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Inkubus

Inkubus

Titel: Inkubus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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gerne zu. Den besonderen Kindern. In manchen Augen las er Geschichten, die seiner ähnelten. Die Schubladen dieser Kinder waren leer, sie hatten weder kleine noch große Schätze zu hüten, dort gab es nichts Persönliches, nichts Privates.
    Hinter ihm raschelte etwas.
    »Passen Sie auf, Schwester«, sagte er. »Der Boden ist noch feucht. Passen Sie auf, dass Sie nicht ausrutschen.«
    Die Ordensschwester ging langsamer. »Ich hasse den Geruch von Bleichmittel«, sagte sie.
    »Ich liebe ihn«, entgegnete Luz.
    »Ach, du Glückliche«, sagte die Schwester und ging an ihm vorbei. Dann blieb sie stehen und betrachtete ihn. »Hast du einen Freund?«, fragte sie ihn.
    Luz schaute zu Boden. Es gefiel ihm, manchmal auch mit den Schwestern sein Spiel zu treiben. »Vielleicht …«, sagte er.
    »Was meinst du mit vielleicht , meine Liebe?«, fragte die Schwester und kam etwas näher.
    »Vielleicht habe ich einen Mann gesehen, der mir gefällt.«
    »Pass nur auf«, ermahnte ihn die Schwester. »Sieht er gut aus?«
    »Für mich ja.«
    »Und gefällst du ihm auch?«
    »Ich glaube schon.«
    Die Schwester kam noch näher. »Woher weißt du das? Ihr habt doch hoffentlich nichts Sündiges getan …«
    »Nein, das nicht.«
    »Vergiss nicht, bei einem Mann zählt nicht nur, ob er gut aussieht.«
    »Ja …«
    »Es gibt wichtigere Dinge.«
    »Ja …«
    »Das gilt natürlich auch für eine Frau. Obwohl Männer zuerst auf das Aussehen achten. Schönheit kann jedoch schnell in den Schmutz gezogen werden …«
    »Ja …«
    »Jedenfalls …«, sagte die Schwester und senkte ihre Stimme zu einem Flüstern ab, »kommt nächste Woche eine Altkleiderspende aus der Gemeinde … vielleicht ist ja etwas dabei, was dir passt, obwohl du ja ziemlich groß bist … Schönheit ist nicht alles, vergiss das nicht. Aber wenn du zu mir in die Bügelkammer kommst, finden wir vielleicht etwas Nettes für dich … ein Kleidchen, mit dem du ein wenig hübscher aussiehst … wenn du mit diesem Herrn vielleicht einmal ausgehst …«
    »Danke, Schwester.«
    Im Schlafsaal schrillte die Glocke.
    »Sie kommen. Dann verschwinde ich lieber«, sagte die Schwester und wandte sich zum Gehen. »Wenn zu der Bleiche noch Schweißgeruch kommt, dreht sich mir der Magen um. Ciao, meine Liebe. Ich erwarte dich dann.«
    »Ich werde kommen«, sagte Luz und sah wieder aus dem Fenster.
    Als die kleinsten Kinder im Hof die Glocke hörten, liefen sie sofort zum Bogengang, wo sie sich ordentlich in Zweierreihen aufstellten. An der Spitze des Zuges stand eine junge Schwester, die lachend in die Hände klatschte, um sie zur Ordnung zu rufen. Die Größeren, die die Altersobergrenze von dreizehn Jahren schon fast erreicht hatten, traten noch einmal gegen den Fußball, bevor sie sich betont lässig den Reihen anschlossen. Nun drehte sich die junge Schwester nach vorne und ging ihnen voran durch den Bogengang. In der inneren Eingangstür des Waisenheims standen schon zwei etwas mürrische Schwestern – die eine klein und schlank, die andere groß und grobknochig – und erwarteten die Prozession. Die kleine Schwester klatschte dreimal in die Hände, bevor sie das Gebäude betrat und schließlich nach rechts einbog, während eine Reihe der Kinder hinter ihr hertrottete. Die anderen Kinder folgten der großen, hageren Schwester, die sich eher schleppend, ohne in die Hände zu klatschen, nach links wandte. Am Ende dieser Reihe warf ein braunhaariger Junge, dem eine große weiche Locke frech in die Stirn fiel, einen schnellen Blick hinauf zu dem Fenster, hinter dem ihn Luz beobachtete. Er würde bald dreizehn werden.
    Vom anderen Ende des Flurs her roch es penetrant säuerlich nach Gemüsesuppe. Jetzt verstummte auch der aufdringliche Ton der Glocke.
    Luz strich den grauen Kittel glatt und nahm das Tuch ab, mit dem er sich die Haare zusammengebunden hatte. Die blonden Locken der Perücke fielen ihm weich auf die Schultern. Dann ging er zum Bett Nummer 17-B, wo er seinen Putzlumpen, den Eimer mit dem Bleichmittel und den Mopp stehen gelassen hatte.
    Als die Kinder schwatzend in den Schlafsaal kamen, kniete Luz neben dem Nachtschränkchen von Bett Nummer 17-B und wischte mit dem Lumpen den Boden.
    »Ciao«, sagte der braunhaarige Junge und ließ sich schwer auf sein Bett fallen, Nummer 17-B.
    Luz wandte sich lächelnd zu ihm um. »Ciao«, antwortete er ihm.
    »Signorina, sind Sie fertig?«, fragte die große, hagere Schwester von der Tür aus. Ihre Stimme klang tief und träge. »Es ist Zeit für

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