Inspector Alan Banks 16 Im Sommer des Todes
versetzt worden war. Dort arbeitete er mit Hilfspolizisten und Spezialisten zusammen und bekämpfte das unsoziale Verhalten, das im ganzen Land immer stärker um sich griff, besonders samstagabends in Eastvale. Gavin war noch nicht ersetzt worden, und seit er fort war, übernahm einer der uniformierten Kollegen seine Aufgaben, wohl kaum die ideale Lösung, aber das Beste, was ihnen zurzeit übrig blieb.
Banks wollte, dass Winsome Jackman und Kev Templeton das taten, was ihnen am meisten lag - Informationen sammeln und Spuren weiterverfolgen -, denn in diesen Dingen war Detective Sergeant Hatchley schon immer etwas langsam und behäbig gewesen. Sein körperliches Erscheinungsbild war hilfreich, um ab und an einen Verdächtigen einzuschüchtern, aber mittlerweile hatten sich die Muskeln des ehemaligen Rugby-Spielers größtenteils in Fett verwandelt. Außerdem durfte die Polizei die Ganoven nicht mehr bedrohen. Die Stärkung der Rechte von Angeklagten hatte dem ein Ende gemacht, zumindest gewann man diesen Eindruck. Besonders seit ein Einbrecher im letzten Sommer vom Dach des Lagerhauses gefallen war, in das er zuvor eingestiegen war, und anschließend den Besitzer auf Schadensersatz verklagt und gewonnen hatte.
»Ich versuche, bei der Zentralen Kfz-Stelle in Swansea etwas rauszukriegen«, erklärte Winsome, »aber heute ist Samstag. Da arbeiten sie nicht, und ich kann meinen Kontakt nicht erreichen.«
»Versuchen Sie es weiter!«, sagte Superintendent Gervaise. »Gibt es sonst noch etwas?«
Winsome blätterte in ihren Notizen. »DS Templeton und ich haben die Leute im Cross Keys befragt und deren Aussagen aufgenommen. Da gibt es nichts Neues. Als der Strom wieder da war, haben wir schnell alle Jacken auf Blutspuren abgesucht. Fehlanzeige.«
»Was halten Sie davon?«, wollte Gervaise von Banks wissen.
»Ich habe noch nicht genug Fakten, um mir eine Meinung zu bilden«, sagte Banks.
Superintendent Gervaise verzog den Mund, als hätte sie gerade in eine besonders saure Gurke gebissen. Die Ironie war ihr also nicht entgangen. Banks sah, wie Annie den Kopf abwandte; sie grinste vor sich hin, biss sich auf die Lippen und schüttelte langsam den Kopf.
»Ich habe gehört, Sie haben gestern Abend in einem frühen Stadium der Ermittlung ein Lokal mit Schanklizenz aufgesucht«, bemerkte Gervaise.
»Das stimmt.« Banks fragte sich, wer ihr das erzählt haben mochte.
»Ich gehe davon aus, dass Sie die Vorschriften bezüglich Trinken im Dienst kennen?«
»Bei allem Respekt«, sagte Banks, »ich bin nicht dort hingegangen, um etwas zu trinken. Ich war dort, um mögliche Zeugen zu befragen.«
»Haben Sie denn etwas getrunken?«
»Wo ich schon mal da war, ja. Ich habe festgestellt, dass die Leute sich dann besser entspannen. Sie sehen einen dann eher als ihresgleichen an, nicht als Feind.«
»Richtig beobachtet«, sagte Gervaise trocken. »Und, haben Sie kooperative Zeugen angetroffen?«
»Anscheinend wusste niemand besonders viel über das Opfer«, antwortete Banks. »Der Mann hatte ein Cottage gemietet, er war nicht von dort.«
»Urlaub um diese Jahreszeit?«
»Das kommt mir auch sonderbar vor.«
»Finden Sie heraus, was er dort gemacht hat. Das führt uns vielleicht zum Kern der Sache.«
Superintendent Gervaise war also eine, die gerne ohnehin selbstverständliche Anweisungen erteilte, dachte Banks. Er hatte schon Vorgesetzte dieser Art gehabt: Sie sprachen aus, was auf der Hand lag und was das Team ohne ausdrücklichen Befehl sowieso machen würde, und anschließend heimsten sie die Anerkennung für die Ergebnisse ein. »Natürlich«, sagte er. »Wir arbeiten daran. Die eine Kellnerin weiß vielleicht mehr, als sie zugibt.«
»Warum glauben Sie das?«
»Ihr Verhalten, Körpersprache.«
»In Ordnung. Befragen Sie sie. Holen Sie sie hierher, wenn's sein muss.«
An Gervaise' kurz angebundenem Tonfall und ihrer Geste, sich mit der Hand an die kurzen, stufig geschnittenen Locken zu fassen, merkte Banks, dass ihr die Besprechung langweilig wurde und sie es eilig hatte wegzukommen. Wahrscheinlich um ein Memo über den Genuss von Alkohol im Dienst oder über die zehn offensichtlichsten Vorgehensweisen bei einer Mordermittlung zu verfassen.
»Wenn das im Augenblick alles ist, meine Damen und Herren«, sagte sie und stopfte ihre Unterlagen in die Aktentasche, »dann schlage ich vor, dass wir uns wieder an die Arbeit
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