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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Lichtstreifen verriet ihm, daß sie noch wach war. Leise ging er in sein Zimmer in der Hoffnung, sie würde ihn nicht hören. Doch als er seine Augenklappe abnahm, rief seine Frau: »Ian, bist du das?«
    Erwischt. »Ja. Tut mir leid, daß ich dich gestört habe.«
    Mit einem seltsamen Unterton in der Stimme antwortete sie: »Du hast mich nicht gestört. Könntest du bitte herkommen? Ich habe etwas, das dich bestimmt interessiert.«
    In der Annahme, Laura hätte bei der Durchsicht von Pjotrs Tagebüchern etwas Wichtiges entdeckt, trat Ian durch den Vorhang, der ihre beiden Zimmer trennte. »Was denn?«
    Er wollte mehr sagen, aber der Anblick, der sich ihm bot, verschlug ihm die Sprache. Seine Frau stand mitten im Zimmer, ihr phantastischer Körper war in einen Hauch von Sari gehüllt, während ihr lohfarbenes Haar verschwenderisch über Schulter und Rücken floß. Sie wirkte so provozierend wie eine Hindu-Göttin, die zum Leben erwacht war.
    Und überall waren Rosenblätter. Nein, nicht überall, das Bett war frei. Auf dem Boden bildeten die duftenden rosafarbenen Blätter einen dicken Teppich, der über Lauras nackte Zehen zu schwappen schien. Ihr Anblick und der Duft trafen ihn mit der Kraft eines Fausthiebs, und er fühlte sich verwirrt, betäubt und wie in einem Traum gefangen.
    Ian wußte, daß er aus dem Zimmer stürzen mußte, bevor es zu spät sein würde, aber er war schon zu gelähmt, um sich noch zu bewegen. Wußte sie denn nicht, was sie da mit ihm tat? Doch, verflucht, sie mußte es wissen. »Verdammt noch mal, Laura«, fluchte er. »Willst du mich absichtlich in den Wahnsinn treiben?«
    »Nein!« Ihre schrägen Augen waren weit und ängstlich. »Was ich zu tun versuche, ist... ich habe... ich habe ein neues Verständnis gefunden.«
    Langsam trat sie auf ihn zu. Er konnte den Blick nicht von dem leichten Schwingen ihrer Brüste wenden, die unter der durchsichtigen Seide deutlich zu erkennen waren.
    Eine Armeslänge von ihm entfernt blieb sie stehen. »Während du weg warst, habe ich mich mit Kamala lange über das Wesen der Leidenschaft unterhalten. Sie machte mir klar, daß ich einen Fehler beging: Wenn ich versuchte, meine Gefühle zu unterdrücken, würde ich sie nur gefährlicher machen.« Sie schluckte. »Für mich ist nun die Zeit gekommen, mich diesen starken Gefühlen zu stellen und zu akzeptieren, daß Leidenschaft ein Teil meines Wesens ist.«
    Er fragte sich, ob sein Verstand durch den schweren Rosenduft beeinträchtigt war. »Sprich bitte deutlich aus, was du meinst. Wenn ich bisher versucht habe, deine Wünsche zu interpretieren, war das Ergebnis meistens furchtbar.«
    Ihre Wangen färbten sich rosa. »Ich weiß, daß meine Verwirrung und mein Wankelmut schwer für dich waren«, sagte sie stockend. »Du warst dennoch erstaunlich verständnisvoll. Aber nun bin ich nicht mehr unentschlossen. Ich hoffe, du möchtest immer noch... eine wirkliche Ehe daraus machen.«
    Möchten? Wenn sie gewollt hätte, daß er sich das Herz herausschnitte, hätte er sie nach einem Messer gefragt. Aber dies kam zu plötzlich. Auch wenn er in ihrem Gesicht erkennen konnte, daß sich tatsächlich etwas Wesentliches geändert hatte, hatte er schmerzlich lernen müssen, daß das, was auf den ersten Blick gut schien, es wahrscheinlich nicht war. Seine wiedererlangte Potenz hatte sich als schwarzer Segen herausgestellt, und nun schrien ihm seine Instinkte zu, daß Lauras neue Einstellung durchaus eine ebensolch qualvolle und unvorhergesehene Resonanz hervorrufen konnte.
    Er wußte, er sollte sich zurückziehen und nachdenken, die finsteren Winkel seiner Gedanken durchforschen, die ihn warnten, es könnte nichts Gutes daraus entstehen. Er verdiente ein ungetrübtes Glück nicht, und jede Wonne, die er mit seiner Frau erlangen konnte, würde mit einem Stück seiner Seele bezahlt werden müssen.
    Aber er konnte sich nicht abwenden, nicht einmal, um sein Leben zu retten, und das war der brutale Beweis für seine Schwäche. »O Gott, Laura, du mußt doch wissen, daß ich dir nicht widerstehen kann«, sagte er schwer atmend.
    »Darauf habe ich gehofft«, antwortete sie mit einem Lächeln.
    Wie immer war er fasziniert von der Kombination ihrer hellen Haut, den Haaren und dem orientalischen Schnitt ihrer Augen, die so einzigartig und unbestimmbar waren, wie die Frau selbst. Er griff nach ihrem glänzenden Haar, das die Farbe polierten Eichenholzes hatte, und streichelte damit ihre Wange, wobei er fast erwartete, dieses

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