Insel meines Herzens
wurde.
Mit gemurmelten Kommentaren wie »Achilles, zum Leben erwacht« und ähnlichen Bemerkungen wanderten die Gäste umher und erwarteten ungeduldig die Ankunft des Prinzregenten.
Bei solchen gesellschaftlichen Ereignissen pflegte Prinny zu einem Zeitpunkt zu erscheinen, den er für fashionable spät hielt und manche Gastgeber zu Nervenzusammenbrüchen veranlasste. Aber an diesem Abend fuhr die Kutsche mit dem königlichen Wappen schon eine Viertelstunde nach der vereinbarten Zeit vor. Unverzüglich machten ihm die anderen Wagen Platz, was Fahrern und Vorreitern erhebliche Mühe bereitete, denn sie mussten die eigenen Pferde gewaltsam beiseite zerren.
Wie ein kleines Kind, das wundervolle Überraschungen erhoffte, betrat Prinny die Eingangshalle, ging direkt auf Atreus zu und begrüßte ihn warmherzig. »Ein schöner Abend, nicht wahr?«
»Gewiss«, stimmte der Vanax zu. »Auf Akora genießen wir solche Nächte nur in den Bergen, und ich finde die kühle Luft erquicklich.«
»Auch ich fühle mich erfrischt. Ich hoffe, ich werde mich prächtig amüsieren. Stimmt es, was ich höre, Lady Joanna? Heute Abend soll getanzt werden?«
»Wenn es Eurer Hoheit gefällt«, erwiderte Joanna liebenswürdig. Noch nie hatte Brianna erlebt, dass sie den Prinzregenten anders behandelte. Und das schien er zu schätzen.
»Oh ja, das würde mich erfreuen«, versicherte er. »Bei den üblichen Festen fehlt einfach der Platz zum Tanzen.«
»Ah, deshalb haben wir nur ein paar ausgewählte Gäste eingeladen«, verkündete Alex, der an Joannas Seite stand und nach Briannas Meinung großartig aussah, ebenso wie Royce, obwohl keiner der beiden auch nur annähernd die Ausstrahlung des Vanax besaß.
»Oh ja, auf der ganzen Fahrt hierher hörte ich lautstarkes Zähneknirschen«, berichtete der Prinzregent voller Genugtuung.
In diesem Moment entstand ein Getümmel am Eingang, als mehrere Gäste in die Halle drängten, die erwartet hatten, vor der königlichen Hoheit einzutreffen. Aufgeregt schoben sie einander beiseite. Prinny pflegte jedem, der sich verspätete, äußerst unfreundlich zu begegnen, also allen Leuten, die nach ihm ankamen.
Auch Lord Liverpool zählte zu dieser Schar, ebenso ein kleiner, schlanker Mann, in dem man unschwer Charles, den Second Earl of Grey erkannte. Und so wurden der Führer der Torys und der Führer der Whigs zusammengedrückt wie Sardinen im selben Fass, was ihnen sichtliches Unbehagen bereitete.
Sobald sich eine Gelegenheit ergab, fuhren sie auseinander. Beide Gentlemen glätteten ihre Kleidung und vermieden es geflissentlich, einen Blick zu wechseln.
Kichernd hatte der Prinzregent die Szene beobachtet. »Allein schon dafür lohnt sich der Besuch dieses Balls, Royce. Ich hege den Verdacht, dieser besondere Beitrag zur Gästeliste war Ihre Idee.«
»Nun, Sire, Sie haben mich beauftragt, mein Bestes zu tun, um beide Seiten zu vereinen«, erwiderte Royce grinsend.
Da lachte Prinny wieder und forderte die leicht verwirrten Gäste in seiner Nähe heraus, diesem Beispiel zu folgen.
Und das führte zu wahrhaft königlichen Lachsalven, die nicht verstummten, bis man zur Tafel schritt.
Mit voller Absicht hatte Joanna eine viel simplere Speisenfolge gewählt, als es im Carlton House oder unter jedem anderen Dach der Hautevolee serviert wurde. Doch sie hatte auf allerbeste und frischeste Qualität aller Zutaten geachtet und die Köchin angewiesen, auf jene dickflüssigen Saucen zu verzichten, die bei vielen vornehmen Londoner Mahlzeiten abgestandene Gerichte übertünchten.
Zunächst war der Prinzregent verblüfft, dann fasziniert. »Beim Jupiter!«, rief er, nachdem er einen köstlichen, auf Eichenholz geräucherten Lachs mit frischem Treibhausgemüse gekostet hatte. »Ich weiß gar nicht, wann mir zum letzten Mal irgendwas so gut geschmeckt hat. Stammt dieses Rezept aus der akoranischen Küche?«
In Wirklichkeit war das relativ schlichte Menü viel komplizierter als alles, was man im befestigten Königreich auftischen würde. Aber Atreus enthielt sich dieses Kommentars. Stattdessen neigte er nur den Kopf. »Majestät, wir sind ein einfaches Volk.«
»Oh nein«, protestierte Prinny und musterte den nächsten Gang, einen Rinderbraten in einer leichten Rotweinsauce. »Den Fehler, das zu glauben, werde ich nie wieder begehen. Natürlich sind Sie sehr kultiviert. Und Sie hatten ja auch lange genug Zeit, eine so hochstehende Zivilisation zu entwickeln – in allen Belangen, die Sie und Ihresgleichen wichtig
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