Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord
massiven Haus parkte, drückte er seine Zigarette aus und stoppte die LightningHopkins-Kassette, die er gehört hatte. Er atmete die frische, kalte Luft ein, sah hinunter über Swainsdale und war beeindruckt, wie Relton und Maggie's Farm genau auf der gegenüberliegenden Seite des Tals beinahe ein Spiegelbild von Lyndgarth und Gristhorpes Haus darstellten. Wie Letzteres befand sich Maggie's Farm höher am Berghang als das nahe gelegene Dorf, ganz weit oben am Rande der Heidelandschaft, die sich kilometerweit über die Gipfel zwischen den einzelnen Tälern erstreckte.
Als er vor dem Bauernhaus den Hang hinunterschaute, konnte Banks westlich von Lyndgarth die graubraunen Ruinen der Devraulx-Abtei erkennen. In der Talsohle markierte Fortford die westliche Grenze der Flussauen. Dort, wo der Fluss Swain sich durch die Ebene schlängelte, und zwar bevor er mit einer scharfen Kurve südöstlich nach Eastvale weiterströmte und schließlich außerhalb Yorks in den Ouse mündete, war die breiteste Stelle des Tales.
Im Sommer waren die saftigen grünen Auenwiesen mit goldenen Butterblumen gesprenkelt. Am Flussufer im Schatten der Eschen und Weiden wuchsen Glockenblumen, Vergissmeinnicht und Bärlauch. Die Wiesen, Leas wurden sie im Volksmund genannt, waren beliebte Ausflugsziele für Familienpicknicks. Zudem stellten Künstler ihre Staffeleien dort auf, und an den Ufern verbrachten Angler müßige Nachmittage oder wateten in der Dämmerung ins seichte Wasser. Obwohl sich die Vorboten des Frühlings bereits in der Farbe des Grases zeigten und wie ein grüner Dunst über den Zweigen der Bäume hingen, schienen die Wiesen jetzt ein unheimlicher und trostloser Ort zu sein. Zwischen den Bäumen funkelte der sich dahinschlängelnde Fluss, der Wind jagte die Wolken von Westen herüber. Ihre Schatten flitzten mit einer solchen Geschwindigkeit über die steilen grünen Hänge, dass einem beim Zuschauen fast schwindelig wurde.
Gristhorpe öffnete die Tür, führte Banks ins Wohnzimmer, wo im Kamin ein Torffeuer brannte, und verschwand dann in der Küche. Banks zog seine mit Schaffell gefütterte Jacke aus und rieb vor dem Feuer seine Hände. Draußen vor dem Fenster stand ein Stapel Steine neben der unvollendeten Natursteinmauer, die der Superintendent in seiner Freizeit errichtete. Sie zäunte nichts ein und verlief ins Nirgendwo, doch Banks hatte mit Gristhorpe schon viele Stunden in kameradschaftlicher Stille damit zugebracht, weitere Steine aufzuschichten. Heute war es allerdings zu kalt für eine solche Beschäftigung im Freien.
Gristhorpe brachte auf einem Tablett Tee und Scones herbei und setzte sich in seinen Lieblingssessel, um den Tee einzuschenken. Nachdem sie ein wenig über die Mauer und das Wetter - sollte es noch einmal schneien? - gesprochen hatten, erzählte der Superintendent Banks die Neuigkeit: Die Untersuchung über die Demonstration war eingestellt worden.
»Ich wurde einfach abserviert, wie man so schön sagt«, meinte er. »Der stellvertretende Polizeipräsident möchte, dass jemand von außerhalb den Bericht beendet. Vielleicht jemand aus der Abteilung von Avon und Somerset.«
»Weil wir zu voreingenommen sind?«
»Ja, teilweise. Ich habe nichts anderes erwartet. Sie haben mich erst mal nur deshalb darauf angesetzt, damit es so aussieht, als würden wir schnell handeln.«
»Hast du was herausgefunden?«
»Es sieht so aus, als hätten ein paar von unseren Jungs überreagiert.«
Banks erzählte ihm, was er von Jenny sowie Tim und Abha erfahren hatte.
Gristhorpe nickte. »Dem stellvertretenden Polizeipräsidenten gefällt das nicht. Wenn du mich fragst, ich glaube nicht, dass es eine offizielle Untersuchung geben wird. Das wird so lange aufgeschoben, bis es kein Thema mehr ist. Er hofft, dass Superintendent Burgess schnell einen Mörder findet. Dann wäre jeder zufrieden, die restlichen Umstände werden die Leute schnell vergessen.«
»Was heißt das für dich?«
»Ich nehme ein paar Tage Urlaub, wie mir der Stellvertretende geraten hat. Sollte nichts anderes passieren, irgendwas, das nichts mit Gills Tod zu tun hat, dann bleibe ich, wo ich bin. Er hat natürlich Recht. Das ist Burgess' Fall und da müssen wir uns nicht gegenseitig auf den Füßen rumtrampeln. Aber wehe, du lässt das Arschloch mit seinen stinkigen Zigarren in mein Büro! Wie kommst du mit ihm klar?«
»Geht schon irgendwie. Er hat eine Menge Energie, und blöd ist er auch nicht.
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