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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Grausamkeit schmerzte sie. Nicht seine Grausamkeit, sondern die Grausamkeit der Notwendigkeit. Sie begriff sofort, daß sie ihn niemals wiedersehen würde. Sie fühlte sich verletzt, erleichtert, in Panik.
    »Nun, du hast es getan«, sagte sie, Heiserkeit in der Stimme. »Du hast mich gerettet und meiner Freundin das Leben gerettet.« Sie wollte ihn umarmen.
    Er wich zurück. »Nein, nicht hier draußen - nicht vor ihnen.« Er nahm sie beim Arm. »Gehen wir hinein!«
    Er führte sie zurück zu seinem Kuppelzelt. Die Wachen patrouillierten noch immer um die Zelte. Gegen Diebe, vermutete Laura. Sie befürchteten Übergriffe von Dieben und Plünderern aus dem Lager. Und wahrscheinlich hatten sie Bettler fernzuhalten. Es kam ihr so mitleiderregend vor, daß sie zu weinen begann.
    Gresham schaltete den Datenanschluß ein. Das bernsteingelbe Licht des Bildschirms erfüllte das Zelt. Er kehrte zurück zum Zelteingang, sprach zu einem der Wächter, der mit scharfer, hoher Stimme etwas erwiderte und lachte. Gresham schloß die Tür und hakte sie zu.
    Er sah ihre Tränen. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Du, ich. Die Welt. Alles.« Sie wischte sich die Wange am Ärmel. »Diese Lagerbewohner haben nichts. Und obwohl ihr versucht, ihnen zu helfen, würden sie euch all dieses Zeug stehlen, wenn sie könnten.«
    »Ach«, sagte Gresham leichthin, »das nennen wir kulturelle Pfuscher die ›unvermeidliche Ebene der Korruption‹.«
    »Du brauchst nicht so zu mir zu reden. Nun, da ich verstehe, was ihr euch vorgenommen habt.«
    »Gott, ja«, sagte Gresham mit hilfloser Miene. Er ging zur anderen Seite des Kuppelzeltes und sammelte einen Armvoll Jutesäcke auf. Er schleppte sie vor den Datenanschluß und breitete sie als Kissen am Boden aus. »Komm her, setz dich zu mir.«
    Sie tat es. Die Säcke hatten einen angenehmen, schwach duftenden Geruch. Sie waren mit Grassamen gefüllt; und Laura bemerkte, daß einige bereits halb leer waren. Während ihrer Flucht hatte er das Gras in die Trockenbetten der Wasserläufe gesät.
    »Bilde dir nur nicht ein, ich sei dir allzusehr ähnlich«, sagte er. »Aufrichtig und liebenswürdig und allen das Beste wünschend - vorausgesetzt, sie unterstützen eure Politik… Ich billige dir gute Absichten zu, aber Absichten zählen nicht viel. Korruption - das ist es, was zählt.«
    Er meinte es ernst. Sie saßen nebeneinander, aber etwas nagte an ihm, und er wollte sie nicht ansehen. »Was du gerade sagtest - es leuchtet mir nicht ein.«
    »Ich war mal in Miami«, sagte er. »Vor langer Zeit. Der Himmel war rosa! Ich sagte zu einem Einheimischen: Sieht so aus, als hättet ihr hier Probleme mit der Luftverschmutzung. Er sagte mir, der Himmel sei voll von Afrika. Und es war richtig! Es war der Harmattan, die Sandstürme. Bodenkrume aus der Sahara und dem Sahel, bis über den Atlantik verweht. Und ich sagte mir: Dort gehörst du hin.«
    Er sah ihr in die Augen. »Weißt du, wann es hier wirklich schlimm wurde? Als sie zu helfen versuchten. Mit Medizin. Und Bewässerung. Sie bohrten Tiefbrunnen, aus denen Trinkwasser floß, und natürlich zog das die Nomaden mit ihren Herden an. Statt weiterzuziehen und dem Weidegebiet Gelegenheit zu geben, sich zu erholen, blieben die Nomaden, bis die Herden alles bis zum nackten Boden abgeweidet hatten, im Umkreis von vielen Kilometern um jeden Brunnen. Und die acht, neun Kinder, die afrikanische Frauen von jeher zur Welt brachten, überlebten alle, weil Entwicklungshelfer und Ärzte sich mit Schutzimpfungen und medizinischer Versorgung um sie kümmerten. Es war also ganz und gar nicht so, daß die Außenwelt gleichgültig gewesen wäre. Sie bemühte sich seit Generationen, selbstlos und edel. Aber sie dachten nur an die Menschen, die hier lebten, und was ihnen kurzfristig nützen würde. Daß sie damit die Natur und mit ihr die Lebensgrundlagen zerstörten, begriffen sie nicht. Und so erzeugten sie mit ihrer blauäugigen gutgemeinten Humanität die eigentliche Katastrophe.«
    »Das ist mir zu kompliziert, Gresham. Es ist pervers!«
    »Du bist mir dankbar, weil du denkst, ich hätte dich gerettet. Von wegen. Wir taten unser möglichstes, alle in diesem Konvoi zu töten. Wir beharkten den Lastwagen dreimal mit Maschinengewehrfeuer. Ich weiß nicht, wie, zum Teufel, du unverletzt überleben konntest.«
    »›Die Wechselfälle des Krieges…‹«
    »Ich liebe Krieg, Laura. Ich genieße ihn, wie die FAKT. Ihnen macht es Spaß, ihre Feinde mit Robotern zu vernichten. Bei mir kommt

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