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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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beängstigend.«
    Ian runzelte die Stirn, als er den Lauf auf das Feuer richtete und prüfend hindurchblickte. »Haben Sie sonst überhaupt keine Familie?«
    »Pjotr Andrejewitsch war der letzte Verwandte. Ich nehme an, es gibt entfernte Vettern in Rußland, aber ich kann mich an keinen erinnern. Mein richtiger Vater war ein Einzelkind, also gibt es von dieser Seite auch keine Verwandten. Meine Mutter hatte zwei Brüder, aber der eine, Sergej, starb im Kampf gegen Napoleon, bevor ich geboren wurde, und Onkel Pjotr hat nie geheiratet. Also bin jetzt nur noch ich da.«
    »Und was ist mit Stephensons Familie? Sie mögen ja nicht blutsverwandt sein, aber Sie gehören doch schon so lange dazu.«
    Lauras Mund verhärtete sich. »Sie haben seine Ehe mit einer gefährlichen Russin nie wirklich gebilligt. Meine Mutter war zu theatralisch und unkonventionell für ihren Geschmack - wie ein Pfau unter Tauben. Also wurden wir zwei zwar um meines Stiefvaters willen toleriert, aber niemals willkommen geheißen.«
    Ian begann, die Waffe wieder zusammenzusetzen. »Ich kann mir kaum vorstellen, keine Verwandten zu haben. Ich sehe die meinen zwar nicht oft, aber das Wissen, daß sie existieren, ist wie ein Rettungsanker in der Welt.«
    »Seien Sie froh, daß sie Anker sind und kein Mühlstein.«
    »Ich habe von beiden Sorten welche.« Er lächelte ein wenig, was seine harten Züge milderte. »Und was sind Ihre Pläne für die Zukunft, Miss Stephenson? Oder haben Sie noch nicht darüber nachdenken können?«
    »Wenn ich Sie Ian nennen soll, dann sagen Sie Laura.« Sie lächelte schmerzlich. »Ich kenne Sie erst einen Tag, aber es kommt mir viel länger vor.«
    »Mögen Sie den Namen Lara nicht? Pjotr hat Sie immer so genannt, und er paßt zu Ihnen. Er ist ungewöhnlich.«
    »Ich ziehe Laura vor. Ich bin daran gewöhnt, und außerdem ist an mir nichts Ungewöhnliches«, sagte sie mit leichtem Unbehagen. »Ich bin eine absolut unbemerkenswerte Frau. Was die Zukunft angeht... ich weiß es wirklich noch nicht. Mein Vater hat mir ein kleines Einkommen hinterlassen. Es reicht zum Überleben, aber viel ist es nicht. Also werde ich wahrscheinlich in eine Stadt gehen und nach einer Anstellung suchen. Ich wäre eine ganz brauchbare Lehrerin oder Gouvernante, und die Arbeit würde mich ebenfalls vor der Langeweile bewahren. Ich habe den Haushalt meines Vaters jahrelang geführt und bin daran gewöhnt, zu arbeiten.«
    »Diese Art von Dienstleistung wäre für eine so unabhängige Frau, wie Sie es sind, eine ziemliche Belastung.« Er zögerte einen Moment. »Ich weiß, daß es mich eigentlich nichts angeht, aber Ehe und Familie ist gewöhnlich das, was die meisten Frauen erstreben. Man muß es Ihnen hoch anrechnen, daß Sie sich bisher um Ihren Vater gekümmert haben, aber nun ist er nicht mehr da. Indien muß voll von Männern sein, die geehrt wären, wenn Sie sie heiraten würden. Im Gegenzug hätten Sie ein Heim, eine Familie und die Sicherheit, geliebt zu werden.«
    Er hörte sich genauso an wie ihr Stiefvater. Laura fiel ein, daß sie Kenneth versprochen hatte, nach einem Mann Ausschau zu halten, wenn er sterben sollte. Aber sie mußte das Versprechen nicht halten, sie hatte es ihm nur zu seiner Beruhigung gegeben. Auch jetzt hatte sie keine Lust, über das Thema zu sprechen, und so sagte sie: »Ich weiß nicht, ob ich in
    Indien bleiben will. Vielleicht kehre ich nach England zurück.«
    Er war nun fertig mit der Waffe, und der Gewehrlauf rutschte mit einem nachdrücklichen Klicken an seinen Platz. »Dann wollen Sie also keinen Mann, dessen Karriere ihn in diesem Land hält. Aber eine so attraktive Frau wie Sie wird überall viele Verehrer finden.«
    Obwohl seine Worte ein Kompliment sein sollten, war sein Verhalten so desinteressiert, daß es schon fast beleidigend wirkte. Er gab sich nicht den Anschein, als würde er seine Worte selbst glauben. Ein wenig eingeschnappt sagte sie: »Um ehrlich zu sein, ich will mich wirklich nicht an einen Mann binden. Ich bin vierundzwanzig Jahre lang bestens zurechtgekommen, und ich sehe auch jetzt keinen Grund zu heiraten. Ich bin durchaus in der Lage, mich um mich selbst zu kümmern.«
    Er warf ihr einen abschätzenden Blick zu. »Sie klingen wie eine Frau, die schon oft mit diesem Thema konfrontiert wurde. Ich bitte um Verzeihung.«
    Er sah mehr mit einem Auge als die meisten Menschen mit beiden. Hastig sagte Laura: »Werden wir uns morgen früh nach Baipur auf den Weg machen? Ich war gestern so

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