Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
und beraten
mit unseren Vätern, ob es einen Ausweg aus dieser Situation gibt, bei dem keine Seite ihr Gesicht
verliert.«
Mym sah ein, daß Entzückens Vorschlag vernünftig war. Sie kehrten nach Ahmedabad zurück und
trugen dem Radschah von Gudscherat die neue Lage vor.
»Eine Verbindung mit Radschastan?« entfuhr es ihm. »Aber das wäre ja wunderbar! Ich beuge mich
gern der Weisheit des dortigen Radschahs.«
»Aber ich soll Entzücken heiraten!« empörte sich der Prinz.
»Mach dir darüber keine Gedanken. Ich hebe hiermit deine Verlobung mit Entzücken auf. Sie ist
jetzt frei für den Prinzen von Radschastan.«
»Aber ich will Entzücken heiraten!« erklärte Mym.
Der Radschah sah ihn streng an. »Seit wann hat der Wille eines Prinzen etwas damit zu tun?«
stellte er fest.
»Als ich mich weigerte, Entzücken zu nehmen, schicktet Ihr mich zusammen mit ihr in diesen
Zauber-Palast!«
»Dann gehst du eben wieder dorthin, doch diesmal mit der Prinzessin von Radschastan. Die
Verbindung mit unserem östlichen Nachbarn erscheint mir besser als die mit Maharaschtra.«
Mym erkannte, daß es sinnlos war, in dieser Frage weiter mit seinem Vater zu reden. Der hatte
seine Entscheidung schon gefällt. Mym kochte vor Zorn, als er sich zurückzog.
Ein Bote wurde zu Entzückens Vater gesandt. Der Radschab, von Maharaschtra reagierte nicht so wie
Myms Vater. »Wir haben lange und ausgiebig über die Mitgift verhandelt! Jetzt ist es zu spät, die
Verlobung zu lösen! Die Hochzeit findet statt!«
Doch Myms Vater blieb ebenso unerbittlich. Er hatte sich für die neue Verlobung entschieden, und
dabei blieb es. Mym wurde bald wieder in seinem Palast festgesetzt und Entzücken nach Hause
geschickt.
Der Radschah von Maharaschtra war so wütend über diese ungehörige Zurückweisung, daß er
Gudscherat den Krieg erklärte.
Mym, der nun allein war, wenn man von den Wächtern, Bediensteten und Konkubinen in seinem Palast
absah, lief zornig durch seine Gemächer.
Seine ohnmächtige Wut schwebte wie eine schwarze Wolke vor ihm her. Er weigerte sich mit aller
Kraft, um Entzücken betrogen zu werden, aber in seiner Not fiel ihm kein Ausweg ein, mit dem er
wieder mit ihr zusammenkommen könnte.
Sicher, sein Vater mochte sterben oder dem Altersschwachsinn verfallen, doch darauf durfte Mym
nicht bauen. Solange sein Vater auf dem Thron saß, geschah sein Wille. In viel zu kurzer Frist
würde er sich im Flitterwochen-Palast wiederfinden, um sich an eine neue Prinzessin zu gewöhnen.
Und wenn es ihm diesmal gelingen sollte, ihren Reizen nicht zu erliegen und den Fallen des
Palastes zu entkommen, so würde ihm das doch nichts nützen, denn sein Vater würde ihn auch so mit
der Dame aus Radschastan vermählen.
Mym stand vor einem großen Fenster, durch das man auf den Palasteingang blicken konnte.
Wächter marschierten dort auf und ab und stellten sicher, daß niemand ohne besondere Erlaubnis
hereinkam. Mym biß sich auf die Zunge.
Sein Körper bebte erwartungsvoll, als er im Mund das Blut schmeckte. Er wollte sich nicht länger
an diesem Ort gefangenhalten lassen!
Doch während er sich in einen Berserker verwandelte, geschah etwas Merkwürdiges.
Draußen näherte sich vom Nachthimmel ein leuchtender Gegenstand.
Der Prinz starrte darauf und erkannte ihn schließlich: ein großes, rotes Schwert mit einer Klinge
aus leuchtendem Stahl, das anscheinend aus eigener Kraft heranschwebte. Mym ahnte, daß nichts
dieser scharfen Klinge widerstehen konnte.
Offenbar handelte es sich um ein Zauberschwert.
Doch der Zorn wütete noch in ihm. Er wollte sich nicht länger von dieser Erscheinung ablenken
lassen und wandte sich ab.
Das rote Schwert kam in den Palast. Es fuhr durch das Glas der Fensterscheibe, ohne es zu
zerstören oder sich von ihm aufhalten zu lassen.
Mym fuhr herum und war bereit, gegen alles anzukämpfen, was sich ihm jetzt in den Weg stellen
wollte, sei es nun menschlich oder übernatürlich. Roter Schaum stand ihm vor dem Mund.
Das Schwert kam unmittelbar vor ihm zum Stehen. Sein Leuchten wurde stärker. Es forderte ihn
heraus!
»Verdammt sollst du sein!« rief der Prinz und spuckte blutigen Speichel aus. Er streckte
blitzschnell eine Hand aus und ergriff den Knauf des Schwertes.
Das Leuchten der Klinge wurde noch intensiver.
Der Schein umhüllte Mym und erhellte den ganzen Raum. Und im Verein damit kam ein weitaus
stärkeres inneres Glühen, das Mym sich seiner selbst stärker bewußt werden ließ als je zuvor. Er
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