Inkarnationen 05 - Sing ein Lied fuer Satan - V3
über meine Warnung nach. Vielleicht kannst du dann ja seinen Fallen entgehen.«
Orb bezwang ihren Zorn und fragte: »Wie kann ich die Fallen denn erkennen, um ihnen zu
entgehen?«
»Ich wünschte, ich könnte dir da einen Rat geben. Niemand kennt die Schliche des Teufels. Wir
wissen nur, daß er Schurkereien plant und keinerlei Skrupel kennt. Ich muß nun fort, Tochter,
aber ich will Gäa zu dir schicken. Hör ihr bitte gut zu, Orb.«
Dann verwandelte sich Niobe in die Spinne zurück und kletterte an dem Faden zum Himmel
hinauf.
Orb spazierte besorgt weiter. Ihr Kopf war voller schlimmer Gedanken. Konnte Satan denn wirklich
das Llano gegen sie einsetzen? Natürlich hatte sie selbst erfahren, welche Macht dieses Lied über
andere ausüben konnte. Wie durfte sie da hoffen, gegen diese Kräfte immun zu sein? Außerdem würde
die Mutter ihr niemals etwas Falsches anraten. Also mußte sie von nun an mit großer Besonnenheit
vorgehen und die Augen und Ohren offenhalten, um etwaige Fallen sofort zu erkennen.
Ein Nebel bildete sich vor ihr. Daraus schälte sich eine Frauengestalt. »Man nennt mich Gäa«,
stellte sie sich vor.
Niobe hatte Wort gehalten, aber Orb hätte nicht erwartet, daß die Inkarnation der Natur so rasch
vor ihr auftauchen würde. Sie hatte noch nie eine Inkarnation kennengelernt, und an diesem Tag
begegnete sie gleich zweien von ihnen. »Mutter sagte schon, daß...«
»Ich bin gekommen, Euch ein paar Ratschläge für den Umgang mit Satans Ränken zu geben«, erklärte
Natur. »Und dazu bin ich fest entschlossen, denn keiner von uns kann es gutheißen, wenn die
Prophezeiung sich erfüllen und Satan Euer Gemahl werden würde. Falls der Böse wirklich das Llano
gegen Euch gebrauchen will, und Lachesis ist davon fest überzeugt, besteht Eure einzige Abwehr
darin, seinen Aspekt des Liedes mit einem anderen unwirksam zu machen. Jeder Teil des Llanos hat
sein Gegenstück. Ihr müßt beide allerdings noch finden.«
»Dann kennt Ihr das Gegenstück also nicht?« fragte Orb traurig.
»Mein Kind, ich kenne das Gegenstück, doch ich weiß nicht, ob es Euch nutzen würde, wenn ich es
Euch verriete. Ich will tun, was ich kann, aber leider steht dem ein großes Risiko im
Wege.«
»Was zählt denn schon ein Risiko, wenn damit eine Falle des Teufels zunichte gemacht werden
kann?«
»Das Llano ist kein Kinderspiel, Mädchen! Wenn man das Llano einsetzt, spielt man mit einem
Feuer, das gewaltigen Schaden anrichten kann. Nur Satan braucht sich davor nicht zu fürchten,
denn er ist bereits verdammt. Aber Ihr...« Sie schüttelte traurig den Kopf.
»Aber wenn ich auf die Hilfe des Llanos verzichte, gebe ich damit meine letzte Waffe aus der Hand
und muß die Braut des Teufels werden!« Orb war den Tränen nahe.
»Ihr könntet dem Wahnsinn anheimfallen«, entgegnete Gäa hart. »Dann könnte Satan mit Euch alles
tun und lassen, wie es ihm gefällt. Und nach einer Weile wärt Ihr ihm langweilig geworden. Er
würde Euch irgendwo einsperren und vergessen. Dazu müßtet Ihr nicht einmal verdammt sein. Sobald
die Prophezeiung sich erfüllt hat, braucht Satan Euch ohnehin nicht mehr. Wenn Ihr nun das
Gegenlied heraufbeschwört und dabei einen kleinen Fehler macht, fände der Wahnsinn kein Ende
mehr.«
»Wollt Ihr etwa vorschlagen, ich soll mich dem Höllenfürsten unterwerfen und hingeben?« fragte
Orb entsetzt.
»Natürlich nicht! Ich will Euch nur auf die Gefahr hinweisen, die Euer Werkzeug gegen den Teufel
mit sich bringt. Erst wenn Ihr Euch das wirklich klargemacht habt, könnt ihr die richtige
Entscheidung treffen.«
Orb dachte angewidert daran, die Liebessklavin von Satan werden zu müssen. »Dieses Risiko will
ich wagen! Also, wie kann ich ihm begegnen?«
»Satan wird Euch wahrscheinlich den Teil des Llanos vorsingen, der den Willen lahmt. Dieser
Aspekt ist eigentlich der einzige des Liedes, den er hundertprozentig beherrscht. Für ihn war es
als Meister der Lüge gar nicht so einfach, in Kenntnis des Llanos zu kommen. Ihr müßt ihm, sobald
er sein Lied beginnt, mit dem Konteraspekt antworten. Und davon kann ich Euch ein kleines Stück
beibringen.«
»Warum nur ein Stück?«
»Weil es sich dabei um ein Duett handelt. Satan vermag als Inkarnation beide Teile zu singen. Ihr
als Sterbliche jedoch nur einen davon. Ich kann Euch den einen Teil beibringen, den anderen müßt
Ihr von einem anderen hören.«
»Es gibt noch einen anderen Sterblichen, der das Llano kennt?« fragte Orb verblüfft
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