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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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ungern ausübten, weil man im Gerichtssaal
den ganzen Tag stehen musste und für den Verdienstausfall nicht entschädigt wurde. Das verleitete die Geschworenen dazu, ihre Aufgabe so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
    Ceely Trevillian saß neben einem streng dreinblickenden Mann, an dessen Tracht zu erkennen war, dass er ebenfalls in dem Schauspiel mitwirkte - er trug eine Robe, eine Perücke mit nach hinten frisierten Haaren und verschiedene Spangen und Abzeichen. Ceely sah ganz anders aus, als Richard ihn kannte. Er trug einen schlichten Anzug aus feinstem, schwarzem Tuch, eine konservative Perücke und schwarze Glacéhandschuhe und hatte die Miene eines liebenswürdigen Trottels aufgesetzt. Der Ceely, der im Rathaus von Gloucester saß, hatte nichts mehr mit dem affektierten Gockel und dreisten Steuerbetrüger von einst gemein. Er war ganz das naive Opfer eines Verbrechens. Bei Richards Erscheinen war er mit einem ängstlichen Aufschrei näher an seinen Anwalt gerückt. Danach vermied er es, in Richards Richtung zu blicken. Vor Gericht war zwar Ceely der Ankläger, doch überließ er es seinem Anwalt, ihn zu vertreten. Dieser wandte sich nun an die Geschworenen, um ihnen das abscheuliche Verbrechen zu schildern, das die beiden Angeklagten begangen hätten. Richard legte die gefesselten Hände auf das Geländer und stellte sich breitbeinig auf die alten Dielen. Er hörte, wie der Anklagevertreter die Tugenden Mr Trevillians pries und von den Dummheiten sprach, die der harmlose Mann begangen habe, und er begriff, dass heute in Gloucester keine Wunder geschehen würden.
    Dann erhielt Ceely das Wort. Er zitterte vor Aufregung, schluchzte und schluckte, machte lange Pausen, um die richtigen Worte zu finden, verdrehte die Augen und schlug immer wieder die Hände vors Gesicht. Endlich war er mit seiner Darstellung fertig. Die Geschworenen, von seiner geistigen Armut nicht weniger beeindruckt als von seinem materiellen Reichtum, schienen fest davon überzeugt, dass er das Opfer einer lasterhaften Frau und ihres wütenden Ehemannes war. Das hieß allerdings noch nicht unbedingt, dass er vorsätzlich betrogen und tatsächlich erpresst worden war, auch wenn er sich genötigt gesehen hatte, einen Schuldschein über fünfhundert Pfund auszuschreiben.

    Den Beweis dafür sollten die beiden Zeugen erbringen - die Frau des Friseurs Joice, die an der Wand gelauscht hatte, und Mr Dangerfield aus dem Haus auf der anderen Seite, der durch einen Spalt in der Wand gesehen hatte. Mrs Joice verfügte offenbar über ein phänomenales Gehör, und Mr Dangerfield wollte durch eine Ritze von nur einem Viertelzoll Breite einen Blickwinkel von 360 Grad gehabt haben! Mrs Joice hatte Sätze wie »Du Hure, wo ist denn deine Kerze?« und »Ich schlag dir den Schädel ein, Schurke!« gehört. Mr Dangerfield hatte gesehen, wie Morgan und Insell Ceely mit einem Hammer bedroht und ihn gezwungen hatten, an einem Schreibtisch etwas zu schreiben.
    Mr James Hyde, der Richard vertrat, war ein hoch gewachsener, hagerer Mann, der große Ähnlichkeit mit einem Raben hatte. Bei seinem geschickt geführten Kreuzverhör wollte er vor allem darauf hinaus, dass das dreigeteilte Haus in der unmittelbaren Nachbarschaft des Jakobsbrunnens ein Nest von Klatschmäulern beherbergte, die in Wirklichkeit kaum etwas gesehen und gehört hatten und stattdessen Geschichten erfanden, die auf dem beruhten, was Ceely ihnen erzählt hatte. Die Dangerfields hatten Ceely nach dem Streit bei sich aufgenommen, und bei ihnen hielt sich zufällig auch Mrs Joice auf.
    In einem Punkt konnte Ceely sich keinen Glauben verschaffen. Beide Zeugen sagten aus, Richard habe durch die Tür geschrien, er werde Mr Trevillian die Uhr zurückgeben, sobald er Genugtuung erhalten habe. Das klang selbst für die Geschworenen sehr nach einem betrogenen Ehemann.
    Das ist doch lachhaft!, dachte Richard, als die Zeugen seinen Besuch im Black Horse, wo er etwas zu trinken geholt hatte, auf den darauf folgenden Tag verlegten. Dürften Willy und ich für uns selbst sprechen, dann könnten wir den Beweis erbringen, dass wir zu dieser Zeit beide im Hof des Lamb Inn waren. Es geht nur eine Kutsche nach Bath, und zwar um die Mittagszeit. Selbst Ceely sagt, dass ich nach Bath wollte. Trotzdem behaupten jetzt alle, ich sei in Clifton gewesen!
    Mrs Joice wollte außerdem gehört haben, dass Richard und Annemarie im Hausflur Annemaries Verabredung mit Ceely planten
- als ob jemand mit kriminellen Absichten

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