Initiation
hatte sie auch keine Möglichkeit gehabt vorherzusehen, worauf ich reagieren würde, weil ich die ganzen Situationen allein mit meiner Vorstellungskraft heraufbeschworen hatte. Bei Faustine konnten wir leicht raten, was vor sich ging, einfach nur indem wir sie beobachteten. Weil wir wussten, was sie aufregte.
Bis jetzt hatten wir es nur geschafft, Faustine dabei zu helfen, sich in einen Dämonen zu verwandeln; den größten, den ich je gesehen hatte. Die meisten Dämonen nahmen bei der Verwandlung die gleiche Größe wie ihre menschliche Gestalt an. So zum Beispiel wogen meine menschliche und dämonische Form gleich viel. Das war irgendwie praktisch, andernfalls hätte ich ernsthafte Probleme mit meiner Kleidung. Faustines Größenunterschied war einzigartig.
Eine Spinne hatte ausgereicht, um bei Faustine eine Verwandlung zu initiieren. Wir hatten die Spinne in vier verschiedenen bekannten Umgebungen auftreten lassen, jedes Mal mit dem gleichen Ergebnis. Faustine fing entspannt und glücklich an, aber flippte dann total aus. Wir wussten aber nicht genau, was genau Faustine sah, wenn sie den Bildern der Spinne ausgesetzt war. Sah sie nur die Spinne oder stand die Spinne bei ihr für etwas anderes? Sah sie ein großes haariges Monster von Spinne anstelle von dem kleinen harmlosen Arachniden, den wir auf dem Bildschirm sahen? Wir würden es nie wissen, denn das war privat. Es war geschütztes Wissen, das nur Faustine haben würde, und sie würde irgendwann lernen, alleine damit klarzukommen. Natürlich würde die Academy ihr Fertigkeiten beibringen, die ihr dabei halfen, aber letztendlich lag die Beherrschung ihrer Kräfte in ihrer eigenen Hand.
Wie dem auch sei, sie würde nie den Punkt erreichen, an dem sie es lernte, wenn sie immer wieder verschwand. Also versammelten wir uns um Professor Berns Schreibtisch, um eine Lösung zu finden, wie wir sie dazu bringen konnten, für die Dauer des Tests in der Kammer zu bleiben.
Henri nahm seine Brille ab. »Mich schafft, dass sie sich an nichts erinnern kann. Es ist, als ob sie sich während ihrer Verwandlung in einem Zustand dissoziativer Amnesie befindet.«
»Hmm.« Ich stimmte nicht ganz zu. »Es ist nicht wirklich während ihrer Verwandlung… ich meine, sie scheint gar nicht zu bemerken, dass sie sich verwandelt.«
Sowohl Professor Bern als auch Henri hatten Faustine dazu wieder und wieder befragt. Und Faustine erzählte immer die gleiche Geschichte. Sie fühlte, wie ihre Finger verschmolzen, und dass ihr Körper
ganz komisch
würde.
Ich wusste, dass sie sich bewusst war, dass sie mit den Formwandlern auf dem Ball angefangen hatte zu kämpfen. Aber nachdem der Kampf angefangen hatte, war bei ihr alles weg. Sie hatte gesagt, es sei, wie in eine warme Decke eingehüllt zu werden. Und ich hatte sie nach jeder Episode eingekuschelt gefunden, genau wie sie es beschrieben hatte. In meinem Bett.
»Ja, ja. Aber was dann?« Henri schüttelte den Kopf und rollte mit den Augen. »Sie vergisst einfach, dass sie verschwindet? Tut mir leid, aber das fällt mir schwer zu glauben.«
»Du glaubst, dass sie sich das nur ausdenkt?«, fragte Professor Bern nach.
»Na ja, ja. Sagen Sie mir nicht, dass Sie nicht auch schon daran gedacht haben.«
»Habe ich. Ich habe mich gefragt, ob sie sich nicht einfach unsichtbar macht und dann abhaut. Diese Kraft ist nicht selten bei Dämonen.«
Das stimmte, und ich wünschte, ich hätte sie. Oh Mann, wie viel Spaß könnte ich damit haben. Trotzdem wirkte Faustine auf mich nicht wie jemand, der einfach abhaute… aber ich kannte ja auch nur ihre menschliche Gestalt. Wer wusste, wie ihre Dämonenpersönlichkeit war? Vielleicht war ihr dieser ganze Verwandlungsprozess zu lästig. Vielleicht erschöpfte er sie, also machte sie sich unsichtbar und suchte sich ein Bett.
»Was denkst du, Cordelia?«, fragte Professor Bern.
»Ich weiß nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie sich, sollte das der Fall sein, in einer Art dissoziativer Amnesie befinden muss, wie Henri gesagt hat. Ich glaube, dass sie es einfach zugeben würde, wenn es ihr bewusst wäre. Sie hat keinen Grund es zu leugnen.«
»Tja, für den nächsten Test bringen wir sie nach unten in die abgeschottete Kammer. Dann bleibt sie wenigstens drin, damit wir feststellen können, wie der Rest des Tests verläuft. Meine Sorge ist, wie sie darauf reagieren wird, dass sie nicht herauskommt. Ich meine, sie verwandelt sich in einen größeren Dämon, als mir je einer begegnet ist, weiß der
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