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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Backbordseite wieder herunter.
    Vor Dring und dem über ihm liegenden Issac Rogers blieb er abermals stehen, blickte zu Boden, winkte einem der Seesoldaten und befahl ihm, die Nachttöpfe hervorzuziehen. Sie waren geleert und ausgespült. Sein Blick fiel auf Ike, der zitterte, obwohl sein Kopf in Joey Longs Schoß lag.
    »Dieser Mann ist krank«, sagte er mehr zu Johnstone als zum Doktor. »Lassen Sie ihn zu den anderen bringen.«
    »Mit Verlaub, Sir«, sagte Richard, vor Schreck jede Vorsicht vergessend. »Es ist nicht so, wie Sie denken. Hier bei uns hat sich niemand angesteckt. Er ist nur halb tot vor Seekrankheit, das ist alles.«
    Auf dem Gesicht des Majors mischten sich Entsetzen und Mitgefühl. Er ergriff Ikes Hand und drückte sie. »Ich weiß aus eigener Erfahrung, was du durchmachst. Da hilft nur eins: Schiffszwieback und Wasser.«
    Ein Major der Marineinfanterie, der unter Seekrankheit litt!
    Die hellgrauen Augen ruhten kurz auf Richard, wanderten weiter zu seinen Gefährten in den letzten beiden oberen Kojen, registrierten die kurz geschorenen Haare, die feuchten Kleider und Lappen auf den Leinen, die zwischen den Balken gespannt waren,
die frisch rasierten Gesichter, die ihn mit einem gewissen Stolz anblickten, der nichts mit Aufsässigkeit zu tun hatte. »Bei euch ist alles sehr sauber«, sagte er und zupfte an der Matte. »Wirklich, sehr ordentlich.«
    Niemand antwortete.
    Major Ross drehte sich um und stieg unterhalb der Luke, durch die ein frischer Luftzug hereinwehte, auf die Bank. Er hatte keinerlei Ekel vor den übel riechenden Dünsten gezeigt, die durch das Gefängnis waberten, doch da oben fühlte er sich sichtlich wohler.
    »Ich bin Major Robert Ross«, rief er mit Kasernenhofstimme, »Kommandeur der Marineinfanterie bei dieser Expedition und Vizegouverneur von Neusüdwales. Ich gebiete über euch und euer Leben. Gouverneur Phillip hat sich um andere Angelegenheiten zu kümmern. Für euch bin ich allein zuständig. Die Zustände auf diesem Schiff sind alles andere als zufrieden stellend. Männer sterben an Bord, und ich werde herausfinden, warum. Das ist Mr William Balmain, der Schiffsarzt der Alexander . Er tritt morgen seinen Dienst an. Leutnant Johnstone ist der befehlshabende Offizier an Bord, Leutnant Shairp sein Stellvertreter. Wie es scheint, habt ihr in den letzten zwei Monaten kaum frische Lebensmittel bekommen. Das wird sich ändern, solange das Schiff im Hafen liegt. Wir werden dieses Deck ausschwefeln, deshalb müssen wir einen Großteil von euch verlegen. Nur die zweiundsiebzig Mann am Achterschott bleiben an Bord und packen mit an.«
    Er winkte den beiden Leutnants. Sie setzten sich zu seinen Füßen auf den Tisch und holten Papier, Tinte und Federkiel aus einer Schreibmappe, die Leutnant Shairp mitgebracht hatte. »Ich werde nun eine Zählung vornehmen«, rief der Major. »Wenn ich auf einen Mann deute, nennt er mir seinen Namen und den Namen des Gefangenenschiffs, von dem er kommt. Fangen wir an.« Er deutete auf Jimmy Price.
    Die Prozedur zog sich in die Länge. Major Ross war ein gründlicher Mensch, doch seine beiden Helfer taten sich schwer. Schreiben war offensichtlich nicht ihre Stärke. Nach dem zwanzigsten Namen kletterte der Major vom Tisch und sah nach, was sie zu Papier gebracht hatten.

    »Ihr Hornochsen! Analphabeten! Wollt ihr eure Beförderung in den Wind schreiben? Hohlköpfe! Idioten! Zu blöd, um in einem Bordell eine Hure zu finden!«
    Puh, dachte Richard, was für ein jähzorniger Mensch! Er putzt seine jungen Offiziere ohne Bedenken vor den Sträflingen herunter.
    Als die Seesoldaten wieder abzogen, war die Dunkelheit nur schwer zu ertragen. Ein Schleier hatte sich gelüftet und die ganze monströse Scheußlichkeit des Gefängnisses enthüllt, doch das goldene Licht war angenehm gewesen, und irgendwie hatte der Anblick der vielen Männer, die mit Eulenaugen in ihren Kojen hockten, das Grauen auf ein menschliches Maß gestutzt. Als die letzte Laterne fort war, wuchs es wieder. Es war Nacht geworden. Major Ross hatte ihnen frische Lebensmittel versprochen, doch dachte niemand daran, ihnen etwas zu essen zu bringen.
     
    Das Ausschwefeln bestand darin, dass man in jedem Winkel unter dem Oberdeck Schwarzpulver zur Explosion brachte und dann rasch die Luken verschloss.
    In der Frage, ob die an Bord zurückgebliebenen Sträflinge Handschellen tragen sollten oder nicht, gerieten Johnstone und Shairp aneinander. Johnstone setzte seinen Willen durch, und die Hände

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