Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
Rizome Sicherheitsfragen koordinierte. Emerson war eine traurig aussehende Sechzigerin mit feingeschnittenen Zügen und dünnem Haar. Laura hatte oft über das Netz mit ihr gesprochen und war ihr einmal in Atlanta begegnet.
    Sie tauschten eine kurze förmliche Begrüßung mit Umarmung und Wangenküssen aus, wie es bei Rizome der Brauch war. »Wo sind die Bankiers?« fragte Laura.
    Emerson deutete mit einem Nicken zu dem Rastafarier und seinem Gefährten. Laura verließ der Mut. »Das sind sie?«
    »Diese karibischen Kleinstaatenbankiers richten sich nicht nach unseren Standards«, sagte Emerson.
    »Wissen Sie, wer diese Frau ist? Bei welcher Gruppe sie ist?«
    »Kirche von Ischtar«, sagte Emerson. Sie schien nicht glücklich darüber zu sein. Nun blickte sie in Lauras Gesicht auf. »Wir haben Ihnen aus Gründen der Geheimhaltung noch nicht alles gesagt, was Sie wissen sollten. Aber ich weiß, daß Sie nicht naiv sind. Sie haben gute Netzverbindungen, Laura. Sie müssen wissen, wie die Dinge in Grenada stehen.«
    »Ich weiß, daß Grenada ein Steuerparadies und Zufluchtsort für Datenpiraten ist«, sagte Laura. Sie war nicht sicher, wie weit sie gehen durfte.
    Debra Emerson war einmal eine ziemlich große Nummer bei der CIA gewesen, als es noch eine CIA gegeben hatte und ihre Leute noch in Mode gewesen waren. Heutzutage hatte Geheimdienstarbeit ihren Glanz verloren. Emerson zeigte den Ausdruck einer Frau, die still gelitten hat, eine Art Durchsichtigkeit um die Augen. Sie bevorzugte graue Cordhosen und langärmelige Blusen in unauffälligen Beige- und Brauntönen.
    Der alte Rastafarier kam lächelnd herangewatschelt. »Winston Stubbs«, sagte er. Er hatte den Tonfall der Karibik, weiche Vokale, gebrochen durch spröde britische Konsonanten. Er schüttelte Laura die Hand. »Und Sticky Thompson, das heißt, Michael Thompson.« Er wandte sich um. »Sticky!«
    Sticky kam herüber, einen Arm um die Mitte des Kirchenmädchens gelegt. »Ich bin Laura Webster«, sagte Laura.
    »Wissen wir«, sagte Sticky. »Dies ist Carlotta.«
    »Ich bin ihre Verbindungsperson«, sagte Carlotta munter. Sie stieß mit beiden Händen ihre Mähne zurück, und Laura sah ein tätowiertes Ankh-Symbol an ihrem Handgelenk. »Habt ihr viel Gepäck mitgebracht? Ich habe ein Elektromobil draußen stehen.«
    »Ich - und ich - haben Geschäfte auf der Insel«, erklärte Stubbs. »Wir werden später am Abend in Ihr Ferienheim kommen, vielleicht rufen Sie doch vorher an, gut?«
    »Wenn Sie es so wünschen, Mr. Stubbs«, sagte Emerson, bevor Laura antworten konnte.
    Stubbs nickte. »Später.« Die drei nahmen einen Gepäckkarren und gingen.
    Laura sah ihnen verblüfft nach. »Sollen wir sie frei herumlaufen lassen?«
    Emerson seufzte. »Es ist eine heikle Situation. Ich bedaure, daß Sie umsonst hierher gekommen sind, aber das ist eine ihrer kleinen Gesten.« Sie rückte am Tragegurt ihrer schweren Schultertasche. »Rufen wir ein E-Mobil.«
     
    Nach ihrer Ankunft verschwand Emerson im Konferenzraum des Ferienheims. Gewöhnlich aßen Laura und David im Speiseraum, wo sie mit den Gästen zusammensein konnten. An diesem Abend aßen sie jedoch mit Emerson in ihrer Wohnung im zweiten Turmgeschoß; sie taten es mit einem unbehaglichen Gefühl von Verschwörertum.
    David deckte den Tisch. Laura nahm die zugedeckten Schüsseln mit Chili Rellenos und Spanischem Reis vom Tablett. David hatte Gesundheitskost.
    »Ich möchte so offen und geradeheraus mit Ihnen sein, wie ich nur kann«, murmelte Emerson. »Inzwischen müssen Sie sich über die Natur ihrer neuen Gäste klargeworden sein.«
    »Ja«, sagte David. Er war alles andere als glücklich darüber.
    »Dann können Sie die Notwendigkeit geeigneter Sicherheitsmaßnahmen verstehen. Selbstverständlich vertrauen wir auf Ihre und Ihres Personals Verschwiegenheit.«
    David lächelte ein wenig. »Das ist schön.«
    Emerson machte ein besorgtes Gesicht. »Der Zentralausschuß hat diese Konferenz seit einiger Zeit geplant. Die Europäer, die bei Ihnen wohnen, sind keine gewöhnlichen Bankleute. Sie sind von der EFT-Commerzbank, Luxemburg. Und morgen abend wird eine dritte Gruppe eintreffen. Die Yung Soo Chim Islamische Bank von Singapur.«
    David hielt inne, die volle Gabel auf halbem Weg zum Mund. »Und die sind auch…?«
    »Datenpiraten, ja.«
    »Ich verstehe«, sagte Laura. Eine fröstelnde Erregung bemächtigte sich ihrer. »Das ist eine große Sache.«
    »Sehr groß«, sagte Emerson. Sie ließ das eine Weile

Weitere Kostenlose Bücher