Inseln im Netz
David kam die Treppe herauf, das Baby auf dem Arm. Der Bürgermeister von Galveston folgte ihm.
Laura wandte sich mit ruckhaften Bewegungen um und trat auf ihn zu. »Herr Bürgermeister! Guten Morgen.«
Alfred A. Magruder nickte. »Mrs. Webster.« Er war ein kräftiger Mann in den Sechzigern, dessen Trommelbauch in einen grellbunten tropischen Dashiki gehüllt war. Er trug dazu Sandalen und Jeans und hatte einen langen Nikolausbart. Magruders Gesicht war gerötet, seine blauen Augen in ihren kleinen Taschen sonnengebräunten Fettes hatten den starren Ausdruck gezügelter Wut. Er watete in den Raum und warf seine Aktentasche auf den Tisch.
»Herr Bürgermeister«, sagte Laura schnell, »dies ist unsere Sicherheitsbeauftragte, Debra Emerson. Mrs. Emerson, dies ist Alfred Magruder, Galvestons Bürgermeister.«
Emerson erhob sich von der Konsole. Sie und Magruder musterten einander von oben bis unten. Das Ergebnis war auf beiden Seiten eine von instinktiver Abneigung diktierte, leichte Verhärtung der Gesichtszüge. Sie machten keine Anstalten, einander die Hand zu geben. Schlechte Schwingungen, dachte Laura mit Bangigkeit; Echos eines längst begrabenen Bürgerkriegs. Schon war die Situation außer Kontrolle.
»Hier wird es bald dicke Luft geben«, verkündete Magruder, den Blick auf Laura gerichtet. »Ihr Mann erzählt mir, daß Ihre Piratenfreunde auf meiner Insel frei herumlaufen.«
»Es war ganz unmöglich, sie daran zu hindern«, sagte Emerson. Ihre Stimme hatte die in Wut versetzende Ruhe einer Schullehrerin.
Laura schaltete sich ein. »Das Ferienheim wurde mit einem Maschinengewehr beschossen, Mr. Magruder. Es weckte das gesamte Personal, wir gerieten in Panik. Und die… die Gäste waren auf und davon, bevor wir einen klaren Gedanken fassen konnten. Wir riefen die Polizei…«
»Und Ihre Konzernzentrale«, sagte Magruder. »Ich will Aufzeichnungen aller ein- und ausgehenden Anrufe.«
Laura und Emerson sprachen gleichzeitig:
»Nun, natürlich rief ich Atlanta an…«
»Dazu wird eine richterliche Anordnung erforderlich sein…«
Magruder schnitt ihnen mit einer Handbewegung das Wort ab. »Die Beauftragten der Wiener Konvention werden ihre Aufzeichnungen ohnehin beschlagnahmen. Kommen Sie mir nicht mit technischen Einzelheiten, ja? Wir sind hier alle locker und leichtlebig, das ist der Sinn eines Vergnügungsortes. Aber diesmal sind Sie alle weit aus der Reihe getanzt. Und jemand wird Feuer unter dem Hintern kriegen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Er blickte zu David. David nickte kurz. Sein Gesicht war in einem falschen Ausdruck beflissener Aufmerksamkeit erstarrt.
»Nun, wessen Hintern wird es sein?« fuhr Magruder fort. »Soll ich dafür büßen?« Er zeigte mit dem Daumen auf sein weites Hemd und stieß in eine klecksige gelbe Azalee. »Oder Sie? Oder diese ausländischen Galgenvögel?« Er holte tief Luft. »Das ist eine terroristische Aktion, comprende? Diese Art Scheiß hat hier nichts mehr zu suchen.«
Debra Emerson war ganz angestrengte Höflichkeit. »Terroristische Aktionen kommen noch immer vor, Herr Bürgermeister.«
»Vielleicht in Afrika«, grunzte Magruder. »Nicht hier!«
»Es kommt darauf an, die Rückkopplungsbeziehung zwischen Terrorismus und den globalen Medien zu unterbrechen«, sagte Emerson. »Also brauchen Sie sich nicht um schlechte Publizität zu sorgen. Die Wiener Konvention bestimmt…«
»Hören Sie«, sagte Magruder und richtete die volle Kraft seines zornigen Blicks auf Emerson. »Sie haben es hier nicht mit irgendeinem bescheuerten Hippie zu tun, klar? Wenn dieser Sturm abzieht, können Sie zu Ihrem Kaninchenbau nach Atlanta zurückschleichen, aber ich werde immer noch hier unten sitzen und versuchen, eine Stadt in Schwung zu bringen, die in den Seilen hängt! Es ist nicht die Presse, die mir Angst macht - es ist die Polizei! Die internationale Polizei, nicht die hiesige, mit der kann ich fertig werden. Ich habe keine Lust, zusammen mit den Datenmafiosi auf ihre schwarze Liste zu kommen. Muß ich also meine Insel für Ihre sonderbaren Unterweltveranstaltungen zur Verfügung stellen? Nein, Madame, das habe ich nicht nötig.«
Laura lief die Galle über. »Was soll das heißen? Haben wir den Mann erschossen? Wir wurden beschossen, nicht wahr? Gehen Sie hinaus und sehen Sie sich mein Haus an.«
Die anderen starrten sie an, verwundert über ihren Ausbruch. »Sie hätten uns töten, hätten das ganze Ferienheim in die Luft sprengen können!« Sie nahm den
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