Ina: Der Konflikt (German Edition)
Überhaupt?“ Flüsterte sie, um ihre Stimmbänder zu schonen. „Sie benötigen Kleider.“ Ina sah skeptisch an sich herunter. An ihre Haare durfte sie gar nicht denken. Sie fühlte wie sich der Fahrstuhl hinunter bewegte, dann seitlich, wieder hinunter und wieder seitlich, bevor er den letzten Abschnitt auf den Asteroiden hinunter schwebte und zum Stillstand gelangte. „Sie haben mir etwas zu sagen?“ Demir wandte sich ihr zu: „Sobald sie eingekleidet sind.“ Mit Widerwillen schwieg sie. Neben ihrer Neugier, fürchtete sie sich auch vor dem Gespräch mit Demir. Zwanzig Stunden war viel Zeit. In den letzten Tagen hatte sie zur genüge erfahren was in wenigen Stunden geschehen konnte.
Auf dem Asteroiden wurden, anders als auf der Station, die verschiedenen Tageszeiten imitiert. Was im Augenblick der Dämmerung entsprach und für Ina’s Augen eine Wohltat darstellte. Ob es die Morgendämmerung oder die Abenddämmerung darstellen sollte, wusste sie nicht. Der Boden war gepflastert, kalt, feucht, staubig. Sie passierten einige Strassen, ehe Demir nach links bog und sie eine Treppe hinunter führte. Als sich die Tür am Ende davon öffnete erklang eine Art Glocke, kurz darauf kam ein alter Seraner um eine Ecke des hinteren Teils des überstellten Raumes. Eine äusserst zufriedene Miene, als er den gut gekleideten seranischen Mann erkannte und dann ein zurückhaltender, skeptischer Blick zu Ina. „Guten Morgen.“ Ah, das war die Erklärung. „Ich bin Yzeir. Was darf ich ihnen anbieten?“ Dabei glitten seine Augen unaufhörlich an Ina hoch und wieder hinunter. „Sie haben unser Problem erkannt“, Demir gestikulierte zu Ina. „Ich führe keine menschliche Mode in meinem bescheidenen Geschäft, Botschafter.“
„Demir. Diese Hoffnung hegte ich.“ Yzeir lachte breit, bewegte sich hastig auf einen Sessel zu und zog ihn zu Demir. Legte Ina die Hand in den Rücken und führte sie in die Mitte des Raumes. „Ein Kleid, eine Robe, Hosen oder etwas anderes junge Dame?“
„Alles ausser Hosen“, kam Demir ihr zuvor. Yzeir nickte zufrieden: „Gut, gut. Sehr gerne. Ich habe das passende“, er ging um die Ecke, einige Sekunden darauf streckte er seinen Kopf hervor, nahm Ina noch einmal in Augenschein und verschwand wieder für dreissig Sekunden ehe er mit voll gepackten Armen zurückkehrte. Er warf alles auf einen Kleiderständer, der ohnehin schon überfüllt war und hielt das erste Stück vor ihren Körper, begutachtete es und warf es achtlos auf den Boden, nahm das nächste, drehte seinen Kopf etwas schief, drückte ein Auge zusammen und nickte schliesslich eifrig: „Dieses“, er drückte es in ihre Hände und schob sie hinter einen Vorhang. In der Zwischenzeit servierte Yzeir Demir Getränk und Gebäck.
Es war ein graues einteiliges Kleid. Lange Ärmel, reichte bis zu ihren Knöcheln, war jedoch an den Seiten bis über ihre Knie hinauf geschlitzt. Ein Stehkragen der durch einen Schlitz an ihrer Kehle bis in die Mitte ihres Dekoltées geteilt war. Es machte sie älter als sie war. Nur noch die Haare hoch stecken und sie würde wie eine prüde Witwe aussehen. Aber sie stellte sich Demir und Yzeir, letzterer sprang sofort aus seinem Sessel hoch und schlich hinter sie, um alles zu begutachten. Demir hatte einen lasziven Ausdruck auf seinen Lippen, wobei seine Augen nicht wussten, wo sie hängen bleiben sollten. – Bei ihrem Dekoltée oder bei ihren Beinen – Oder vielleicht doch bei ihrer Hüfte?
„Vielleicht ist es etwas zu trist.“
„Solange sie ihre Haare nicht nach hinten zieht und flechtet. Wir nehmen es. Was haben sie sonst noch?“ Yzeir's Augen begannen zu funkeln. Ohne nach dem Preis zu fragen, verlangte seine Kundschaft nach mehr. Das würde ein gutes Geschäft werden. Er nahm das nächste Stück von dem Ständer, hielt es vor ihren Körper. Doch es landete auf dem Boden, genauso die beiden nächsten Stücke. Beim vierten Kleid presste er wieder ein Auge zusammen und begann zu nicken. Legte es in ihre Hände und schob sie erneut hinter den Vorhang. Dieses Schauspiel wiederholte sich mehrfach. Demir unterhielt sich in der Zwischenzeit gerne und gut mit Yzeir. Zu guter Letzt wurden noch passende Schuhe ausgesucht, wobei sich Ina Vorzugsweise immer für Stiefel entschied. Weisse, schwarze, beige und braune Stiefel.
Demir beglich die Rechnung, ohne dass Ina einen Einwand erhoben hatte. – Wohlmöglich sein schlechtes Gewissen das ihn dazu trieb. Er wies Yzeir an, alles zu ihrem Quartier zu bringen.
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