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INAGI - Kristalladern

INAGI - Kristalladern

Titel: INAGI - Kristalladern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Strunk
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sie aus.
    Eine seiner Brauen hob sich in bekannt spöttischer Weise. »Tun dir die Drachen leid?«
    Die Frage ärgerte sie. »Jedenfalls wünsche ich ihnen nicht den Tod«, gab sie bissig zurück.
    Jetzt hob sich auch seine andere Braue. »Und den Gohari?«
    Sie wandte den Blick ab. »Ich würde es vorziehen, wenn überhaupt niemand sterben müsste.«
    Er stieß ein freudloses Lachen aus. »Das ehrt dich«, sagte er mit hörbarem Sarkasmus, »doch höchstens ein Eremit kann es sich leisten, die Dinge als Außenstehender zu betrachten. Irgendwann musst du dich für eine Seite entscheiden.« Er schlug einen Funken aus dem Stein und entzündete das Feuer.
    Ich weiß , dachte Ishira. Ich weiß es ja. Ich wünschte nur, es wäre nicht so entsetzlich schwierig .
    »Was ist mit Euch?« rutschte es ihr heraus. »Habt Ihr Eure Wahl getroffen?«
    Dem Kiresh war anzusehen, dass ihm diese Wendung des Gesprächs nicht gefiel. »Wenn du damit auf den Feldzug anspielst: Ja«, gab er schmallippig zur Antwort.
    Die Bestätigung ihrer Vermutung machte Ishira mehr zu schaffen, als sie sich eingestehen wollte. Sie versuchte sich einzureden, dass sie sich lediglich Sorgen darüber machte, wer ihren Begleiter ersetzen würde. Doch sie konnte sich selbst belügen, wie sie wollte: Auch wenn Kiresh Yarens schroffe Distanziertheit auf den ersten Blick nicht eben dazu angetan war, jemanden für sich einzunehmen, war dies nur ein Teil seiner Persönlichkeit, eine Maske, die ihn vor seinen eigenen Gefühlen schützen sollte. Daneben gab es die seltenen Momente, in denen er sich von seiner verborgenen anderen Seite zeigte. Momente, die umso schärfer hervortraten und sich ihrem Gedächtnis einprägten, weil sie sicher war, dass in ihnen sein früheres, wahres Selbst aufschimmerte. Er hatte Besseres verdient, als sich von den Amanori umbringen zu lassen, auch wenn er selbst diese Meinung nicht teilte.
    »Dann werdet Ihr den Hemak bitten, mir einen anderen Begleiter zuzuweisen?« fragte sie leise.
    In seinem Blick glomm Unwillen auf. »Das ist nicht nötig. Du wirst mich nach Inuyara begleiten«, erwiderte er knapp.
    Die Luft um Ishira herum schien sich schlagartig abzukühlen. »Ich… ich verstehe nicht.« Hatte er etwa vor, sie mit auf den Feldzug zu nehmen, nur um sein Rondar gegebenes Versprechen nicht brechen zu müssen? Aber wie wollte er das dem Hemak gegenüber rechtfertigen?
    »Der Marenash hat angeordnet, dich mit ins Feldlager zu bringen«, fügte ihr Begleiter als Erklärung an. »Du sollst deine Fähigkeit dazu einsetzen, unsere Männer unterwegs vor den Drachen zu warnen.« Er schwieg einen Moment. Im auflodernden Flammenschein glitzerten seine Augen wie grüne Kristalle. »Du wirst deine Wahl schon bald treffen müssen.«
    Ihre Gedanken stürzten wild durcheinander. Die goharische Armee vor den Amanori warnen? War für ein grausamer Scherz war das? Woher wusste der Statthalter überhaupt, dass sie die Aura der Drachen spüren konnte? Kiresh Yaren musste ihm davon berichtet haben. Wer außer ihm kam sonst in Frage? Und nun sollte sie die Inagiri ihrem Schicksal überlassen und stattdessen ihr Leben für die Gohari aufs Spiel setzen…
    »Bei Kaddor, was machst du denn da?« Der Kiresh packte ihre linke Hand. Wie betäubt sah Ishira auf die Blutstropfen in ihrem Schoß. Sie hatte nicht gemerkt, dass sie sich mit der scharfen Messerklinge in den Finger geschnitten hatte.
    Er zog ein sauberes Taschentuch aus seinem Hemd und wickelte es um ihre Hand. »Hast du Angst?« fragte er unerwartet sanft. »Oder ist dir die Vorstellung, uns zu helfen, so zuwider?«
    Sie antwortete nicht. Sein Griff um ihr Handgelenk wurde fester. »In deinen Augen mag das Leben eines goharischen Kiresh weniger wert sein als das eines inagischen Bergmanns«, sagte er ruhig. »Aber vergiss nicht, dass das Ende der Drachen auch deinem Volk zugutekommt. Eure Siedlungen sind ihren Angriffen ebenso ausgesetzt wie unsere.«
    Ishira schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter. Das stimmte zwar, doch litten die Inagiri weitaus weniger unter den Angriffen der Amanori als unter der Knechtschaft der Eroberer. Für ihr Volk stellten die Gohari die größere Bedrohung dar.
    Kiresh Yarens Worte hallten in ihr nach: ‚Du wirst deine Wahl schon bald treffen müssen‘. Was sollte sie tun? Was konnte sie tun? Ohne, dass sie es gemerkt hatte, war sie zwischen die Fronten geraten, verlor auf schwankendem Grund immer mehr den Boden unter den Füßen. Wie hatte ihr Leben nur

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