Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
Vorsicht war besser als Nachsicht. Immer noch mit einem Gefühl tiefer Besorgnis befahl Banks den Beamten, das gesamte Labyrinth abzuriegeln, sämtliche Zugänge.
»Aber, Sir«, widersprach einer der Constables. »Hinten sind vier Reihenhäuser. Da wohnen Leute.«
»Um die kümmern wir uns später«, sagte Banks. »Die müssen ohnehin so schnell wie möglich befragt werden. Im Moment möchte ich, dass der gesamte Bereich abgeriegelt ist. Niemand kommt rein oder raus, ohne dass ich es erfahre. Verstanden?«
»Ja, Sir.« Der Constable eilte davon.
Banks klopfte an die Tür vom Fountain.
»Er ist nach Hause gegangen, Sir«, sagte Winsome, die aus Taylor's Yard kam und unter dem Absperrband hindurchschlüpfte. »Der Laden ist verrammelt.«
Banks murrte. »Wenn die anderen das mal auch täten.« Er bemerkte ein wiederholtes Blitzen - wohl die Presse -, und ein oder zwei Personen hielten ihre Handys hoch und machten Fotos oder filmten sogar den Tatort, so wie es auch bei Rockkonzerten üblich war. Es war ein grotesker Trend, der aber manchmal sein Gutes hatte; hin und wieder nahm ein Unbeteiligter etwas auf, was allen Überwachungskameras und Polizeifotografen entgangen war, einen Verdächtigen in der Menge zum Beispiel. Das konnte die Auflösung von Fällen enorm beschleunigen.
»Was ist hier überhaupt los?«, fragte Banks. »Ich habe kein Wort davon verstanden, was Sie am Telefon gesagt haben. Wer ist das Opfer? Ist sie tot?«
»Nein, Sir«, entgegnete Winsome. »Dieses Mädchen hat überlebt. Falls sie denn das Opfer war. Aber es gibt einen Toten. Ich habe noch keinen Blick auf die Leiche geworfen. Es ist dunkel, und ich wollte vor Ihrem Eintreffen nichts anrühren. Wir warten auf die Spurensicherung, aber Dr. Burns ist gerade gekommen.«
»Gut. Der ist mehr als ausreichend. Fertig?«
»Fertiger geht's nicht«, sagte Winsome.
Banks folgte ihr unter dem Flatterband hindurch ins Labyrinth hinein, tiefer als in der letzten Woche, vorbei am Ende von Taylor's Yard, um Ecken, über kleine kopfsteingepflasterte Plätze, durch so enge Gassen, dass sie fast seitlich gehen mussten. Die ganze Zeit sah Banks Lichtkegel im Dunkeln schwenken und hörte in der Ferne das Krächzen des Polizeifunks. Es war ein wahres Labyrinth, Banks bedauerte fast, keinen Bindfaden mitgenommen zu haben. Er konnte sich erinnern, dasselbe über Annies Cottage in Harkside gesagt zu haben, als er das erste Mal bei ihr zum Essen eingeladen gewesen war - und sie sich das erste Mal geliebt hatten: Es liege versteckt in der Mitte eines Labyrinths, aus dem er niemals allein den Weg nach draußen finden würde. Zumindest war es eine gute Ausrede gewesen, um die Nacht bei Annie zu verbringen.
In den Gassen gab es nur wenig Licht, so dass die beiden manchmal kaum sahen, wohin sie gingen. Doch Banks vertraute Winsome. Sie schien sich auch ohne Bindfaden zurechtzufinden.
»Wo ist Kev Templeton?«, fragte er von hinten.
»Weiß nicht, Sir. Konnte ihn nicht erreichen. Vielleicht ist er irgendwo unterwegs in einem Club oder so.«
Sie kamen zu einem Gässchen, das zu einem Platz führte, und Banks sah Lichter am Ende, hörte Stimmen und Funkgeräte. Als sie näher kamen, sah er, dass man schon Bogenlampen aufgestellt hatte, die den Platz taghell erleuchteten. Alle waren blass um die Nasenspitze. Banks erkannte Jim Hatchley und Doug Wilson, die an einer Mauer lehnten. Zwei uniformierte Kollegen machten Notizen. Peter Darby schoss Fotos und filmte den Tatort. Alle schauten zu Banks hinüber, als er auf den Platz kam, dann wandten sie sich nervös ab und verfielen in Schweigen. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals. Irgendwas stimmte hier nicht. Er musste auf der Hut sein.
Dr. Burns beugte sich über die Leiche, die mit dem Gesicht zum Boden lag. Eine große Blutlache erstreckte sich vom Kopf bis zur Mauer. Dr. Burns, fast so blass und erschüttert wie die Übrigen, stand auf, um Banks und Winsome zu begrüßen. »Ich möchte nichts anfassen und die Leiche nicht bewegen, solange die Spurensicherung nicht hier ist«, sagte er. Selbst Banks sah von der Stelle, wo er stand, dass es sich nicht um eine tote Frau handelte.
»Können wir jetzt mal schauen?«, fragte er.
»Natürlich«, sagte Dr. Burns. »Seien Sie bloß vorsichtig.«
Banks und Winsome knieten sich hin. Die Steine waren hart und kalt. Banks nahm die Taschenlampe, die ihm ein Uniformierter hinhielt und richtete sie, so gut
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