Insel der Sehnsucht, Insel des Gluecks
Fenster.
Zögernd ging Chloe darauf zu. Jetzt, da sie sich in dem Arbeitszimmer befand, scheute sie plötzlich davor zurück, in Leons Privatsachen zu stöbern. Aber was sollte sie ohne ihren Pass anfangen? Also zwang sie sich, diese Vorbehalte zu ignorieren, und öffnete die erste Schublade zu ihrer Rechten. Sie enthielt einige Aktenmappen und Papiere, alle ordentlich gestapelt und sortiert. Chloe blätterte sie flüchtig durch, wobei sie erneut Gewissensbisse plagten.
In der zweiten Schublade befanden sich lediglich ein Terminkalender und ein Adressbuch. Wie viel Zeit blieb ihr wohl, bis die anderen ins Haus zurückkehren würden? Chloe klopfte das Herz bis zum Hals, und sie spürte, wie ihr der Angstschweiß ausbrach, als sie sich nervös der anderen Seite des Schreibtisches zuwandte. Die oberste Schublade war verschlossen. Vergeblich zerrte Chloe am Griff. "Ich hätte es wissen müssen!" flüsterte sie frustriert.
"Ja, allerdings, das hättest du. Genauso wie ich es hätte wissen müssen, dass dein Unwohlsein nur geheuchelt war. Und tatsächlich habe ich es auch gewusst." Leon war unbemerkt auf der Türschwelle erschienen und zog nun lässig einen Schlüssel aus der Tasche. "Suchst du vielleicht den?" Mit wenigen Schritten war er am Schreibtisch, schloss die Schublade auf und holte Chloes Pass heraus.
"Gib ihn mir, bitte", bat sie heiser.
"Erst wenn du mir einen Sohn geschenkt hast", antwortete Leon unbeirrt. "Ein fairer Handel, meinst du nicht? Deine Freiheit gegen mein Kind ..."
"Wohl eher unser Kind!" platzte Chloe heraus. "Leon, du kannst das nicht von mir verlangen. Es ist unmenschlich! Wie kannst du von mir erwarten, dass ich neun Monate dein Kind austrage, es dir dann seelenruhig übergebe und für immer aus seinem Leben verschwinde? Selbst Frauen, die dafür bezahlt werden, machen immer wieder einen Rückzieher. Mutterliebe ist ein so starkes Gefühl, ich glaube nicht..."
"Was? Dass sie mit deiner Freiheit hoch genug bezahlt ist?"
ergänzte Leon spöttisch. "An was hattest du denn noch gedacht?
Geld? Schmuck?"
"Du Schuft!" Ehe Chloe begriff, was sie tat, hatte sie ihm eine schallende Ohrfeige versetzt. Entsetzt über sich selbst, blickte sie mit großen Augen zu ihm auf.
Doch Leon wirkte erstaunlich unbeeindruckt. "Bist du jetzt zufrieden? Fühlst du dich nach diesem theatralischen Wutausbruch besser?"
"Ich werde mich erst besser fühlen", erwiderte Chloe verbittert, "wenn ich von dir und dieser Insel fort bin."
"Das wird geschehen ... sobald du mir meinen Sohn gegeben hast", antwortete Leon ungerührt.
"Niemals!"
Der Fehdehandschuh war geworfen. Chloe stand reglos da und sah Leon herausfordernd an. Ihr Haar umschmeichelte wie ein seidiger silberner Schleier ihre schmalen Schultern, aus den ausdrucksvollen Augen sprach ihre Angst.
Jeder andere Mann hätte sich vielleicht von diesem Anblick rühren lassen. Nicht so Leon. Mit einem spöttischen Lächeln ließ er eine Hand durch ihr schimmerndes Haar gleiten und bannte sie mit seinem Blick. Dann zog er sie zu sich heran und küsste sie wild und zornig auf den Mund. Heiße Empörung wallte in Chloe hoch und ve rlieh ihr die Kraft, sich starr und reglos zu halten und seinem Kuss nicht nachzugeben.
Doch sie musste feststellen, dass sie Leon nicht gewachsen war. Schließlich, als wäre er ihres Widerstands müde, zwang er ihre Lippen gewaltsam auseinander und nahm sich, was sie ihm nicht freiwillig gewähren wollte. Und als er dann eine Hand in den Ausschnitt ihres Kleides gleiten ließ und ihre Brüste umfasste, war es mit ihrer Selbstbeherrschung vorbei. Stöhnend schmiegte sie sich an ihn.
"Du willst mich, Chloe. Versuc h nicht, es zu leugnen", flüsterte Leon wie aus weiter Ferne. "Hör auf, es dir unnötig schwer zu machen. Es gibt keinen Grund, sich seines Verlangens zu schämen. Du begehrst mich, und ich begehre dich
..."
Das brachte Chloe auf den Boden der Wirklichkeit zurück.
Sie nutzte aus, dass Leon seinen Griff gelockert hatte, und stieß ihn fort. "Ich bin kein romantischer Teenager mehr, Leon", sagte sie scharf. "Derartig oberflächliche Argumente mögen damals bei mir gewirkt haben, aber das ist vorbei. Dir mag Verlangen genügen - mir nicht!"
Sie wollte fort, doch Leon hielt sie zurück, wobei er angestrengt in den Garten spähte. "Die anderen kommen ins Haus zurück", stellte er fest. "Marisa scheint sich nicht sehr gut mit Nikos zu verstehen."
"Überrascht dich das?" fragte Chloe frostig. "Madame Kriticos ist nicht
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