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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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wichtig war. Duncan hatte ihnen eingeschärft, sie sollten sich jederzeit zum Aufbruch bereithalten, und Felicity überschlug sich förmlich in ihrem Eifer, dieser Weisung Folge zu leisten. Wäre es nach ihr gegangen, hätten sie sich längst auf hoher See befunden, vorzugsweise auf dem Weg nach Holland, doch solange die englische Kriegsflotte in der Carlisle Bay lag, konnte kein Schiff auslaufen. Felicity hoffte mit glühender Zuversicht, dass Duncan es irgendwie schaffte, dieses Hindernis aus dem Weg zu räumen. Mittlerweile hielt sie ihn aller Heldentaten für fähig. Das, was vormals in ihren Augen sein schurkisches Wesen ausgemacht hatte, hatte sich in tollkühne Tapferkeit und beispiellosen Wagemut verwandelt, kurzum – Felicity ließ nichts mehr auf ihn kommen.
    Reverend Martin beendete seine Trauergebete und warf eine Schaufel feuchter Erde in die Grube. Das dumpfe Hallen, mit dem die Brocken auf dem Sarg landeten, ließ Elizabeth erschauern. Rasch wandte sie sich ab und ging davon, Duncans Aufpasser wie zwei Schatten hinter sich.
    Derweil saßen Duncan Haynes, William Noringham sowie der Gouverneur und sein Neffe in der großen Achterkabine der Resolution, des Flaggschiffs der Parlamentsflotte, das vor der Machtergreifung Cromwells Prince Royal geheißen hatte. Duncan wurde nicht müde, sich umzusehen. Am liebsten hätte er vor der Besprechung noch einen ausgedehnten Rundgang über das prachtvolle, erst vor wenigen Jahren umgebaute und aufgerüstete Schiff unternommen. Mit drei Geschützdecks, mehr als siebzig Kanonen und einer Besatzung von mindestens fünfhundert Mann war die Resolution eine der größten Kriegsfregatten der Welt, möglicherweise sogar die größte nach der Sovereign of the Seas. Die mit kunstvollen Schnitzereien verzierten Aufbauten waren dabei weniger sein Fall als die hochmodernen Kanonen in allen Gewichtsklassen, das Beste, was die englischen Gießereien hergaben. Er merkte, dass Admiral Ayscue ihn mit leichtem Amüsement betrachtete. Das hier hättest du auch eines Tages haben können, wärest du nicht lieber Freibeuter geworden, schienen seine Augen zu sagen. Darüber hinaus drückte der Blick des Flottenkommandanten auch gehörigen Ärger aus. Er hatte der von Barbados entsandten Kommission einen frostigen Empfang bereitet, Jeremy Winston war sofort um eine Handbreit geschrumpft. Keine Frage, der verirrte Schuss, der das unmittelbar neben der Resolution ankernde Schiff getroffen und schwer beschädigt hatte, hatte die Lage nicht gerade verbessert.
    Acht Männer nahmen an der Besprechung teil: Neben Admiral Ayscue, seinem Stellvertreter und einem weiteren langjährigen Flottenkapitän – Duncan kannte sie alle aus seiner Zeit bei der Marine – saß noch ein Regierungsvertreter Cromwells mit am Tisch, den Duncan noch nie gesehen hatte, ein hagerer Mensch mit herabgezogenen Mundwinkeln, was ihm ein ständig beleidigtes Aussehen verlieh. Sein strenger Haarschnitt und das triste schwarze Wams wiesen ihn als rigiden Puritaner aus.
    Alle saßen sie um den großen Tisch in der Admiralskajüte und hatten Gläser mit Sherry vor sich stehen, doch niemand trank davon, außer Jeremy Winston, der sich damit von seinen Leibschmerzen ablenken wollte. Das misslang ihm nicht nur, sondern bewirkte das Gegenteil des Gewünschten, weshalb er nach kurzer Zeit aufsprang und sich entschuldigte, um die Latrine aufzusuchen.
    Das hinderte allerdings den Fortgang der Verhandlung nur unwesentlich, denn alle Eckpunkte lagen bereits auf dem Tisch, im wahrsten Sinne des Wortes: William Noringham hatte die vom Inselrat abgesegnete Version seiner Deklaration entrollt und verlesen sowie anschließend dem Admiral eine Abschrift überreicht. Der Parlamentsabgeordnete, der ihnen als Joseph Wilkes vorgestellt worden war, hatte Lord Ayscue das Papier umgehend aus der Hand genommen und kopfschüttelnd überflogen.
    » Aha. Eine Unabhängigkeitserklärung. Das Recht auf eine eigene, souveräne Regierungsverwaltung und vor allem das Recht, weiterhin mit den Holländern und anderen Nationen Handel zu treiben.« Joseph Wilkes zählte die beiden Kernpunkte gewissenhaft auf, sie mit knochigem Zeigerfinger kennzeichnend. Seine gesamte Haltung drückte Missbilligung aus.
    » Da steht nicht alles«, mischte sich Eugene Winston selbstbewusst ein. » Wir möchten auch den Gouverneur selbst bestimmen. Und Steuerfreiheit …«
    William Noringham erstarrte. Das war so nicht abgesprochen. Der Inselrat hatte sich nach zähem Ringen auf

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