Inferno
das bekommt, du hirnloser Riese …«
Sssswusch-ssswusch!
Doch selbst als zwei weitere Hiebe mit der großen Klinge dem Golem seine beiden schwarz-grauen Lehmarme abnahmen, patschten sie weiter vorwärts.
»Hartnäckiger kleiner Racker, was?«
Schließlich hackte Xeke die Arme in Stücke, und das war das Ende des Golems.
»Komm schon!«, rief Via. »Hau ab!«
Xeke wollte sich gerade zurückziehen, da lösten sich einige primitiv aussehende Schergen aus den Reihen ihrer Truppe und rannten hinter ihm her. Seine einzige Möglichkeit war, sich in einen weiteren Kampf zu stürzen.
»Bringt euch in Sicherheit!«, schrie Xeke zurück. »Weg hier! Ich treffe euch später im Club. Die Constabler können jeden Augenblick hier sein.«
»Kommt«, sagte Via, »wir müssen hier weg.«
»Aber wir können ihn doch nicht einfach hier lassen!«, protestierte Cassie, obwohl ihr klar war, dass sie nicht viel gegen diese Geschöpfe ausrichten konnten. Sollte sie die Schergen, die Xeke umzingelten, vielleicht anspucken? Sie beschimpfen? Bitterkeit über ihre eigene Hilflosigkeit stieg in Cassie auf.
»Mach dir jetzt bloß nicht in die Hose.« Via klang bestimmt. »Er kann auf sich selbst aufpassen. Sieh dir das an.«
Ein hektischer Blick zeigte Cassie, dass Xeke den ersten Schergen bereits aufgeschlitzt und den nächsten geköpft hatte. Immer mehr kamen aus den inzwischen chaotischen Reihen hinter ihm her.
»Kommt und holt mich doch, ihr Hackfressen!«, lachte er und stürmte auf sie zu.
Cassie konnte dem dämonischen Gemetzel nicht mehr länger zusehen. Via zog sie weg, und dann rannten sie; die Kakophonie der Schreie erstarb allmählich hinter ihnen.
KAPITEL NEUN
I
Ein Albtraum riss Bill Heydon aus dem Schlummer. Was war das?
Plötzlich lag er mit weit offenen Augen in dem hohen, mit Volants geschmückten Bett. Etwas hatte ihn erschreckt, doch er konnte sich an keinen Traum erinnern. Häufig klangen Bilder seiner Träume in ihm nach – wenn es dunkel war, spätnachts -, doch dies war kein Nach-Bild.
Da wurde ihm plötzlich klar, was es war.
Irgendwie unheimlich! , dachte er. Er setzte sich abrupt im Bett auf und schaltete die kleine Lampe mit dem Tulpenschirm auf dem Nachttischchen an.
Nein, das war kein Nach-Bild, das war eine Nach-Berührung.
Er sprang aus dem Bett; die Nachttischlampe reichte nicht aus. Er machte auch die Deckenbeleuchtung an.
Jetzt strahlte der Raum hell.
Und natürlich war niemand außer ihm hier.
Du wirst langsam senil, schalt er sich.
Trotzdem war diese Empfindung gespenstisch. Es fühlte sich an, als hätte ihn jemand berührt, ihn geschüttelt, während er schlief.
»Ich muss geträumt haben, dass mich jemand angefasst hat«, murmelte er. Der ganze Raum schien ihn anzusehen, während seine Furcht langsam nachließ. »Und dann hab ich den Traum vergessen.«
Nun war das helle Licht zu hell und bereitete ihm Kopfschmerzen; er machte es aus und ging im bedeutend schwächeren Licht der Nachttischlampe zu der breiten Mahagonikommode in der Ecke. Er öffnete eine Schublade und wühlte ein Päckchen Zigaretten hinter den Socken hervor. Die antike Wanduhr tickte gleichmäßig. Er war selbst noch etwas unruhig wegen der Traum-Berührung oder was auch immer das gewesen sein mochte. Es kam ihm schon sehr spät vor, doch ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es erst wenige Minuten nach Mitternacht war. Er blickte auf die halb leere Zigarettenschachtel und dachte sich, Zur Hölle, wenn schon, dann richtig .
Schon schlurfte er in Unterwäsche aus seinem Schlafzimmer. Die Kopfschmerzen pochten; das Licht ließ er aus, lieber ging er durch die Dunkelheit der Eingangshalle in die Speisekammer hinter der Küche. Das Mondlicht, das durch die rückwärtigen Bogenfenster schien, sorgte für eben genug Helligkeit, um sich zurechtzufinden, doch schließlich ertastete seine Hand die Flasche Glenlivet, die er hinter einigen Mehltüten gebunkert hatte. In Anbetracht von Cassies früherem Alkoholproblem wollte er sie nicht in Versuchung führen. Gott sei Dank hatte sie sich sehr bemüht, all das hinter sich zu lassen. Soweit Bill wusste, hatte seine Tochter seit Lissas Tod keinen Tropfen mehr angerührt.
Er nahm die Flasche mit in die Küche, wo das Mondlicht heller schien, und holte vorsichtig ein Glas aus dem Schrank, dann goss er sich zwei großzügige Fingerbreit ein. Der erste Schluck rann wie Gold durch seine Kehle. Oooo ja . Dann vollendete er das Ritual, indem er sich eine Zigarette anzündete.
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