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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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werden. Für hier ist sie genau eingestellt, von mir persönlich.«
    Mr Zachariah Partridge genoss seine Rede sichtlich, doch schien er kein boshafter Mensch zu sein. »Ihr fragt euch vielleicht, warum gerade diese Stelle? Weil, Kameraden, das Königliche Zeughaus da drüben die gesamte Armee mit Nachschub versorgt und es bei weitem nicht genug Anlegestellen für die Transportschiffe gibt. Eure Verbrecherkollegen am Ufer bauen die neuen Kais. Sie legen dafür den Sumpf trocken. Wir Baggerarbeiter versorgen sie mit Sand, den sie natürlich mit Steinen, Kies und Kalk mischen müssen, sonst würde alles wieder im Fluss landen.«
    »Danke für die Erläuterung, Mr Partridge«, sagte Richard.
    »Die meisten erklären nie was, oder?« Mr Partridge zeigte wieder auf den riesigen Geldbeutel. »Der Eimer taucht an meinem Ende ins Wasser ein und kommt am anderen Ende, wo der Davit unten ist, wieder hoch. Wenn ihr eure Arbeit richtig macht, enthält er dann fünfundzwanzig Kilo Schlamm und Unrat - grässlich, was da zum Teil hochkommt! Der Schleppkahn hier fasst siebenundzwanzig Tonnen Ballast, wie wir Baggerarbeiter sagen. Ihr müsst also tausendeinhundert Eimer raufholen, um ihn zu füllen. Da es Winter ist, werdet ihr sechs Stunden arbeiten - zwei Stunden gehen durch das Bringen und Abholen verloren. Ein guter Arbeitstag
bringt mir zwanzig Eimer, also eine halbe Tonne. Wenn man die Sonntage abzieht« - er ist gebildet und kann rechnen, dachte Richard - »und einen weiteren Tag pro Woche wegen schlechten Wetters einkalkuliert, zumindest in dieser Jahreszeit, müsstet ihr den Kahn in etwa zehn Wochen voll haben. Wenn er voll ist, wird er zum Ufer geschleppt, wo ihr die Ladung löscht. Dann wird er an eine andere Stelle gezogen und ihr fangt wieder von vorne an.«
    Er liebt Fakten und Zahlen. Er ist Methodist, ein Anhänger John Wesleys, er kommt nicht aus London und er hat Freude an seiner Arbeit - vor allem, weil er keinen Finger krumm machen muss. Wie können wir seine Zuneigung gewinnen oder, sollte das nicht gelingen, wenigstens seine Anerkennung? Schaffen wir das Arbeitspensum, das er von uns erwartet? Wenn nicht, wird er uns das womöglich spüren lassen. Aber er ist kein Unmensch.
    »Dürfen wir mit Ihnen reden, Mr Partridge? Dürfen wir zum Beispiel Fragen stellen?«
    »Gebt mir, was ich von euch verlange, Morgan, und ihr habt von mir nichts zu befürchten. Das heißt aber nicht, dass ich euch mit Samthandschuhen anfasse. Ich könnte dir mit diesem Knüppel den Arm brechen, doch will ich das nicht, aus einem guten Grund. Mr Campbell soll eine gute Meinung vor mir haben, und dazu muss ich Ballast produzieren. Ich habe den neuen Bagger bekommen, weil mein Kahn immer am meisten Ballast produziert hat. Wenn ihr mir helft, helfe ich euch vielleicht auch.« Mr Partridge stand auf. »Jetzt erkläre ich euch, was ihr zu tun habt und wie ihr es tut.«
    Es dauerte eine ganze Woche, bis sich die Häftlinge an die Arbeit gewöhnt hatten. In dieser Zeit sah Mr Partridge nicht einmal annähernd die erhoffte halbe Tonne pro Tag. Er rechnete mit einem Eimer alle zwanzig Minuten, die neue Mannschaft benötigte dazu eine Stunde. Doch Mr Partridge sagte und tat nichts. Er saß nur auf seinem Stuhl und zog an seiner Pfeife. Neben seinen Füßen stand ein Krug Rum. Entweder er betrachtete nachdenklich seine schuftende Mannschaft oder der rege Verkehr auf dem großen Fluss beanspruchte seine Aufmerksamkeit. Ein Beiboot war mit einer Fangleine am Kahn befestigt, was vielleicht bedeutete, dass
Mr Partridge am Ende des Tages selbst ans Ufer ruderte. Allerdings schien er zumindest einige Nächte an Bord zu verbringen, denn er kaufte von zwei der zahlreichen Proviantboote, die mit ihrer Ware den Fluss befuhren, Holz für seinen Ofen und Vorräte für seine Speisekammer. Rum und Ale stammten von einem dritten Proviantboot.
    Es gab diverse Kniffe und Tricks, wie die Mannschaft im Verlauf der Arbeit feststellte. Der Eimer neigte dazu, vom Grund des Flusses abzuheben, und musste mit einer Stange drunten gehalten werden. Diese wiederum musste genau an der richtigen Stelle ansetzen, was viel Fingerspitzengefühl erforderte, da im Wasser wegen des aufgewühlten Schlamms nichts zu sehen war. Drei Männer arbeiteten am Davit, mit dem der Eimer über den Boden gezogen wurde, ein Mann an dem Seil, mit dem der Eimer zuletzt geleert wurde, einer an der Winde, um die die Kette lief, und einer an der Stange, die den Eimer unten hielt. Für den Davit mussten

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