was er je empfunden hatte.
    Dann übermannte ihn nicht der Schlaf, es war eher eine Ohnmacht.

    Als er aufwachte, war Undine verschwunden. Schlaftrunken blickte er sich im Zimmer um; die Einrichtung und ein paar Habseligkeiten waren zurückgeblieben. Das Kostüm lag auf dem Boden, armselig und leicht zerknittert, ein paar der langen Regenvogelfedern waren bereits geknickt. Das Zimmer atmete Leere und Verlassenheit; alles Persönliche hatte sich verflüchtigt. Er kleidete sich an und ging hinaus.
    Es war schon spät am Vormittag. Prospero stand hoch am Himmel, und die Stadt war verlassen. Türen standen offen. Bettzeug lag dort im Gras, wo man es zum Lüften ausgelegt hatte. Die Straßen waren übersät mit den Hülsen der Verkleidungen von vergangener Nacht wie mit abgestreiften Zikadenhüllen. Als der Bürokrat zum Zentrum von Rosendal zurückschlenderte, wurde sein Kopf allmählich klarer, und am liebsten hätte er gesungen. Sein Körper schmerzte, jedoch angenehm; sein Schwanz fühlte sich wund an. Alles, was er jetzt brauchte, um sich wieder mit der Welt zu versöhnen, war ein gutes Frühstück.
    Chu stand neben einem Laster, auf dessen Stoßstange DER NEUGEBORENE KÖNIG und auf dessen Flanke in sieben schreienden Farben ARSHAG MINTOUCHIANS MARIONETTENTHEATER UND ILLUSORIUM VON HIMMEL UND HÖLLE, DEN ZEHN MILLIONEN STÄDTEN UND DEN ELF WELTEN geschrieben stand. Der Bürokrat erinnerte sich daran, ihn vergangene Nacht gesehen zu haben, als in seinem Innern gerade eine Marionettenvorstellung stattgefunden hatte. Chu unterhielt sich mit einem fetten, verschwitzten Mann mit einem akkuraten kleinen Schnurrbart, offenbar Arshag Mintouchian persönlich. »Eine gute Nacht gehabt?« fragte sie und fing an zu lachen.
    Der Bürokrat machte ein verblüfftes Gesicht. Dann brach Mintouchian ebenfalls in Gelächter aus.
    »Was ist denn so komisch?« fragte der Bürokrat eingeschnappt.
    »Ihre Hand«, sagte Chu. »Wie ich sehe, haben Sie eine denkwürdige Nacht verlebt!« Dann packte es sie wieder, alle beide, und sie schwebten wie Drachen auf den Sturmböen ihres Gelächters.
    Der Bürokrat besah sich seine Hand. Er hatte eine frische Tätowierung; eine Schlange, die sich dreimal um den Mittelfinger seiner linken Hand wand und ihren Schwanz im Maul hatte.

6 - Im Pilzregen verirrt
    »Ich bin der größte«, sagte Mintouchians Daumen. »He, ich will mich ja nicht brüsten, Schätzchen, aber morgen wirst du eine wunde Muschi haben.« Er paradierte auf und ab, so stolz wie ein Gockel.
    »Mhm, das sehe ich«, meinte Mintouchians andere Hand, die mit Daumen und Zeigefinger eine lange, leicht gespreizte Vulva bildete. »Komm her, Großer!« Auf einmal klappte der Schlitz weit auf.
    Alle lachten.
    »Modeste!« rief Le Marie. »Arsène! Kommt her und seht euch das an.«
    »Das ist doch wirklich nichts für Kinder«, wandte der Bürokrat halblaut ein. Als ihn zwei Schweinezüchter und einer der Evakuierungsbeamten ansahen, errötete er.
    Es kam jedoch keines der Kinder vom Nebenzimmer herüber. Sie schauten fern, versunken in eine Phantasiewelt, in der die Menschen nicht binnen eines Menschenlebens, sondern in Stundenfrist von Stern zu Stern reisten, wo einzelne Altruisten über Energien verfügten, die ausreichten, ganze Städte dem Erdboden gleichzumachen, wo Männer und Frauen ihr Geschlecht vier- bis fünfmal pro Nacht wechselten, wo alles möglich und nichts verboten war. Es war ein Aufschrei, der geradewegs der Kröte an der Basis des Gehirns entsprungen war, dem uralten Reptil, das alles auf einmal auf dem Präsentierteller vorgesetzt haben will.
    Die Kinder saßen im Dunkeln, mit Augen groß wie Untertassen und starrem Blick.
    »Ich bin ja so gut. Ich werd dich weiten, bis du dich nicht mehr wiedererkennst.«
    »Das behauptest du.«
    Draußen regnete es, aber die Küche war eine warme,

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