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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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fescher Kerl. Sehr vernünftig. Erfahrener, als sein Alter vermuten ließ.« Wieder huschte ein kleines Lächeln über ihre strengen Züge. »Wenn ich nicht meinen William kennen gelernt hätte und diese Stringer nicht auf der Bildfläche erschienen wäre ... tja, wer weiß? Egal, sie bekam ihn in die Finger, und das war es dann.«
      Banks ließ das Schweigen wirken. Irgendwo hörte er eine Uhr ticken.
      »Wenn Sie mich entschuldigen, Chief Inspector«, sagte sie nach einer Weile. »Ich bin unglaublich erschöpft. All diese Erinnerungen.«
      Banks erhob sich. »Aber sicher. Es tut mir Leid, dass ich Ihre Zeit so lange in Anspruch genommen habe.«
      »Aber ganz und gar nicht. Es scheint, als wären Sie ganz umsonst so lange gefahren, jedenfalls fast.«
      Banks zuckte mit den Achseln. »Das gehört zum Beruf. Aber Sie sind mir eine große Hilfe gewesen.«
      »Wenn ich Ihnen sonst noch irgendwie helfen kann, zögern Sie bitte nicht, sich bei mir zu melden.«
      »Vielen Dank.« Banks sah auf die Uhr. Kurz vor eins. Zeit für ein kleines Häppchen, bevor er sich auf die lange Heimfahrt machte.
     
    ***
     
    Wir nahmen den Nachtzug vom Bahnhof Leeds, dessen Bahnsteig mit jungen Soldaten überfüllt war. Der Zug rasselte und keuchte mit nur einer Stunde Verspätung in den Bahnhof und wir wurden von der Menschenmenge wie Korken in einem schnell fließenden Fluss angerempelt und vorwärts gedrückt. Ich hatte Angst, dass wir zwischen die Waggons fallen und von den riesigen Eisenrädern überfahren werden würden, aber wir klammerten uns inmitten des Gedränges und Stampfens und zischenden Dampfes aneinander, als ob es um unser Leben ginge, und schließlich wurden wir mehr oder weniger auf Sitze in einem beengten Abteil geschoben, das bald noch viel voller werden sollte.
      Eine weitere Stunde verstrich, bevor die Lok aufstöhnte und sich zitternd in Bewegung setzte.
      Seitdem ich ein kleines Mädchen war, liebte ich Zugfahrten, liebte die leicht wiegende Bewegung, das hypnotische Rattern der Räder auf den Schienen und die Art und Weise, wie die Landschaft wie Bilder aus einem Traum vorbeizog.
      Aber nicht bei dieser Fahrt.
      Viele Züge waren inzwischen beschädigt, und die meisten Eisenbahnwerkstätten wurden zur Munitionsherstellung benutzt. Dementsprechend waren viele der noch verwendeten Lokomotiven eigentlich schrottreif, wenn nicht Krieg gewesen wäre. Sie bewegten sich ruckartig und gewannen nie genug Fahrt, um das rhythmische Rattern zu erzeugen.
      Man saß viel zu eng zusammengepfercht, als dass man hätte schlafen können. Ich jedenfalls konnte es nicht. Ich konnte nicht einmal lesen. Die Vorhänge waren zugezogen, das Abteil wurde lediglich von einer geisterhaften, blauen schmalen Lampe beleuchtet, die so schwach war, dass man kaum das Gesicht des Mitreisenden gegenüber erkennen konnte. Es gab nicht einmal einen Speisewagen.
      Eine Zeit lang unterhielten wir uns mit zwei jungen Soldaten, die uns eine Woodbine nach der anderen anboten. Ich glaube, damals fing ich an zu rauchen, aus purer Langeweile. Auch als mir nach den ersten Zügen schlecht und schwindelig wurde, rauchte ich beharrlich weiter. Besser als Nichtstun.
      Als Gloria den Soldaten von Matthew erzählte, nahmen sie Anteil und wünschten uns alles Gute. Dann wurde es langsam leise, jeder verlor sich in seinen Gedanken. Für mich bedeutete es, die Zähne zusammenzubeißen und die lange Reise, die ständigen unerklärten Verspätungen, das ruckelnde Abbremsen und Anfahren durchzustehen.
      Nach einer Weile schlief Gloria ein. Langsam rutschte ihr Kopf zur Seite, bis ihre Wange auf meiner Schulter ruhte, so dass ich ihren warmen Atem am Hals spüren konnte. Mir gelang es immer noch nicht zu schlafen. Ich war allein mit meinen düsteren Gedanken und dem rasselnden Schnarchen der Soldaten. Irgendwann hielten wir fast zwei Stunden lang einfach an. Ohne jede Erklärung.
      Wegen der doppelten Sommerzeit wurde es später hell als sonst, aber dennoch waren wir kaum sechs oder sieben Stunden unterwegs, als wir die Vorhänge wieder öffnen konnten und die gedämpften frühmorgendlichen Sonnenstrahlen auf den Feldern sahen. Hin und wieder hatten die Menschen seltsame Gegenstände wie alte Wäschemangeln oder kaputte Autos als Hindernisse auf leere Wiesen gestellt, damit dort keine feindlichen Flugzeuge landen konnten.
      Auf einem Feld waren Wegweiser in den Boden gerammt, die in die unterschiedlichsten Richtungen

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