Infinity (German Edition)
Übung sowieso nicht schaden. Amanns letzte Labor-Einheit hatte eine Menge Fragezeichen bei ihr hinterlassen. Vielleicht konnte ihr Alen bei der Sache auf die Sprünge helfen. Sie schnappte sich ein Klemmbrett und einen Stift und notierte eifrig seine Ausführungen.
Klara schob den Ärmel hoch und linste nach ihrer Armbanduhr. 18:45 Uhr. Nach und nach leerte sich der Raum. Nur noch die vier Jungs arbeiteten an ihrem Projekt und diskutierten leise irgendeine Unstimmigkeit.
Lucie hämmerte immer noch auf die Tastatur ein. Manchmal flog ein leiser Fluch durch den Raum. Doch niemand nahm daran Anstoß. Plötzlich wirbelte sie mit dem Stuhl herum und streckte den Daumen in die Höhe. In ihrem Gesicht glühte ein triumphierendes Grinsen. In einem stummen Freudentanz packte Klara Alen an den Armen. Als Lucie ihr die flache Hand entgegenhielt, schlug sie ohne zu überlegen ein.
»Und? Was steckt denn nun Geheimnisvolles hinter diesem Link?« Es fiel ihr schwer, die Stimme zu dämpfen.
»Weiß noch nicht. Es lädt noch«, wisperte Lucie zurück.
Gemeinsam starrten sie gebannt auf den grauen Balken, der langsam nach rechts wanderte. Endlich war der Ladevorgang abgeschlossen. Einen Moment lang drehte sich noch die Sanduhr, dann wurde der Bildschirm hell und eine Seite öffnete sich.
»Was soll denn das sein?« Lucie zog die Augenbrauen zusammen. Enttäuschung schwang in ihrer Stimme mit. »Wirre Buchstaben und Zahlen? Das soll das große Geheimnis sein, das mich aus den Socken hauen wird?«
Klara wich Lucies Blick aus. Wenn das tatsächlich alles war, hatte sie wirklich übertrieben. Dabei hatte sie sich selbst so viel davon erwartet … Wie viel, wurde ihr erst klar, als ihr beim Anblick der sinnlosen Zeichen Tränen in die Augen stiegen.
»Und dafür hab ich mich so angestrengt?« Lucie pfefferte die Maus gegen die Tastatur. »Klara, das war echt das letzte Mal, dass du mich …«
»Beherrsch dich!« Klara riss den Kopf herum. Jetzt erst bemerkte sie, dass auch die Letzten das Labor verlassen hatten. Doch das war inzwischen ohnehin egal. Hier gab es keine Sensation, die es geheim zu halten galt. Der mysteriöse Anrufer von gestern war wohl selbst hereingelegt worden …
»Moment mal!« Lucie starrte auf den Bildschirm. Die Datei hatte sich verändert. Statt einer völlig ungeordneten Abfolge von Zahlen und Buchstaben waren Kolonnen entstanden. Zwar noch unleserlich, aber immerhin in Spalten aufgeteilt. »Wie genial ist das denn?«
»Du musst in deinem Zorn die Maus auf irgendeine Taste geworfen haben.« Alen stützte sich neben der Tastatur auf und starrte fasziniert auf den Bildschirm.
Lucie schob ihn ungeduldig zur Seite. »Lass mich mal. Da muss es noch einen zweiten Code geben. Warte …« Ihre Finger flogen über die Tasten. Wie in einem riesigen Puzzlespiel veränderten die Buchstaben, wie von geheimnisvoller Hand bewegt, ihre Positionen. Lucie murmelte vor sich hin. »Jajaja …« und »Komm schon … gut so …«. Schließlich klatschte sie in die Hände. »Das hat sich echt ein genialer Kopf ausgedacht.« Sie lehnte sich zurück und verschränkte die Finger hinter ihrem Kopf. »Aber in mir hat er seinen Meister gefunden.«
Klara musste ihr recht geben. Was ihr zum ersten Mal nicht schwerfiel. Der Buchstabensalat hatte sich in eine übersichtliche Liste verwandelt. Ganz links befand sich eine Zahlen-Buchstaben-Kombination, mit der sie immer noch nichts anzufangen wusste. Aber gleich daneben waren eindeutig Namen, Daten und Adressen zu lesen.
»Mir scheint, das Datum dient als Ordnungskriterium. Der 13.3.1989 steht an oberster Stelle. Dann steigen die Zahlen an.« Klara scrollte nach unten.
Plötzlich hielt Alen ihre Hand fest. »Warte! Geh noch mal nach oben … da ist doch …«
Jetzt sah sie es auch. »Richi!« Sie starrte auf den Monitor. Da standen sein Name, sein Geburtsdatum und die Adresse vom Studentenheim in Innsbruck, in dem er zuletzt gewohnt hatte: Richard Albrecht, 24.10.1989, Zollerstraße 3, 6020 Innsbruck.
Klara las es noch einmal laut vor, als könnte sie dann besser verstehen, was sie sah. Richis Name stand auf einer Liste, die so geheim war, dass ein Code allein nicht ausreichte, um sie vor aller Welt zu verbergen!
»Und da bin ich …« Das Zittern in Alens Stimme riss sie aus ihrer stillen Betrachtung. Alen also auch. Nur ein paar Zeilen unterhalb von Richi. 12. Dezember … Alen ist Schütze … Sie wischte sich über die Augen. Was war da nur für ein Durcheinander in ihrem
Weitere Kostenlose Bücher