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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Kapazitätsauslastung pumpen wir pro Tag ungefähr fünfzehn metrische Tonnen pro Anlage - Trockengewicht… natürlich lassen wir es nicht unverarbeitet. Wir machen hier eine ganze Menge von dem, was Kosmetik genannt wird - Zusätze zur Veränderung der Konsistenz und des Geschmacks.« Prentis ging zu den Fenstern. »Das wird in diesen kleineren Bottichen gemacht: Beschaffenheit, Aromatisierung, sekundäre Fermentation…« Er lächelte Laura mit glasigem Ausdruck zu. »Es sind annähernd die gleichen Verfahren, die jede Hausfrau in ihrer eigenen Küche umsetzen könnte! Mischgeräte, Mikrowellen, Eierquirl, nur ein bißchen vergrößert, das ist alles.«
    Prentis blickte zu David und wieder weg; die undurchsichtige Brille störte ihn. Er wandte sich wieder zu Laura, betrachtete hingerissen den Umriß ihrer Brust. »Es ist wirklich nicht so neu. Wenn Sie Brot oder Käse gegessen oder Bier getrunken haben, essen und trinken Sie Schimmel- und Hefepilze. All dieses Zeug: Tofu, Sojasoße; Sie würden sich wundern, was alles geschehen muß, um Sojasoße zu machen. Und glauben Sie mir, oder lassen Sie es sein, aber es ist viel sicherer als die sogenannten natürlichen Lebensmittel. Frischgemüse!« Prentis stieß ein Lachen aus. »Das Zeug ist voll von natürlichen Giften! Es sind Fälle bekannt, wo Leute daran gestorben sind, weil sie jeden Tag literweise Karottensaft getrunken oder Kartoffeln gegessen haben! Dabei dachten sie, sie tun was für ihre Gesundheit.«
    »He«, sagte David, »Sie predigen einem Konvertiten, Freund.«
    Laura wandte sich von den Fenstern weg. »Dies ist nicht gerade Neuland für uns, Dr. Prentis. Rizome hat eine Konzerngesellschaft für synthetische Lebensmittel… Ich habe selbst einmal PR dafür gemacht.«
    »Aber das ist gut, sehr gut!« sagte Prentis und nickte überrascht. »Dann wissen Sie, welche absurden Vorurteile die meisten Leute haben… sie wollen keine ›Keime essen‹.«
    »Das mag noch vor Jahren so gewesen sein«, sagte Laura, »aber heutzutage ist es hauptsächlich eine Klassenfrage. Synthetische Nahrung gilt als Armeleuteessen. Viehfutter.«
    Andrej verschränkte die Arme. »Ein bourgeoises Yankee-Vorurteil…«
    »Nun, es ist ein Marketingproblem«, sagte Laura. »Aber ich stimme Ihnen zu. Rizome sieht nichts Verurteilenswertes daran, hungrige Menschen zu ernähren. Wir haben es auf dem Gebiet zu eigenem Sachverstand gebracht - und es ist die Art von Techniktransfer, die für eine sich entwickelnde Industrie sehr hilfreich sein könnte…« Sie hielt inne. »Ich hörte Ihre Ansprache, oben, Andrej, und es gibt zwischen uns mehr Gemeinsamkeiten als Sie vielleicht denken.«
    David nickte. »In den Staaten gibt es jetzt ein Computerspiel, das ›Weltregierung‹ heißt. Ich spiele es gern, es ist sehr beliebt… Proteintechnik wie diese hier ist einer der wichtigsten Faktoren zur Sicherung der Weltstabilität. Ohne sie würden wir alle Tage Hungeraufstände haben, Städte würden brennen, Regierungen stürzen… Und nicht bloß in Afrika.«
    »Dies ist Arbeit«, sagte Andrej. »Kein Spiel.«
    »Wir machen diesen Unterschied nicht«, sagte David. »Bei Rizome haben wir nicht ›Arbeit‹ - nur etwas zu tun, und Leute, die sich darum kümmern.« Er lächelte gewinnend. »Für uns ist Spiel lernen… Sie spielen ›Weltregierung‹ und lernen dabei, daß Sie nicht auf Ihrem Hintern sitzen bleiben und zusehen können, wie alles aus den Fugen gerät. Man kann nicht einfach ein Gehalt einstecken, Gewinn machen und ein totes Gewicht im System sein. Bei Rizome wissen wir das - ja, das ist der Grund unseres Kommens.«
    Er wandte sich zu Prentis. »Ich habe eine Kopie in meinem Gerät - wählen Sie meinen Datenanschluß, und ich übertrage das Spiel auf Ihren. Das gilt auch für Sie, Andrej.«
    Prentis lachte. »Sehr freundlich, David, aber ich kann die Bank von hier anwählen… Dort haben sie ein paar hunderttausend Computerspiele gespeichert, alle Arten, alle Sprachen…«
    »Raubkopien?« fragte Laura.
    Prentis ignorierte sie. »Aber ich werde es mit ›Weltregierung‹ probieren, könnte interessant sein. Ich halte mich gern auf dem laufenden…«
    David berührte seinen Ohrhörer. »Wie lange sind Sie schon in Grenada, Dr. Prentis?«
    »Zehn Jahre und vier Monate«, sagte Prentis. »Und sehr lohnende Arbeit.« Er gestikulierte zu den arbeitenden Maschinerien außerhalb der Glasfenster. »Sie werfen einen Blick auf alles das und denken vielleicht: eine Anlage aus zweiter Hand,

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