Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
Daher...« Sie erhob
sich wieder. Er zog sie sanft, aber kräftig zurück, drückte sie an sich und küßte sie. Sie
seufzte. »Ihr seid wirklich nicht fair zu mir«, sagte sie und küßte ihn.
»Ich möchte, daß wir uns besser kennenlernen«, sagte er sanft.
»Nun, den Fluch, der auf mir lastet, kennt Ihr ja bereits. Sobald ich mich aufrege...«
»Ich kenne solche Schicksalsschläge. Ich stottere nämlich furchtbar.«
Sie lachte. »Davon habe ich noch nichts bemerkt.«
»Hier in der Hölle erspart mir Satan das Stottern. Ich fürchte, das ist eine seiner
hinterhältigen Methoden, mich unter seinen Einfluß zu bekommen. Er hat mir schon eine klare
Sprache und eine Dämonin als Konkubine angeboten, doch ich ziehe es vor, mit meinen
Schwierigkeiten allein zurechtzukommen.«
»Aber wenn Euer Leiden in der Hölle aufgehoben ist, warum leide ich dann noch unter meinem
Fluch?«
»Vermutlich hat Satan nicht vor, Euch durch Annehmlichkeiten unter sein Joch zu locken.
Vielleicht will er Euch erniedrigen. Davon abgesehen macht er sich bei mir wohl nur solche Mühe,
weil ich eine Inkarnation bin.«
»Die Inkarnation des Krieges«, sagte sie. »Da verdient Ihr in seinen Augen natürlich eine
besondere Behandlung.«
Er hielt ihre Hände und sah ihr in die Augen. Sie kamen überein, die förmliche Anrede
aufzugeben.
»Als ich dich zum ersten Mal sah, wie du in den Eispalast eingedrungen bist«, sagte sie dann, »da
kamst du mir so ungeheuer tapfer und schön vor, wie ein richtiger Prinz aus dem Märchen. Leider
wußte ich, daß du in eine Falle tappen würdest, und deshalb habe ich alles versucht, dich zu
warnen. Aber du hast dich nicht abhalten lassen und bist somit in die Falle gegangen. Vielleicht
sitzt du schon längst in der zweiten Falle, denn du weigerst dich beharrlich, mich zu verlassen.
Ich weiß, diese Überlegung ist müßig, doch wenn ich frei wäre und nicht an die Hölle gebunden,
könnte ich mir vorstellen, bei dir sein zu wollen. Und ich würde mich nie an deinem Stottern
stören. Aber sag mir, du bist doch nicht nur deshalb in den Eispalast gekommen, um dir eine Frau
zu suchen, oder?«
Mym erzählte ihr alles von Orb und von Entzücken; von seinen Wünschen, eine Frau zu finden von
ähnlichem Format, und von seiner Begegnung mit der Gespielin Satans. »Lila hat eine Träne um mich
vergossen«, schloß er, »und ich kann mir nicht erklären, warum eine Dämonin eine solche Regung
zeigen sollte.«
»Weil es ihre Aufgabe war, dich zu verführen und in die Hölle zu befördern«, antwortete
Ligeia.
»Dämonen besitzen nur ein rudimentäres Gefühlsleben und können im Normalfall nur ihren Sadismus
und ihre Lust empfinden. Wenn sie sich eine menschliche Gestalt geben, nehmen sie damit ein paar
mehr Gefühle in sich auf; das müssen sie, um unter den Menschen verkehren zu können und nicht
aufzufallen. Es wäre durchaus möglich, daß Lila dich ein wenig mochte. Vielleicht hat es ihr auch
nur gefallen, der Hölle für einige Zeit entronnen zu sein. Und da war sie traurig, das Fegefeuer
wieder verlassen zu müssen. Sie ist natürlich dem Teufel absolut ergeben, doch wenn sie damit
nicht in einen Interessenkonflikt gerät, kann sie durchaus ein paar Emotionen entwickelt
haben.«
»Du weißt wirklich eine Menge über Dämonen.«
»Ich habe mit ihnen einige Erfahrungen gemacht.«
Dann erzählte sie ihm, wie sie in die Hölle gelangt war.
Ligeia war eine Prinzessin aus einem europäischen Königshaus. Als sie ins heiratsfähige Alter
kam, begann ihr Vater, einen geeigneten Bräutigam für sie zu suchen. Dazu mußte Ligeia eine Reise
durch halb Europa antreten. Der Kontinent zählte nicht mehr allzu viele Monarchien, und viele
Prinzen rebellierten gegen die altmodischen Vorstellungen, sich vom Vater eine Braut aussuchen zu
lassen.
Sie wollten ihre Frauen selbst finden. So waren die weiseren Väter dazu übergegangen, ihren
Söhnen mit etwas Nachhilfe die Braut schmackhaft zu machen (und was Ligeia jetzt erzählte,
erinnerte Mym an seine Zeit im Flitterwochen-Palast).
Doch damit war die Sache auch nicht unbedingt einfacher geworden. Die Prinzessin trat zu einer
Reise in den Mittleren Osten an. Offiziell kam sie zu einem Höflichkeitsbesuch, doch inoffiziell
sollte sie sich dem dortigen Prinzen präsentieren. Ihr Vater war voller Hoffnung, wußte er doch,
daß keine Prinzessin seiner Tochter an Schönheit gleichkam.
Auf der Reise in dieses Königreich aber kamen Terroristen an Bord des
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