Initiation

unhöflich sein, aber ich weiß nicht wovon Sie sprechen.«
    Sie presste verärgert die Lippen zusammen. »Ich spreche von dem Brief, den du an meine Tür geklebt hast. Du hättest zumindest hereinkommen und erst einmal mit mir darüber sprechen können. Wie dem auch sei, kommt das überhaupt nicht in Frage. Wir gehen wie geplant vor. Du kannst gehen.« Sie senkte den Kopf, um auf ihren Bildschirm zu sehen.
    Ich nahm all meinen Mut zusammen und wimmerte geradezu: »Welcher Brief?«
    »Dieser, du albernes Mädchen«, zischte sie und warf einen Umschlag nach mir. »Und jetzt raus! Ich habe genug von diesem Unfug.«
    Ich fing den Umschlag und rannte aus ihrem Büro. Erst als ich sicher in meinem Zimmer angekommen war, stoppte ich. Ich schloss die Tür ab und sah mir den Brief an.
    Sehr geehrte Frau Schmelder,
    ich möchte meine Beschwerde gegen die Formwandler, die mich angeblich angegriffen haben, zurückziehen. Ich habe mir das alles nur ausgedacht. Es war nur ein Streich zum Schulanfang, der ein bisschen außer Kontrolle geraten ist. Nichts passiert.
    Hochachtungsvoll
    Cordelia Hammer
    Was zum…? Ich musste nicht einmal an dem Umschlag schnüffeln, um zu wissen, wer den Brief geschrieben hatte. Der Gestank war deutlich und unverwechselbar. Dieses verdammte Adlermädchen. Die würde ich rupfen!
    Ein Klopfen an der Tür unterbrach meine befriedigende Vorstellung davon, wie ich diesem Vogel die Federn, eine nach der anderen ausriss und ihn dann grillte. Und an die Werwölfe verfütterte. Ha! »Wer ist da?«
    »Quinn.«
    Ich ging zur Tür und schloss sie auf. Quinn kam mit Faustine herein.
    »Danke, dass du Faustine für mich zurückbegleitet hast.« Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen schnellen Kuss.
    Quinn ließ sich auf mein Bett fallen. »Warum hast du abgeschlossen?«
    Ich wandte mich Faustine zu, die so aussah, als wollte sie zurück in ihr Zimmer und dann ins Bett gehen. »Faustine, ich weiß, du bist wahrscheinlich müde, aber kannst du dich noch einen Moment hinsetzen? Wir müssen reden.«
    »Das hört sich ernst an«, bemerkte Quinn, setzte sich gerade hin und betrachtete mich. »Was ist? Was wollte die Smelt?«
    Ich gab ihm den Brief, weil ich das Gefühl hatte, ihn jemandem zeigen zu müssen. In all den Jahren, die ich ihn kannte, hatte Quinn mein Vertrauen nie in irgendeiner Weise gebrochen. Ich sah ihm beim Lesen zu, währenddessen sich seine Miene nicht veränderte.
    Als er fertig war, legte er ihn zur Seite und studierte mein Gesicht. »Irgendeine Idee, wer das geschrieben hat? Wollte dich Frau Schmelder deswegen sehen? Hier, Faustine, lies selbst, damit du weißt, worüber wir reden.«
    Anders als bei Quinn, konnte man Faustines Emotionen wie in einem Buch ablesen und als sie fertig war, spiegelte ihr Gesicht totale Verwirrung.
    »Ich habe diesen Brief nicht geschrieben«, versicherte ich ihr. »Obwohl die Smelt das unglücklicherweise von mir glaubt.«
    »Warum hast du ihr nicht einfach gesagt, dass du das nicht warst?«, fragte Quinn überrascht.
    »Tja, ich hatte keine Ahnung, wovon sie gesprochen hat, als sie mich in ihrem Büro deswegen zur Rede gestellt hat. Sie war ohne Zweifel davon überzeugt, dass ich das geschrieben und dann an ihre Tür geheftet hatte. Sie hat ihn mir nur gezeigt, oder vielmehr mir
nachgeschmissen
, als ich gegangen bin. Ich hab’s tatsächlich erst gelesen, als ich wieder hier war.«
    »Tja, offensichtlich muss du wieder zu ihr und ihr das sagen«, sagte er bestimmt.
    »Ich weiß. Mach ich auch.«
    Faustine schnupperte an dem Brief. »Wisst ihr, der Geruch erinnert mich an was. Weiß aber nicht genau was.«
    »Hier, riech mal hier dran.« Ich gab ihr die Feder.
    »Woher hast du die denn?«, fragte sie.
    »Sie war in einem Umschlag, der vorhin vor meiner Tür gelegen hat.«
    »War eine Notiz dabei?«, fragte Quinn.
    »Nein, nur die Feder.«
    Faustin hielt sie sich unter die Nase und roch mit geschlossenen Augen daran. Sie riss die Augen wieder auf. »Ich glaube ich weiß, was das ist! Das ist dieser Adler. Weißt du, der uns umgestoßen hat.«
    Ich nickte. »Danke, Faustine. Deine Bestätigung, habe ich noch gebraucht. Das ist genau das, was ich glaube.«
    »Eindeutig eine Warnung«, überlegte Quinn. »Und was jetzt?«
    »Tja, selbst wenn ich meine Beschwerde gegen die anderen vier Formwandler zurückziehen wollte, kann ich es nicht. Frau Schmelder hat das glasklar gemacht. Also schätze ich, ich muss auf der Hut sein und das gefiederte Monster