Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger
Kilo abspecken. Woran er nun allen Ernstes arbeitete. Doch es gab wirklich leichtere Übungen. An diesem Morgen zum Beispiel knabberte er tapfer an einer Scheibe Toast, nachdem er sein gekochtes Ei in zwei Bissen erledigt hatte.
Joyce, die gerade die Wärmekanne verschloß, hielt derweil nach dem Postboten Ausschau. Sie hoffte auf eine Karte oder einen Brief aus Polen, wo Viel Lärm um Nichts zwei Wochen auf dem Spielplan stand. Cully allerdings war, gelinde gesagt, schreibfaul. Deshalb erschien es wahrscheinlicher, daß Nicholas den Kontakt zu den Schwiegereltern aufrechthielt. Joyce sorgte sich um beide. Obwohl vernünftigerweise kaum anzunehmen war, daß die Kulturbehörde eine englische Theatergruppe in ihr Verderben schickte. Für Joyce blieb Osteuropa dennoch ein unsicheres Pflaster.
Ein wütender Aufschrei riß sie aus ihren Gedanken. Sie drehte sich um und sah, wie ihr Mann den kleinen Kater am Nackenfell packte und in die Luft hob.
»Was zum Teufel fällt dir ein!« Joyce rannte durchs Zimmer. »Gib ihn mir gefälligst. Und zwar sofort! Tom!« Kilmowski wechselte die Personen. »Wie kannst du nur so gemein sein!«
»Er ist gerade durch meine Marmelade gewatet.«
»Er ist doch noch so klein. Was erwartest du von ihm?« Joyce küßte das samtige Schnäuzchen. »Nicht wahr?« Der Kater blinzelte sie an. »Armer kleiner Schnuck.«
Sie setzte Kilmowski sanft auf dem Teppich ab, worauf dieser nichts besseres zu tun wußte, als mit den Vorderpfoten nach der Ecke der Tischdecke zu angeln, um erneut auf den Tisch zu klettern.
»Sieh dir das an!«
»Laß ihn bloß in Ruhe. Möchtest du frischen Kaffee?«
»Nein danke.« Barnaby warf einen Blick auf die Uhr. Es war fast halb zehn. »Muß gehen.« Als er seinen Mantel anzog, klingelte das Telefon. »Hebst du ab, Liebling? Sag, ich bin schon unterwegs.«
»Könnte doch auch mal ausnahmsweise für mich sein.« Joyce klang eingeschnappt. »Ich habe viele Freunde. Soll schon vorgekommen sein, daß mich einer anruft.«
»Ja, klar.« Barnaby kam in seinen dicken Wintermantel gehüllt ins Zimmer zurück und zog die Handschuhe an. Er küßte Joyce auf die kühle Wange. »Bin so gegen sechs wieder da.«
Als er sich zum Gehen wandte, warf Barnaby noch einen mißbilligenden Blick auf Kilmowski, der würdevoll und elegant hingestreckt mitten auf seinem Frühstückstablett lag. Während der Kater Barnabys Blick standhielt, entfuhr ihm ein kleiner Pups!
Der Tag begann unerfreulich. Nach nächtlichem Regen waren die Temperaturen unter den Gefrierpunkt gesunken und hatten die Straßen in Eisbahnen verwandelt. Barnaby lenkte seine blaue Limousine langsam und vorsichtig über die Landstraßen. Er brauchte für die Strecke doppelt so lange wie sonst. Als er dann den Wagen im Fußgängertempo durch die Einfahrt zum Parkplatz des Präsidiums navigierte, wurde er beinahe von einem Mannschaftswagen des Einsatzkommandos gerammt, der mit Karacho vom Parkplatz raste und um die nächste Ecke bog.
Drinnen hob die Polizeibeamtin am Empfangstisch den Kopf. »Morgen, Sir. Wir haben schon versucht, Sie zu Hause zu erreichen. Gibt Arbeit.«
Barnaby hob nur lässig die Hand und steuerte umgehend sein Büro an. Im überdachten Übergang, der vom Präsidium zum Hauptquartier der Kripo führte, kam ihm sein Wasserträger entgegen. Gavin Troy trug einen langen Ledermantel mit Gürtel, dessen Saum bei jedem Schritt geräuschvoll gegen seine Stiefel klatschte. Troy hatte sein kupferrotes Haar unter einer dunklen Mütze verborgen. Außerdem glänzte auf seiner Nase die Brille mit Stahlfassung, die er stets zum Autofahren aufsetzte. Alles in allem sah er aus wie jemand von einer Sturmtruppe.
Da Barnaby wußte, wie seinem Untergebenen ein derartiger Vergleich schmeicheln würde, verkniff er sich eine entsprechende Bemerkung. Außerdem verbreitete Troy an diesem Morgen schon von weitem schlechte Laune.
»Morgen, Sergeant.«
»Hallo, Chef! Mord steht auf dem Stundenplan.« Troy machte auf dem Absatz kehrt und ging im Gleichschritt neben seinem Boß her. »Liegt alles auf Ihrem Schreibtisch.«
»Na, das ist ja mal was ganz Neues.«
»Tatort: Midsomer Worthy Viel mehr wissen wir noch nicht. Die Frau, die die Leiche gefunden hat, eine Mrs. Bundy, war vollkommen hysterisch. War wohl nichts Vernünftiges aus ihr rauszubekommen.« Troy eilte voran, um Barnaby die Bürotür aufzuhalten. »Das Einsatzkommando ist gerade
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