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Insel meines Herzens

Insel meines Herzens

Titel: Insel meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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seit sie bei seinem Anblick heiße Freude empfunden hatte – unfähig, dieses Gefühl zu bekämpfen.
    Von Wahrheiten hatte er gesprochen und erklärt, die sollte sie akzeptieren. Und dann war er davongegangen, als würde er ihr die Freiheit schenken.
    Wollte sie frei sein? Wenn es um die Liebe ging – war die Freiheit überhaupt möglich?
    Sie liebte ihn. Daran bestand kein Zweifel. Und nachdem sie herausgefunden hatte, welch ungeheure Lasten der Erwählte auf sich nehmen musste, liebte sie ihn sogar noch inniger. Sein Dasein und sein ganzes Wesen waren unauflöslich mit dem Land verbunden, dem er diente. Niemals würde dieses Band zerreißen.
    Konnte sie Akora immer noch so lieben, wie sie es früher geglaubt hatte? Konnte sie an dieser Liebe festhalten, jeden Tag ihres restlichen Lebens? Trotz des schrecklichen Todes, den ihre Eltern erlitten hatten, trotz der Lügen, trotz ihrer wehmutsvollen Trauer?
    Solange sie sich die Schuld am Tod der Eltern gegeben hatte, war es ihr nicht gelungen, richtig zu trauern. Jetzt erschien ihr der Verlust umso schmerzlicher, so als hätte das Meer die beiden eben erst verschlungen.
    Den Kopf gesenkt, sah sie Tränen auf ihre Hände fallen. Am nächsten Morgen würde Atreus sein Urteil verkünden. Würde er die Todesstrafe über Deilos verhängen? Der Vanax war ein hervorragender Krieger. Auf jedem Schlachtfeld würde er einen Feind töten, wenn er es für nötig hielt. Aber einen Menschen hinrichten zu lassen – das stand auf einem anderen Blatt. Wäre er dazu fähig?
    Der Tod überschattete ihn ebenso wie Brianna. Todesfälle, die bereits geschehen waren, und Todesfälle, die noch bevorstanden... Die Vergangenheit ließ sich nicht ändern. Aber der Zukunft sollte man nicht allein entgegenblicken.
    Sie stand auf und wischte die Tränen von ihren Wangen. Während das letzte Tageslicht erlosch und die Sterne ihre Herrschaft am Himmel antraten, verließ sie den Garten.
    Sicher würde Atreus die Einsamkeit suchen. Sosehr er seine Verwandten auch liebte, an diesem Abend würde er ihre Gesellschaft nicht wünschen. Vielleicht suchte er seine Suite auf. Doch sie vermutete, er würde sich eher in sein Studio zurückziehen.
    Sie trödelte ein wenig, schlenderte erst einmal in ihr Zimmer, wo sie eine frisch gewaschene Tunika anzog und ihr Haar bürstete. Bevor sie den Raum verließ, ergriff sie eine seidene Stola, die über einer Sessellehne hing, und legte sie um ihren Kopf.
    Immer noch zögernd, wanderte sie den Flur entlang, vorbei an den hohen Bogenfenstern, die zum Hof hinausgingen. Für ein paar Minuten blieb sie stehen und atmete die Abendluft ein, die verschiedene Düfte herantrug – von den Holzfeuern tief unten in der Stadt, vom nachtblütigen Jasmin, der in dichten Büschen an den Palastmauern wucherte. Aus der Richtung des Binnenmeers wehte der Wind einen intensiven Salzgeruch zu den Bergen.
    Ein sanfter Wind. Kein bisschen bedrohlich. Eine angenehme Liebkosung.
    Brianna wich den offiziellen Gemächern aus und stieg eine schmale Treppe hinab, die nur Palastbewohner kannten – Dienstboten, Beamte und die Atreiden. Auf diesem Weg erreichte sie die Säulenhalle im Hof, nahe den Stufen, die zum Dach emporführten.
    Kurz nach ihrer Ankunft im Palast hatte sie die Dachterrassen entdeckt. Sie waren eine Welt für sich, erstreckten sich über alle Trakte, mit einem Garten bepflanzt, von mehreren Pfaden durchkreuzt. Manchmal boten sie die einfachste Möglichkeit, von einem Teil des Gebäudes zum anderen zu gelangen. Hier oben gab es sogar ein Observatorium, in dem man seit Jahrhunderten die Sterne studierte.
    Brianna wollte das Dach nutzen, um noch etwas länger allein zu bleiben, ihre Gedanken zu ordnen, den Mut aufzubringen, den sie brauchte.
    Plötzlich bemerkte sie einen Mann, der den Hof überquerte. Er schien es eilig zu haben – und irgendwelche Heimlichkeiten zu planen. Als er aus den Schatten ins Mondlicht trat, erkannte sie ihn.
    Polonus.
    Zuletzt hatte sie ihn bei der Gerichtsverhandlung gesehen und seine Begeisterung für Deilos’ Redeschwall beobachtet. Was machte er hier, zu so später Stunde?
    Halb neugierig, halb besorgt, wandte sie sich von den Stufen ab, die auf das Dach führten, und folgte ihrem Bruder.
    Mit schnellen Schritten ging er dahin. Sie musste beinahe laufen, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Hinter einer Ecke des Palastes öffnete er eine kleine Tür und huschte hindurch. Brianna rannte ihm nach – und da sah sie ihn nicht mehr. Nun befand sie

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