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Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Titel: Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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betrachtete nachdenklich das T-Shirt, das man in der Küche des Grimble’schen Bungalows gefunden hatte. Eine ausführliche Laboruntersuchung war bereits abgeschlossen.
    Auf einem weißen Stoff war ein schwarzer Skorpion aufgedruckt, der vom Kopf bis zum drohend gereckten, gespaltenen Stachelschwanz zwanzig Zentimeter maß. Unter dem Schwanz stand in Großbuchstaben der Name »SAM«. Die ursprünglich in Rot gedruckten Buchstaben waren inzwischen zu einem matten Rosa verblasst. Das einzige Etikett im T-Shirt war ein winziges quadratisches Stück Baumwolle mit dem Buchstaben »M« für Medium.
    Als man ihm Grimble ankündigte, ließ er das Hemd auf dem Schreibtisch liegen. Burden hätte seine Wette gewonnen, wenn Wexford auf die Herausforderung mit mehr als nur einem Lächeln reagiert hätte, denn Grimble hatte tatsächlich seine Frau mitgebracht. Sie kam ohne ihr Strickzeug. Nach dem Motto »Müßiggang ist aller Laster Anfang« wanderten ihre Hände ziellos in ihrem Schoß herum, rieben über Wexfords Schreibtisch, und gelegentlich kratzte sie sich sogar an verschiedenen Körperstellen.
    Völlig verblüfft und zusehends angewidert hörte sich Grimble an, was Burden über die Entdeckung im Haus seines verstorbenen Vaters zu berichten hatte. Seiner Frau klappte das Kinn herunter, und sie schlug eine ihrer rastlosen Hände über den Mund, als hätte sie selbst den Fauxpas begangen, eine solche Geschichte zu erzählen, und nicht Wexford.
    »Was ist denn das?« Grimble deutete anklagend auf das T-Shirt. »Was macht denn das hier?«
    »Das lag im Haus Ihres verstorbenen Vaters. In der Küche. Gehört es Ihnen?«, lautete Wexfords kühle Antwort.
    »Nein, natürlich nicht.« Wexford hatte Grimble noch nie so wütend erlebt. »Würde ich so was tragen?« Er wies mit dem Daumen auf seine Frau. »Und ihr gehört es auch nicht. Ich habe Ihnen doch schon x-mal erklärt, dass ich auf dieses Grundstück keinen Fuß mehr gesetzt habe, nachdem die mir meine Baugenehmigung nicht erteilt haben.«
    »Na, John«, sagte seine Frau, »ganz ruhig.«
    Grimble holte tief Luft, machte kurz die Augen zu und seufzte. Entgegen jeder Erwartung hatte ihm offensichtlich irgendjemand – vermutlich Kathleen Grimble – eine Methode beigebracht, wie er seiner Wut Herr werden konnte. Allmählich wich die dunkelrote Farbe aus seinem Gesicht, und er fing an, langsam den Kopf zu schütteln.
    »Ich kapier das nicht«, sagte er. »Wieso ist die Tür zu gewesen?«
    »Welche Tür sollte das sein, Mr. Grimble?«
    »Die Kellertür. Er behauptet, er hätte sie geschlossen vorgefunden. Diese Tür war nie zu. Mein alter Papa hat sie die ganzen Jahre, die er dort gewohnt hat, offen gelassen. Ich habe als kleiner Junge dort gelebt, ich bin dort aufgewachsen. Stimmt doch, Kath. Und ich hab nie gesehen, dass diese Tür zu war. Hab nicht mal gewusst, dass sie zugeht.«
    Vielleicht dachte Kathleen Grimble, sie müsse irgendwie reagieren, und meinte: »Es gab keinen Anlass, diese Tür zu schließen.«
    Grimble nickte. »Schätzungsweise haben sich die Leute, die unbedingt dort unten herumschnüffeln mussten« – ein böser Seitenblick auf Burden –, »geirrt. Diese Tür war nie zu.«
    Burden hatte keine Lust, sich auf eine unwürdige Auseinandersetzung einzulassen, und merkte doch, wie er unfreiwillig genau darauf zusteuerte. »Die Tür war zu«, sagte er möglichst knapp und spitz. »Das werden Sie akzeptieren müssen. Ich habe sie in geschlossenem Zustand vorgefunden und eigenhändig geöffnet. Dazu bedurfte es einiger Anstrengung.«
    »Ich kann nur eines sagen: Früher war sie nie zu.« Wie viele Leute, die diesen Satz von sich geben, war auch hier das genaue Gegenteil der Fall. Doch als Grimble eine nach Wochen und Monaten geordnete, detailgetreue Litanei seiner Kellerbesuche vom Stapel ließ, fiel ihm Wexford energisch ins Wort:
    »Danke, das genügt. Erzählen Sie mir mal etwas über den Untermieter Ihres Vaters. War das nicht ein gewisser Mr. Chapman?«
    Grimble zog eine empörte Schnute. Chapman – da brachte es doch tatsächlich jemand fertig, den Namen dieses Mannes zu verwechseln. »Chadwick, Chadwick. Wer hat Ihnen gesagt, dass er Chapman heißt? So ein Unsinn! Chadwick, so hieß er.«
    »Selbstverständlich hieß er so.« Kathleen rubbelte die Fingerspitzen gegeneinander, als wollte sie Brot zerkrümeln. »Niemals Chapman. Woher haben Sie das?«
    Statt einer Antwort fragte Wexford: »Hieß er mit Vornamen Sam?«
    Allein dieses unschuldige

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