Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger
raus.«
»War nicht zu übersehen. Hätten mich beinahe über den Haufen gefahren.«
»Doc Bullard ist bereits vor Ort.«
»Schon?«
»Er wohnt im Nachbardorf. Charlecote Lucy«
»Richtig.« Barnaby setzte sich hinter seinen Schreibtisch und griff nach dem Polizeibericht.
»Opfer männlich«, begann Troy »Lag im Bett...«
»Danke, das reicht. Ich kann selbst lesen.«
Troy zuckte mit den Schultern. Er wartete; ungeduldig zwar, aber er gab sich keine Blöße, während Barnaby am Schreibtisch schaltete und waltete. Mit zwei langen Telefonaten delegierte und organisierte er die bevorstehende Arbeit.
Barnaby hatte Mantel und Schal erst gar nicht abgelegt. Die Behaglichkeit, die sich dadurch in seinem Büro kurzfristig einstellte, täuschte. Draußen traf ihn der eisige Wind um so erbarmungsloser. Seine Lungenflügel verkrampften sich. Seine Lippen, kalt und trocken, klebten fast zusammen.
Im Wagen zog Troy seine schwarzen Autohandschuhe an, drehte die Heizung maximal auf und steuerte den Funkwagen durch die Causton High Street. Er war ein außergewöhnlich guter Fahrer, neigte jedoch leicht zur Selbstüberschätzung und spektakulären Fahrmanövern. Zwar ging er im Dienst keine unnötigen Risiken ein, aber Barnaby machte sich gelegentlich Gedanken über das außerdienstliche Verkehrsverhalten seines Sergeants. Im Augenblick jedoch lenkte dieser den Wagen in seinem Ruf durchaus zuträglicher Weise über die A 4007. Von seiner Übellaunigkeit zeugte nur noch ein beleidigter Zug um den Mund.
»Was ist eigentlich heute morgen mit Ihnen los?«
»Mit mir ist alles in Ordnung, Sir.«
Das Problem bestand in Troys Cousin Colin - dem Sohn der Schwester seiner Mutter. Colin war Troy schon seit Jahren ein Dorn im Auge. Er bestand Examen mit Leichtigkeit, die Troy Blut, Schweiß und Tränen kosteten. Der sarkastische Colin mit der spitzen Zunge hatte zudem stets nur Spott für das übrig, was Cousin Troy heilig war. Jedenfalls schien er Troy für eine Art Witzfigur zu halten, was diesen begreiflicherweise kaum erheitern konnte. Am Vorabend war er aus demselben Grund wie Troy bei seiner Tante Betty erschienen: nämlich, um ein Geburtstagsgeschenk abzuliefern. Wieder einmal hatte der arbeitslose Akademiker sich auf Troys Kosten über die Polizei lustig gemacht und ihm nachhaltig die Laune versalzen. Troys Hände packten bei der Erinnerung daran das Lenkrad so fest, daß die Nähte seiner Lederhandschuhe zu platzen drohten.
Barnaby verfolgte den Grund für Troys schlechte Laune nicht weiter. Gavin, von Natur aus unsicher, wollte gern bewundert werden. Ein Bedürfnis, das angesichts des gegenwärtigen Stellenwertes der Polizei in der Öffentlichkeit kaum Gefahr lief, befriedigt zu werden.
Ein heftig knurrender Magen lenkte den Chefinspektor endgültig von den Problemen anderer ab. Er hatte das Gefühl, als rotierten die solitäre Scheibe Frühstückstoast und das kleine gekochte Ei wie in einem Tümmler durch die sphärische Leere seines Magens.
»Dort drüben, Chef.«
Troy fuhr um eine Grünanlage herum. Hier war Sand gestreut worden. Barnaby entdeckte einen Panda, den Mannschaftswagen des Einsatzkommandos und George Bullards blauen Viva, die gemeinsam die Einfahrt zu einem stilvollen Cottage verbarrikadierten. Troy hielt einige Meter dahinter am Straßenrand an.
Draußen herrschte dörfliche Stille. Von den Enten, die über ihren gefrorenen Teich schlitterten, kam gereiztes Quaken, und irgendwo sangen Vögel. Troy begriff nicht, was sie an einem solchen Tag überhaupt zum Singen veranlaßte. Er verinnerlichte den Anblick der halbmondförmig angeordneten teuren, exzellent gepflegten Bausubstanz entlang der Grünanlage. Nur die deutlich sichtbaren Alarmanlagen verschandelten das Weihnachtspostkartenidyll. Auf dem Weg zu >Plover's Rest< hallten die Schritte der beiden Männer im harten Stakkato auf dem Straßenbelag wider.
Am Gartentor versuchte ein Polizeibeamter in Uniform die Menge der Schaulustigen zur Heimkehr zu bewegen.
Der erste Kriminalbeamte empfing Barnaby und Troy an der Haustür. »Erster Stock links, Sir.«
Eine unnötige Information, denn Barnaby war der Geruch von geronnenem Blut bereits in die Nase gestiegen. Und der wurde in Richtung Treppe immer intensiver. Barnabys in letzter Zeit kaum verwöhnter Magen revoltierte.
Das kleine Schlafzimmer war voller Menschen. Den Neuankömmlingen bot sich die gewohnte
Weitere Kostenlose Bücher