Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
heiraten.
Er stand allein im Lichthof und wartete auf die Ankunft des fliegenden Teppichs, der die
Prinzessin bringen sollte. An diesem Ort gab es keine Bediensteten, denn keine fremden Gefühle
und Gedanken sollten das königliche Paar stören.
Pünktlich erschien die Prinzessin. Zuerst war es nur ein winziger Punkt über einem hohen Berg am
Horizont, aus der ein Gebilde erwuchs, das ziemlich überladen wirkte. Endlich setzte der Teppich
zur Landungsschleife an: ein breites Modell, das eine Unmenge Kissen und eine verhüllte Sänfte
trug.
Der Teppich kam sanft auf den Steinfliesen auf.
Die Sänfte öffnete sich, und die Prinzessin stieg aus.
Mym stand im Schatten einer Seitentür und betrachtete sie, diese Nemesis für seine Liebe, die ihm
bis zu diesem Moment unbekannt gewesen war.
Die Prinzessin Entzücken von Malachit aus Maharaschtra entpuppte sich erwartungsgemäß als
eine merkwürdige Frau. Sie trug ein sonderbares Gewand mit einem Gürtel, der ihr das Aussehen
eines Stundenglases verlieh, und darüber eine kitschige Schärpe aus blaßgoldener Schlingenware,
an der viel zu große Knöpfe aus geschnittenen Rubinen prangten. Das Haar hingegen strömte wie ein
schwarzblauer Fluß bis auf ihre Schultern und rahmte ihr hübsches Gesicht ein. Ihre Augen wirkten
groß und dunkel und erinnerten an Kühe, die im Tiefland weideten.
Die lächerlich winzigen Ohren klebten wie Muscheln am Haarrand. Der Mund wiederum zeigte sich als
perfekter roter Bogen, man konnte sich nicht vorstellen, daß über diese Lippen jemals ein
gebildetes Wort perlte. Aber die Brüste... wie sanfte Zwillingshügel, feste und vollkommen runde
Gebilde, und sicher so weich, wie es sich ein Mann nur wünschen konnte. Und ihre Hüften...
Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn streng an.
Zügelt Eure schamlosen Gedanken, Ihr Rohling! dachte sie empört. Habt Ihr denn
schon vergessen, wo Ihr Euch hier befindet? Das hatte er im Augenblick tatsächlich
vergessen.
Ihre Schönheit hatte ihn wie ein Blitz getroffen.
Sein Zorn über ihre Anwesenheit war verraucht, noch ehe er ihn hatte äußern können. Nun fühlte er
sich ertappt - und das ärgerte ihn.
Er spürte, wie er errötete, was ihn so erzürnte, daß sein Gesicht geradezu glühte.
Die Prinzessin lachte und freute sich darüber, ihm eins ausgewischt zu haben. Er hatte wie ein
unreifer Schuljunge seine innersten Gefühle gezeigt, während sie sich bedeckt gehalten
hatte.
Doch dann sagte sie ihm mit großem Ernst:
»Wisset, Prinz von Gudscherat, daß diese Verbindung genausowenig mein Wunsch ist wie der Eure.«
An diesem Ort, an dem nichts geheimgehalten werden konnte, spürte Mym auch ihren nur mühsam
gezügelten Ärger. »Ich liebe einen anderen und werde immer nur ihn lieben. Wäre da nicht der
Wille meines Vaters, wäre ich in diesem Augenblick bei diesem Mann und würde ihn nie wieder
verlassen. Ihr seid nichts als ein Hindernis für mich, und so wollen wir diese verwünschte Fügung
über uns ergehen lassen, bis ein Monat vergangen ist. Dies wird uns jedoch nur möglich sein, wenn
Ihr Euren Körper und Eure Gedanken von mir fernhaltet.«
Mym konnte zuerst gar nicht glauben, was er da gehört hatte. »Ihr seid gegen diese Verlobung?«
sang er. »Das hätte ich vorher wissen sollen.«
»Es gibt sicher so manches, was Ihr nicht wißt, Prinz der verknoteten Zunge. Und Ihr solltet Euch
lieber daran machen, eine Menge zu lernen, auch wenn das meiste davon nie in Euren Schädel will.
Nun tretet endlich aus dem Schatten, damit ich das Gesicht meines Feindes sehen kann.«
Von neuem in Verlegenheit gesetzt, trat der Prinz ins Licht.
Der Kerl sieht ja gar nicht so schlecht aus, verwunderte sich die Prinzessin in
Gedanken.
Das ist doch wohl nebensächlich, antwortete Mym in Gedanken, und nun war es an ihr, zu
erröten.
Er hatte sie genauso ertappt, wie sie zuvor ihn.
Nehmt Euch die Gemächer, die Euch geeignet erscheinen, dachte er rasch, um zu
verbergen, was ihm sonst noch durch den Kopf ging. Ich suche mir dann etwas am anderen
Ende des Palasts.
In diesem Palast gibt es keinen Ort, an dem wir unsere Gedanken voreinander verbergen
können, antwortete sie. Daher müssen wir uns in gedanklicher Selbstdisziplin
üben. Auf diese Weise müßten wir zurechtkommen, stimmte er grimmig zu.
So bezogen sie also so weit wie möglich voneinander entfernt ihre Gemächer. Doch in ihren Suiten
gab es weder Wasser noch Nahrung. Wenn sie etwas zu sich nehmen wollten, konnten sie das nur
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