Infernal: Thriller (German Edition)
und überlegt seine Worte genau.
»Würden Sie uns verraten, wie Sie Ihre persönlichen Studenten ausgewählt haben?«, fragt Kaiser.
»Warum nicht? Jeder Bewerber musste Bilder einreichen, die ich beurteilen konnte. Es waren eine ganze Menge. Anfänglich habe ich nur Fotos angesehen, die mir per Post zugegangen waren. Dann flog ich her und sah mir die Bilder der Finalisten persönlich an.«
»Haben Sie außer den Werken der Bewerber andere Kriterien angewandt?«
»Keine.«
»Hatten Sie die Lebensläufe der Bewerber vorliegen?«
»Ich denke, ich hatte einen kurzen Lebenslauf von jedem, ja. Ein Lebenslauf bei Künstlern ist kein sonderlich formelles Dokument, wissen Sie? Leon Gaines’ Lebenslauf las sich allerdings recht interessant.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Kaiser bemüht sich um einen freundlichen Tonfall, doch er kann die Tatsache nicht verbergen, dass es sich um ein Verhör handelt. »Was hat Sie an den Arbeiten der drei beeindruckt?«
»Ich glaube nicht, dass ich darauf eine kurze Antwort geben könnte«, antwortet Wheaton.
»Könnten Sie vielleicht Ihren persönlichen Eindruck jedes Einzelnen schildern?«
»Ich weiß wirklich nicht viel über sie.«
»Was würden Sie über Frank Smith sagen?«
Eine weitere längere Pause, doch ich kann in der Isolation des FBI-Überwachungsfahrzeugs nicht sagen, ob sie entsteht, weil Wheaton mit seiner Antwort zögert oder weil er nach Worten sucht.
»Ich mag Frank sehr gern«, sagt Wheaton schließlich. »Er ist ein talentierter Bursche. Er hat nie finanzielle Probleme gekannt, doch ich denke, er hatte trotzdem eine schwierige Kindheit. Einer von diesen Vätern, Sie wissen schon. Große Erwartungen, aber eher konventioneller Natur. Franks Talent und Hingabe sind grenzenlos, und er wird immer noch besser. Seine Technik ist akribisch, und er ist furchtlos im Umgang mit seinem Thema. Ich wüsste nicht, was ich sonst noch sagen soll. Ich bin kein Kritiker. Und ich bin gewiss kein Detektiv.«
»Selbstverständlich nicht. Haben Sie Frank Smith jemals gewalttätig erlebt?«
»Gewalttätig? Er ist leidenschaftlich, was seine Arbeit angeht, aber gewalttätig? Nein. Er hat nicht viel Respekt für die Arbeit anderer Künstler, so viel kann ich sagen. Er geht vielen Leuten gegen den Strich. Frank weiß so gut wie alles über Kunstgeschichte, und er hat keine Geduld mit Dummköpfen. Sie können sich sicher vorstellen, was das bei einem Mann wie Leon Gaines bewirkt.«
»Warum erzählen Sie es uns nicht?«
»Leon würde Frank inzwischen wahrscheinlich längst umgebracht haben, wenn er dann nicht für den Rest seines Lebens nach Angola in Sicherungsverwahrung kommen würde. Es wäre seine dritte Verurteilung, verstehen Sie? Man würde ihn nie wieder rauslassen.«
»Erzählen Sie uns von Gaines.«
Wheaton seufzt laut genug, dass wir es im Überwachungswagen durch den Sender hören können. »Leon ist ein sehr einfacher Mann. Oder sehr kompliziert. Ich bin mir noch nicht ganz sicher. Er ist eine gequälte Seele, die ihre Dämonen wohl niemals wieder loswird. Nicht einmal durch seine Malerei, die mit Sicherheit aggressiv genug ist, um einige Dämonen zu exorzieren.«
»Wussten Sie, dass Gaines seine Freundin schlägt?«
»Ich habe keine Vorstellung von dem, was Gaines in seiner Freizeit macht, aber es würde mich nicht überraschen. Und seine Bilder sind voll von Gewalt.«
»Glauben Sie, dass er zu einem Mord imstande wäre?«
»Wir sind alle imstande zu töten, Agent Kaiser. Sicherlich wissen Sie das.«
»Sie haben in Vietnam gedient«, sagt Kaiser und greift das Stichwort auf, das Wheaton mit seiner Antwort gegeben hat. »Ist das richtig?«
»Sie wissen, dass ich in Vietnam war.«
»Sie haben eine bemerkenswerte Akte.«
»Ich tat, was von mir verlangt wurde.«
»Sie haben mehr als das getan. Sie wurden damals mit einem Bronze Star ausgezeichnet. Macht es Ihnen etwas aus, mir zu erzählen, wie es dazu kam?«
»Sie haben doch sicher auch die Begründung für den Orden gelesen?«
Daniel Baxter schüttelt neben mir den Kopf. »Wheaton findet sich in seine Rolle. Er gibt die Fragen an John zurück.«
»Ordensbegründungen erzählen niemals die ganze Geschichte, oder?«, fragt Kaiser.
»Sie waren dort, nicht wahr?«, antwortet Wheaton rasch mit einer Gegenfrage.
»Ja. Ich war Ranger. H-Kompanie, neunte Kavallerie. Sie waren Marine?«
»Dritte Division.«
»Aber es gab keine Orden für das Ausgraben von Fuchslöchern.«
»Nein. Es war eine ganz
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