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Ins Eis: Roman (German Edition)

Ins Eis: Roman (German Edition)

Titel: Ins Eis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Nieberg
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wissen.
    »Und den Scootern?«, fügte Peter hinzu.
    »Darüber müsst ihr euch keine Gedanken machen. Ihr werdet jetzt erst einmal zum Hotel gebracht.« Oda richtete den Blick an ihnen vorbei auf die Wand. »Wir haben in Longyearbyen keinen Psychologen, aber wir können den Gemeindepfarrer bitten, nach euch zu sehen. Im Krankenhaus sind sie informiert, dass Fredrik und Monika dort hingebracht werden.«
    »Und Erland? Was ist mit Erland?«
    »Das ist Sache der Polizei.« Abrupt drehte Oda sich um und eilte zurück nach oben, die Treppe empor.
    Um halb zehn landete der Helikopter.
    Jonas bestaunte das Spektakel zusammen mit seiner Mutter von der Mitte des Schiffes aus, wo er auf eine Kiste krabbelte, um besser über die eisverkrustete Reling blicken zu können. Tim hatte sich zu Kirsten und Jonas gesellt. Mit offener Jacke, die Hände in den Taschen vergraben, wippte er unruhig auf den Füßen. Er finde seine restlichen Zigaretten nicht mehr, murmelte er, Kirsten die Vermutung überlassend, dass seine letzte Packung wohl in einem wasserdichten Beutel neben Erlands Leiche im Camp lag.
    Der Super Puma näherte sich von Westen über den Fjord. Ein dröhnender, tief fliegender Rettungsraubvogel mit schwarzer Schnauze und glänzenden Fensteraugen. Weißes Metall unter schwarzen Rotoren, mit roten und dunkelblauen Streifen auf der Seite und am Heck. »Sysselmann« stand unterhalb der Fenster geschrieben.
    Es sei die zivile Variante eines von Eurocopter gebauten Hubschraubers, erklärte Tim Kirsten und Jonas über den Lärm der Rotoren hinweg, ein letztes Mal ganz Reiseleiter. Seine Reichweite prädestiniere den Super Puma für den Einsatz im Offshore-Bereich; Enteisungstechnik erlaube das Fliegen selbst unter widrigsten Umständen. Abgesehen vom Super Puma verfügte der Gouverneur von Svalbard noch über einen weiteren kleineren Helikopter mit geringerer Reichweite. Beide zählten sie zu den am besten ausgestatteten Rettungshubschraubern Norwegens. Tim hielt inne, als sei ihm plötzlich bewusst geworden, wie unpassend seine Erläuterungen wirken mochten. Als ob sich ihrer aller Rollen nicht schrecklich verändert hatten. Doch Jonas’ Wissbegierde hatte als Einzige noch keinen Schaden genommen und drängte ihn, mehr zu erzählen.
    Der Super Puma hatte die »Noorderlicht« erreicht und flog jetzt in einem Abstand von unter hundert Metern über sie hinweg, so dass die Neonpfeile auf seiner Unterseite zu erkennen waren. Jonas legte den Kopf weit in den Nacken, weshalb Tim und Kirsten gleichzeitig nach ihm griffen, um zu verhindern, dass er rückwärts von der Kiste fiel.
    Der Super Puma drehte nach links in Richtung Fjordufer, wurde langsamer und sank tiefer. Jonas winkte wild, obwohl auf die Entfernung hinter den dunklen Scheiben nichts zu erkennen war. Beim Landen wirbelte Schnee auf, elegante hohe Schlieren wie feiner Staub. Die Rotoren dröhnten noch eine Zeit lang, dann schaltete der Pilot den Motor ab, das Drehen der Blätter verebbte. Die Seitentür des Helikopters glitt nach hinten, der Super Puma spuckte seine Last aus: sechs Gestalten, drei von ihnen in einheitlich dunkelblaue pelzbesäumte Jacken und dunkle Hosen gekleidet. Eine davon war der Gouverneur persönlich. Zwei weitere entpuppten sich beim Näherkommen als Odas Mitarbeiterinnen; Kirsten hatte sie flüchtig in der Agentur kennengelernt.
    »Holt am besten gleich eure Sachen«, sagte Tim, »und sagt den anderen Bescheid.«
    Die letzte Ermahnung war unnötig, denn der Rest trat gerade an Deck. Peter führte Monika am Arm, unterstützt von Ingrid. Jonas warf sich seiner Tante ans Bein und rief: »Hast du den Hubschrauber gesehen? Er ist ganz dicht an uns vorbeigeflogen! Und jetzt fliegen wir mit ihm!«
    Monikas Finger zausten die Haarspitzen, die unter seiner Mütze hervorlugten. Ihre Augen waren verquollen, die erfrorenen Stellen auf ihren Wangen von einem Tuch bedeckt. Sie lief schwerfällig. »Das ist fein, Jonas«, murmelte sie, und trotz des Tuchs vor ihrem Gesicht erahnte Kirsten ein zittriges Lächeln.
    »Ist Tante Monika krank?«, fragte Jonas besorgt, als sie zu ihrer Kabine gingen, um ihre Taschen zu holen.
    »Ja, sie ist krank. Sie war zu lange in der Kälte, weißt du? Da hat sie sich Erfrierungen geholt.«
    »So wie du?«
    »Viel schlimmer.«
    »Kann ich im Hubschrauber neben ihr sitzen?«
    »Sicher kannst du das.«
    »Aber am Fenster!«
    »Natürlich am Fenster, mein Schatz.«
    Kirsten hatte Angst gehabt, der Hubschrauber würde nicht nur sie

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