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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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«Dein Kopf ist in Ordnung, Dave?»
    Der Junge nickte.
    «Was denkst du jetzt, Pa?» fragte Tom seinen Vater. «Ich meine, was denkst du wirklich?»
    «Er sieht mir ganz in Ordnung aus», sagte sein Vater. «Eddy paßt schon auf, daß ihm nichts passiert.»
    «Das ist wahr», gab Tom zu. «Wenn ich nur was für ihn tun könnte. Ich hole einen Drink für Eddy.»
    «Bring mir auch einen mit, bitte.»
    «Wird gemacht. Für Mr. Davis mach ich auch gleich einen.»
    «Ich glaub nicht, daß er einen will.»
    «Ich werde ihn fragen.»
    «Versuch’s noch mal, Davy», sagte Roger sehr ruhig, und der Junge stemmte sich mit aller Macht hoch und hielt dabei die Kurrtrommel mit den Händen fest.
    Roger sagte: «Jetzt hast du einen Zoll gekriegt. Nimm ihn auf die Trommel und sieh zu, ob du noch was Leine kriegen kannst.»
    Jetzt fing der wirkliche Kampf an. Bisher hatte David den Fisch nur festgehalten, und der Fisch war der See zugeschwommen und hatte den Kutter geschleppt, aber nun mußte David ihn heraufholen, mußte die Angelrute sich strecken lassen mit der Leine, die er zu fassen bekam, und dann die Rute wieder senken und die Leine aufrollen.
    «Du hast Zeit», sagte Roger. «Mach dich nicht kaputt. Du hast viel Zeit.»
    Der Junge beugte sich vor und holte die Leine mit seinem ganzen Körper. Er stemmte seine Fußsohlen auf wie Hebel und legte sein ganzes Gewicht hinein. Dann drehte er die Trommel schnell mit der rechten Hand, während er nachließ.
    «David macht das fabelhaft», sagte der junge Tom. «Er angelt, seit er ein kleiner Junge war, aber ich habe nie gewußt, daß er’s so gut kann, und dabei macht er sich immer lustig über sich, weil er mit dem Ball nicht umgehen kann. Jetzt guck ihn dir mal an.»
    «Baseball ist Mist», sagte Thomas Hudson. «Hast du etwas gesagt, Roger?»
    Roger rief herauf: «Gib ihr einen touch, langsame Fahrt.»
    «Langsame Fahrt», wiederholte Thomas Hudson, und als David es wieder versuchte, hatte der Kutter Fahrt aufgenommen, und er holte mehr Leine herein.
    «Du machst dir auch nichts aus Baseball?» fragte Tom.
    «Früher mal, eine Menge sogar, aber jetzt nicht mehr.»
    «Ich mag Tennis und Fechten», sagte Tom. «Ich kann die Ballspiele nicht leiden. Das kommt wahrscheinlich, weil ich in Europa aufgewachsen bin, aber David könnte bestimmt ein guter Fechter sein, wenn er Lust hätte; er hat so viel Grips. Er hat aber keine Lust, es zu lernen. Er will bloß lesen und angeln und auf die Jagd gehen und Forellenfliegen machen. Er schießt besser als Andy im Gelände, und er kann auch prima Fliegen machen… du mußt es mir nur sagen, Pa, wenn ich dir zuviel rede.»
    «Bestimmt nicht, Tom.»
    Er stützte sich auf das Geländer des Peildecks und guckte achteraus, wie sein Vater es machte, und sein Vater legte ihm die Hand auf die Schulter. Die Schulter war salzig von dem Salzwasser, das die Jungen einander auf dem Achterdeck über die Köpfe gegossen hatten, ehe der Fisch anbiß. Das Salz war ganz fein und fühlte sich wie feiner Sand an unter der Hand.
    «Ich rede nur soviel, um nicht immer daran zu denken, es macht mich so nervös, wenn ich David sehe. Ich gäbe sonstwas darum, wenn David ihn finge.»
    «Es ist ein herrlicher Fisch. Wart nur, bis wir ihn zu sehen kriegen.»
    «Als ich mal vor Jahren mit dir zum Fischen war, hab ich einen gesehen. Er spießte mit seinem Schwert die große Makrele auf, die du als Köder hattest, und dann jumpte er und schnappte sich den Haken. Er war so riesig, daß ich immer von ihm habe träumen müssen. Ich geh hinunter und mach die Drinks.»
    «Das hat Zeit», sagte sein Vater.
    Unten, in dem Angelstuhl, der in seiner Halterung steckte und von dem die Rückenlehne abgenommen war, saß David, stemmte sich mit den Füßen gegen das Heck und riß an der Leine, mit Armen, Schultern, Rücken und Schenkeln. Dann bückte er sich vor und spillte die Leine auf und griff wieder danach. Nach und nach bekam er ein, zwei, drei Zoll aufs Mal, und mehr und mehr Leine rollte sich auf der Trommel auf.
    «Ist dein Kopf in Ordnung?» fragte Eddy, der den Stuhl seitlich festhielt, damit er sich nicht drehte.
    David nickte. Eddy legte ihm die Hand auf den Kopf und fühlte die Mütze an.
    «Sie ist noch naß», sagte er. «Du gibst’s ihm aber, Davy. Wie eine Maschine.»
    «Es ist leichter, als das Festhalten war», sagte David immer noch mit heiserer Stimme.
    «Klar», sagte Eddy. «Jetzt gibt er etwas nach. Er hätte dir ja sonst noch das Kreuz gebrochen.»
    Roger

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