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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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eine weitere Reklame, und die nächste versprach: CRIPPENDALES!
    NUR FÜR DAMEN! PRIVATE VORFÜHRUNG (UND NOCH VIEL MEHR!) VON JOHNNY DEM C-MAN HÖCHSTPERSÖNLICH!
    Schließlich kamen sie zum blinkenden Zelt des Onan-Theaters: HÖLLEN-ROUTE 666 – MIT KATHERINA DER
    GROSSEN IN DER HAUPTROLLE! AUSSERDEM: LUCREZIA BORGIA IN DIE SCHAMLOSE GARGOYLE-ORGIE !
    Cassie ging diese perverse Parade langsam auf die Nerven. Alles drehte sich um Sex, genau wie in ihrer Welt. Hush schien ihre Ungeduld zu spüren und deutete auf den nächsten Häuserblock.
    »Da drüben ist der S&N Club. In der Herodesgasse.«
    Doch als sie die Straße überquerten, verlangsamte Via ihre Schritte. Ein Golem tapste unbeholfen die Straße hinunter, an jeder Straßenlaterne und jedem Pfosten blieb er kurz stehen. Es sah aus, als würde das Lehmmonstrum Zettel aufhängen.
    »Was macht der da?«, fragte Cassie.
    Statt einer Antwort schlich Via zum nächsten Straßenschild. »Mist, ich hätte es wissen müssen«, murmelte sie.
    Cassie las den Zettel, den der Golem eben erst hier hingeklebt hatte. Ein Steckbrief .
    AUF BEFEHL DES
CONSTABLERBÜROS
    (BONFACE DISTRICT)
    GESUCHT
    WEGEN MORDES AN
16 MUTILATIONSBEAMTEN
    BELOHNUNG
    1000 HÖLLENDOLLARS FÜR JEDEN
SACHDIENLICHEN HINWEIS, DER ZUR ERGREIFUNG
    DIESES STRAFTÄTERS FÜHRT

    Und darunter ein Bild von Xeke.
    Via lachte leise. »Wie gefällt dir das? Er hat sechzehn von den Jungs umgebracht und ist ihnen dennoch entwischt.«
    »Schon«, bemerkte Cassie, »aber jetzt fahnden sie nach ihm.«
    »Wenigstens ist er noch am Leben. Wir können nur hoffen, dass er es in den Club schafft.«
    Das sah Cassie ein. Wenn die Constabler ihn suchten, musste er noch irgendwo da draußen rumlaufen.
    »Also weiter«, drängte Via und ging voraus.
    Als sie in der Herodesgasse ankamen, fiel Cassies Blick auf eine endlose Reihe aneinander gequetschter, heruntergekommener Häuser. Das erinnerte sie an das Gothic-Viertel in D.C.: schwarz gestrichene Backsteinfassaden und Türsteher, die mit verschränkten Armen vor ramponierten, offen stehenden Türen warteten; nur dass diese Türsteher hier entweder deformiert oder Dämonen waren. Tiefe Basstöne und eine vertraute Stimme drangen aus einer Tür: »Since my spirit left me, I’ve found a new place to dwell. I drugged out and croaked on a toilet seat and – went straight to Hell.«
    Cassie blieb stehen. Nein, das war doch wohl nicht möglich!
    Oder etwa doch?
    Vor einem anderen Club sprach sie ein abgetrennter Kopf auf einem Stab an. »Hey, Mädels! Keine Coverband: Heute Jamsession mit Robert Johnson und Grieg persönlich!«
    Ein paar Meter weiter rüttelte sie ein Schild auf. NEVER MIND THE BOLLOCKS! HIER IST DER S&N CLUB! Endlich, dachte Cassie.
    »Scheiße!« Via schlug sich vor die Stirn. »Wir kommen da gar nicht rein! Mir fällt gerade ein, dass Xeke das ganze Geld hat.«
    »Und hier ist keine Spur von ihm.« Cassie sah sich vor dem Eingang um. »Wenn er hier wäre, würde er doch draußen auf uns warten, oder?«
    »Ja. Verdammt!« Via schabte mit dem Stiefel über den schmutzigen Asphalt. Cassie konnte sich ungefähr vorstellen, was sie überlegte: Ob Xeke vielleicht nicht käme, weil er genau in diesem Moment von den Mutilationstrupps festgenommen wurde.
    »Er kommt bestimmt.« Cassie bemühte sich, hoffnungsvoll zu klingen. »Wahrscheinlich versteckt er sich ein bisschen, bis die Constabler weg sind.«
    Via nickte nur. Dann stellte sie plötzlich eine völlig absurde Frage: »Wie lang sind deine Fingernägel?«
    »Hä?«
    »Sonst fällt mir nichts ein, womit wir da reinkommen könnten. Unsere Zugfahrkarten können wir nicht eintauschen, falls …« Via musste schlucken. »Falls Xeke nicht wieder auftauchen sollte.«
    Cassie betrachtete ihre langen, schwarz lackierten Fingernägel, dann zeigte sie zögernd Via ihre Hand.
    »Die sind wunderbar. Beiß einen ab.«
    Bei dem bloßen Gedanken zuckte Cassie zusammen, doch als Hush die universale Geste machte – Daumen und Zeigefinger aneinander Reiben – verstand Cassie, dass der Fingernagel eines Ätherkinds als Eintrittsgeld akzeptiert werden würde. Nicht gerade fein säuberlich biss sie den Nagel ihres kleinen Fingers ab und gab ihn Via.
    Sobald das Stück Nagel nicht mehr Teil ihres Körpers war, leuchtete er in grellem Grün.
    »Eintritt ist ein De-Sade-Dollar pro Nase«, krächzte der Türsteher. Er trug kein Hemd, sein Oberkörper war von der Taille an aufwärts von Verbrennungen dritten Grades bedeckt. Er sah sie aus

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